Tierärztliche Hochschule

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Die Tierärztliche Hochschule Dresden wurde 1889 gegründet und 1923 der Universität Leipzig angegliedert. Mit Vorläufern reichte ihre Tradition bis in das Jahr 1771. Damit gehörte sie zu den ersten Schulen ihrer Art in Europa.[1] Seit 1890 befand sich ihr Hauptgebäude in der Zirkusstraße.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Geschichte

[Bearbeiten] Vorgeschichte

[Bearbeiten] 1761: Erste Tierarzneischule in Frankreich

Seit Mitte des 18. Jahrhunderts war Paris der Mittelpunkt der intellektuellen Diskussionen in Europa, und die Gedanken der Aufklärung breiteten sich immer weiter aus, auch in den Naturwissenschaften, der Medizin und der Tiermedizin. Andererseits kam es durch die Herausbildung neuer Betriebsstrukturen in der Landwirtschaft zu vermehrten Tierseuchen im Land. Deshalb wurden in Frankreich in den 1760er Jahren die weltweit ersten „Tierarzneischulen“ durch den Autor von Fachbüchern zur Hippologie Claude Bourgelat eröffnet: durch Erlass vom 4. August 1761 die veterinärmedizinische Schule in Lyon (1762 erste Ausbildung, ab 1764 „École royale vétérinaire de Lyon“) und 1765 in Paris die „École vétérinaire“, die im Herbst 1766 auf das von Claude Bourgelat gekaufte vor den Toren von Paris gelegene Landgut von Alfort zog.

[Bearbeiten] 30. November 1765: Forderung der Landes-Oeconomie-, Manufactur- und Commerzien-Deputation

In derselben Zeit wurde auch in Sachsen die Notwendigkeit einer tierärztlichen Versorgung gesehen, konnte aber durch den drohenden finanziellen und wirtschaftlichen Zusammenbruch durch den Siebenjährigen Krieg (1756 bis 1763) und dem Finanzunwesen des Grafen Heinrich von Brühl († 28. Oktober 1763) zunächst nicht darauf reagieren. Aber schon mit dem Regierungsantritt von Kurfürst Friedrich Christian am 5. Oktober 1763 erfolgte eine grundlegende Staatsreform. In der hiermit verbundenen Agrarreform ging es um eine Verbesserung der Produktionsmethoden auch in der Viehwirtschaft. 1764 wurde zur Beförderung des unbedingt notwendigen Reformwerks die Leipziger Ökonomische Sozietät begründet. Lehrer und Pfarrer wurden angehalten, neue Erkenntnisse an die Bauern weiterzuleiten. Es kam in dieser Zeit auch zur Einbürgerung des leistungsstarken Merinoschafs in Sachsen (1763), wozu 300 Tiere aus Spanien geholt wurden.

Die in ihren Anfängen auf das Jahr 1735 zurückgehende „Landes-Oeconomie-, Manufactur- und Commerzien-Deputation“ erhielt jetzt größeren Einfluss und wies in ihrem Bericht vom 30. November 1765 auf die Notwendigkeit von Tierarzneischulen für die Bekämpfung von Viehseuchen und forderte in diesem Zusammenhang erstmals für das Kurfürstentum Sachsen die Einrichtung einer tierärztlichen Lehranstalt.

[Bearbeiten] 17. Juli 1766: Forderung im Landtag

Dieses Thema wurde daraufhin 1766 vom Sächsischen Landtag aufgegriffen.

So wird in der „Schrift“ vom 17. Juli 1766 nachdrücklich auf das Wüten der „Hornviehseuche in hiesigen Landen“ und in der „Schrift“ vom 5. Sept. 1766 die „Beförderung eines gründlichen Unterrichtes in der dem Landwirth und gesamten Nahrungsstand hochangelegenen Vieharznei-Wissenschaft“ gefordert.[2]

[Bearbeiten] August 1766: Idee zu einer Academiae veterinariae

Der Dekan der Medizinischen Fakultät und mehrfache Rektor[3] der Universität Wittenberg, Prof. Georg August Langguth (* 7. Juni 1711 in Leipzig; † 11. März 1782 in Wittenberg) nahm als Abgeordneter der Universität Wittenberg an den Ständeversammlungen teil. Nach der Versammlung am 17. Juli 1766 entwickelte im August 1766 seine "Vorläufigen Gedanken von der Errichtung einer Academiae veterinariae".[4]

Auch der Dekan der medizinischen Fakultät der Universität Leipzig wurde beteiligt. Es entstand ein sehr groß angelegter Entwurf. An beiden Universitäten sollte jeweils ein „Professori oder Doctor medicinae“ sich auf die „artem veterinariam“ applizieren und darin Unterricht geben. Die geplante Zusammensetzung der Academiae veterinariae aus „einem Directore, den zwey Professoribus huis artis auf den beyden Universitäten Leipzig und Wittenberg und den sämtlichen Land-Amt und Stadt-Physicis“ sowie die eingeforderte Verbindung des Direktors mit dem „Collegio sanitatis“ beweist den großangelegten Gedanken, neben der notwendigen Bekämpfung der Viehseuchen sich auch gleichzeitige um die Gesundheit der Stadt- und Landbevölkerung zu kümmern. Es wurde ein Primat der Wissenschaft in diesen Bereichen eingefordert, ein aufklärerischer Gedanke, der zu diesem frühen Zeitpunkt in Sachsen noch keinen fruchtbaren Boden fand.

[Bearbeiten] 1767: Bemühungen des Oberstallamtes Dresden

Außer vielen Reden, Schriften und Vorschlägen hatten die Jahre 1765 und 1766 nichts erbracht. Die Probleme blieben, so auch im Kurfürstlichen Marstall. Die vielen dort eingepferchten kurfürstlichen Pferde hatten schwer unter der Druse und weiteren Pferdekrankheiten wie die „Pest gleiche kranckheit“, die „hessliche seuche“, die „stegh drüssen“, den Koller, die Dämpfigkeit und an Parasiten zu leiden. Die sehr ansteckende Druse befällt die oberen Luftwege beim Pferd. Verursacht wird die Druse durch das Bakterium Streptococcus equi ssp. equi. Die Erkrankung ist ohne ausreichende Behandlung nicht selten tödlich, allerdings verfügten die damals am Marstall angestellten Roßärzte über keine besondere Ausbildung. Oberstallmeister Graf Heinrich Gottlob von Lindenau erkannte die unbedingte Notwendigkeit, die Ausbildung der Roßärzte auf eine wissenschaftliche Grundlage zu stellen. Er mußte einen fähigen Ober-Roßarzt für die Churfürstlichen Ställe gewinnen, der dann auch befähigt war, in der Roßarzneikunde zu unterrichten und Roßkuren zu lehren.

Der Oberstallmeister Graf Heinrich Gottlob von Lindenau unterbreitete deshalb den Vorschlag, den Compagniechirurgus Christoph Friedrich Weber nach Lyon zum Studium der Vieh-Arznei-Wissenschaft zu schicken. Nach einem erfolgreichen Abschluß sollte dieser dann die Stelle und das Gehalt eines Oberroßarztes beim Churfürstlichen Stall erhalten.[5] Die „Landes-Oekonomie-, Manufactur- und Commerzien-Deputation“ unterstützte einerseits den praktischen Vorschlag des Dresdner Oberstallmeisters, ersuchte andererseits aber auch die Landesregierung in einem Vortrag vom 19. Dezember 1767 „dass man dieser Person ... eine Instruction mitgäbe, neben ihrem Hauptobjekte daselbst zugleich auch die Arzneikunst des Horn-Viehes zu erlernen und die über letztere angestellten Vorlesungen mit anzuhören“.[6] Die Interessen gingen offenbar schon im Vorfeld der Entsendung auseinander.

[Bearbeiten] 1768: Universitärer Lehrauftrag für Tierheilkunde

Im Nachgang der Diskussion von 1766 erhielt Professor Langguth im Jahre 1768 an der Universität Wittenberg einen Lehrauftrag für Tierheilkunde. Seine „Vorläufigen Gedanken“ wurden allerdings ausdrücklich nicht umgesetzt.[7] An der Universität Leipzig wurden vom Universitätsstallmeister Johann Friedrich Rosenzweig (* 1716 (1718) in Straßburg; † 28. Juni 1794 in Leipzig) schon ab etwa 1766/67 Vorlesungen zur Roßarzneikunde gehalten. Neben der Pferdehaltung und dem Reitunterricht widmete er sich Aspekten der Behandlung von Krankheiten sowie der Rosstäuscherei.[8][9]

Am 12. März 1768 verfasste im Auftrag der Landesregierung Professor Christian Gottlieb Ludwig (* 30. April 1709 in Brieg (Schlesien); † 7. Mai 1773 in Leipzig), der Dekan der Medizinischen Fakultät der Universität Leipzig, die „Instruktion“ für Webers Aufenthalt in Lyon. Demnach sollte das Studium die Gesamtheit der „Vieh-Zucht, in Ansehung des Futters, der Wartung und Nutzung in allen Arten der Thiere“ in Verbindung mit der „Hauptabsicht auf Remedirung der Vieh-Seuche ... bey dem Horn-Viehe“ umfassen.[10]

[Bearbeiten] Juni 1768: Weber und Hirsch gehen an die Tierarzneischule Alfort

Anfang Juni 1768 wurden der Compagniechirurgus Christian Friedrich Weber und der Schmiedegeselle Johann Gottlob Hirsch in das französische Alfort bei Paris geschickt, damit sie die Roß- und Vieharzneiwissenschaft studieren. Da in der Instruktion von der Universität Leipzig die Roßarzneikunde nur eine sehr untergeordnete Rolle spielte, erstellte Oberstallmeister Graf Heinrich Gottlob von Lindenau am 2. Juni 1769 eine weitere „Instruktion“ mit der sehr vordergründigen Orientierung auf die Roßarzneikunde bei gleichzeitigem Studium der Vieh-Krankheiten. Auch sollte sich danach der „Chirurgum“ Christoph Friedrich Weber und der „Schmiede-Purschen“ Johann Gottlieb Hirsch anstatt nach Lyon in das leichter zu erreichende Paris begeben, was auch tatsächlich erfolgt war. Gemeint war die "École royale vétérinaire d’Alfort" vor den Toren von Paris (heute: École nationale vétérinaire d’Alfort).[11]

[Bearbeiten] 1769: Plan zur Errichtung einer Ecole veterinaire durch die Churfürstlich Sächsische Oekonomische Societät

Die Landes-Oekonomie-, Manufactur- und Commerzien-Deputation verband sich zur Verstärkung ihrer Position mit der Leipziger Oekonomischen Societät. Diese beauftragte den damals jungen Leipziger Doktor der Medizin Ernst Platner (* 11. Juni 1744 in Leipzig; † 27. Dezember 1818 ebenda) im Jahre 1769 anlässlich eines Aufenthaltes in Paris die Tierarzneischule in Alfort zu besuchen. Platner stellt in seinem „Plan zur Errichtung einer Ecole veterinaire, nebst einer Nachricht von der Schule zu Alfort bei Paris“ fest, dass eine „Ecole veterinaire eine gemeinschaftliche Schule für Ross- und Rindviehärtzte seyn soll.“ Es schildert in seinem großangelegten Plan die Gesamtheit der damals notwendigen Tierheilkunde und weist auf die Notwendigkeit einer umfassenden und gezielten Vermittlung hin.[12]

Am 24. August 1769 verfasst die Leipziger Oekonomischen Societät eine positive „Pro Memmoria“ zu diesem Plan und hebt die klaren Bemühungen um die Bekämpfung aller Viehseuchen hervor und dass diese auf die '„Präservation und die Cur des Rind sowol des übrigen Viehes mehr als zu Alfort zu erstrecken wäre.[13] Hierauf holt die Leipziger Oekonomische Societät das „Wittenberger Gutachten“ vom 1. November 1769 von vier ihrer Ehrenmitglieder ein, welche mit der Tierarzneikunde vertraut sind, darunter auch wieder Professor Langguth. Trotz der allgemein positiven Einschätzung kann angesichts der angespannten Haushaltslage im Kurfürstentum Sachsen die Frage der Kosten nicht gelöst werden.[14]

Entscheidend war die zurückhaltende Stellungnahme des „Sanitäts-Collegiums“ zum Plan von Dr. Ernst Platner in seinem „Vortrag“ vom 6. Dezember 1769. Trotz der Nützlichkeit einer solchen Einrichtung für die Landes-Oekonomie gab das Sanitäts-Collegium angesichts der zur Verfügung stehenden geringen Finanzmittel der Einrichtung einer Hebammenschule den Vorzug. Aber auch diese wurde erst im Jahre 1774 und als zunächst privates Hebammen-Institut eingerichtet. Selbst für den humanmedizinischen Bereich waren seinerzeit die Landesmittel zu knapp.[15]

[Bearbeiten] 1771: Erste tierärztliche Vorlesungen im Brühl'schen Menageriegrundstück

Christian Friedrich Weber und Johann Gottlob Hisch kehrten nach drei Studienjahren in Alfort im Jahre 1771 nach Dresden zurück. Weber erwarb „die Würde eines Doctors der Heilkunst und wurde als Oberroßarzt bey den Königl. Ställen angestellt.“[16] Hirsch wurde 5. Roßarzt im Marstall.[17]

Oberstallmeister Heinrich Gottlieb Graf von Lindenau bemühte sich 1772 in mehreren „Unterthänigsten Vorträgen“ um den Ankauf eines geeigneten Grundstückes für eine Roßarztschule, vor allem um das Brühl'sche Menageriegrundstück. Dabei machte er auch den Vorschlag, „Rüstkammereffecten zu verkaufen und die dafür gelösten Mittel zu verwenden“ [18]. Alle diese Vorträge wurden abschlägig beschieden. Christian Friedrich Weber begann vor diesem Hintergrund bereits 1771 mit Vorlesungen und anatomischen Arbeiten auf dem Brühl'schen Menageriegrundstück, musste diese aber schon im Jahre 1772 mangels finanzieller Mittel wieder einstellen.

[Bearbeiten] 1774: Roß-Arzney-Schule

1773 kaufte Christian Friedrich Weber das Seyffertsche Grundstück vor dem Wilsdruffer Tor (Ecke Annenstraße/ Am See). Der damalige Ratsmaurermeister und Adjunkt[19] Christian Heinrich Eigenwillig fertigte einen Plan der „Vieh-Arzeney-Schule“ nach den Entwürfen Webers an. Es wurde am „Stadt-Graben“ entlang gebaut, das Hauptgebäude ganz links war fünfachsig und hatte zwei Stockwerke und zwei Dachgeschosse im Mansardwalmdach - das Stallgebäude mit zwei Pferdeställen (sechs und zwei Pferdeboxen), einem Schuppen und der Schmiede hatte neun Achsen und war ebenfalls zweigeschossig, besaß ein Satteldach und hatte rechterhand einen schmaleren, aber langen Anbau. Der Haupteingang zum Stallgebäude war nicht mittig, sondern lag fünf Achsen vom Hauptgebäude und nur drei Achsen vom Anbau entfernt, was auf die mittige Bodentreppe im Gebäude zurückzuführen sein dürfte. Das ganze Gelände war ummauert, der Eingang auf das Grundstück lag etwa 40 m vom Eingang des Hauptgebäudes weg, links vom Haupteingang, vom „Hoff“ und Hauptgebäude gab es einen „Botanischen Garten“, vom „Hoff“ nahezu diagonal abgetrennt lag ein "Baum- und Küchen-Garten". Das Grundstück verbreiterte sich vom „Botanischen Garten“ nach rechts von etwa 40 m auf gut 60 m und war über 130 m lang.[20]

Im Januar 1774 eröffnete Christian Friedrich Weber seine Tierarzneischule zu Dresden als private Anstalt. Zunächst hatte Weber acht Scholaren (sechs Schmiede und zwei Schäfer), welche sich an der Schule nach einem von ihm verfassten „Reglement“ zu richten hatten. Nach einem weiteren gescheiterten Vortrag des Oberstallmeister Graf von Lindenau am 21. Mai 1774[21] schaltete sich Christian Friedrich Weber persönlich in die Diskussion mit einer 17-seitigen Schrift ein, womit er auf Unterstützung hoffte.[22] Er hat sie aber zeitlebens nie erfahren. Nach den gescheiterten Versuchen von 1766 bis 1771 im Landtag und 1772 beim Kurfürsten, eine landesherrliche Tierärztliche Schule einzurichten, eröffnete der inzwischen zum „Oberroß-Arzt“ beförderte Christoph Friedrich Weber im Januar 1774 eine Roß-Arzney-Schule als private Anstalt. Der Titel „Oberroß-Arzt“ war möglicherweise eine Voraussetzung für die Ausbildung anderer „Roß-Ärzte“. Er starb allerdings schon am 2. November 1778 mit nur 34 Jahren.

[Bearbeiten] 1780: Churfürstliche Thier-Arzney-Schule

Oberstallmeister Graf Heinrich von Lindenau sorgte daraufhin dafür, dass die Landesregierung Webers Erben die Schule mit allem Zubehör abkaufte.

Ausschlaggebend war das Argument, daß der Kurfürst von Braunschweig-Lüneburg und König von Großbritannien Georg III. bereits am 18. Juli 1778 die Weisung für die Gründung einer Königlichen Roßarzney-Schule in Hannover erteilt hatte, also schon fast vier Monate vor Webers Tod. Erster Lehrer und Direktor dort war der Oberhof-Roßarzt Johann Adam Kersting (24. April 1727 bis 2. März 1784)[23]. Bezeichnenderweise erfolgte diese hannoversche Gründung wie in Dresden auch direkt vor einem der Stadttore, dem Clevertor, außerhalb der Stadtmauern Hannovers.

Noch zu Lebzeiten des ersten Direktors wurde diese hannoversche Lehranstalt zur Königlichen Thierarzney-Schule umbenannt und erweiterte ihre Lehrinhalte auf andere Tierarten[24]. Der Kurfürst von Sachsen wollte angesichts dieser Entwicklung trotz begrenzter Mittel nicht ins Hintertreffen geraten.

Mit der Zusicherung des Kaufs der Schule des verstorbenen Christian Friedrich Webers auf dem Seyffertschen Grundstück vor dem Wilsdruffer Tor (Ecke Annenstraße/ Am See) konnte am 7. Oktober 1780 die jetzt Churfürstliche Thier-Arzney-Schule mit anfangs etwa 20 bis 30 Schülern beginnen. Sie kam unter staatliche Trägerschaft, war dem kurfürstlichen Oberstallamt unterstellt und befand sich Am See in der Wilsdruffer Vorstadt[25]. Der Nachwuchs an Ross-Ärzten in Dresden war gesichert. Das Kurfürstentum Sachsen kaufte mit Vertrag vom 19. Dezember 1780 das Grundstück und sowie die Lehranstalt. Erster Lehrer war Georg Ludwig Rumpelt. Das geringe Ansehen von Tierärzten führte in der Anfangsphase der Schule zu einem chronischen Lehrermangel.

Allerdings wirtschafteten die Brüder Reuther (Reutter), welche später die Schule leiteten, sehr in die eigene Tasche und betrachteten die Schule als ihre Privatanstalt. Daraufhin gab es eine Anzeige. 1795 konnte eine zweite Lehrerstelle eingerichtet werden. Im gleichen Jahr klagte der Scharfrichter Adam Friedrich Schmidt aus Dresden gegen Johann Georg Reuther, Obertierarzt und Lehrer an der „Churfürstlichen Thier-Arzney-Schule“, wegen Vorenthaltung von ihm zustehenden Pferdekadavern.

[Bearbeiten] 1817: Fusion mit der Chirurgisch-medicinischen Akademie

Am 2. Februar 1817 wurde die Schule von Carl Gustav Carus mit der Chirurgisch-medicinischen Akademie im Kurländer Palais vereinigt und in Personalunion geführt. Die Ausbildung dauerte jetzt zwei Jahre, war aber nun „Anhängsel“ der humanmedizinischen Ausbildung. Die zwei Studentenjahrgänge der Tiermedizin und die Medizinstudenten wurden von vier Professoren unterrichtet. Es gab nun feste Lehrpläne und Prüfungen unter der Oberaufsicht von Medizinern. Eine Besonderheit bildeten die Kurschmiede, die in der Armee als Rossärzte dienen sollten. Sie mussten keine Abschlussprüfung schreiben.

1823 expandierte die Schule und bezog ein Anwesen an der Pillnitzer Straße (Bärsches Vorwerk).

[Bearbeiten] 1856: Unter Aufsicht der Commission für das Veterinärwesen

Am 14. Juni 1856 trennten sich die Wege von tierärztlicher Schule und medizinischer Akademie wieder. Die Schule wollte kein Anhängsel mehr bleiben. Sie wurde deswegen der „Commission für das Veterinärwesen“ unterstellt. Es wurden jeweils zwei naturwissenschaftliche und veterinärmedizinische Lehrstühle eingerichtet. Das Studiums dauerte nun sieben Semester.

Schon ab 1857 mussten die Kandidaten vor Studienbeginn eine Aufnahmeprüfung in deutscher Sprache, Mathematik, Geographie und in Naturgeschichte bestehen. Ab 1858 hatten dann auch die Tierärzte des Militärs die gleiche Prüfung wie die zivilen Tierärzte zu absolvieren. 1861 wurde die Schule in neue Gebäude an der Pillnitzer Straße und in der von Karl Moritz Haenel‎ erbauten Zirkusstraße 40 verlegt. Die Studentenzahlen stiegen auf etwa 200. 1869 wurde das „Primat eines Gymnasiums“ für die Aufnahme notwendig, die Aufnahmeprüfungen entfielen dadurch.

Ab 1877 wurden die dem Militär angehörenden Schüler auf dem Schulgelände kaserniert und zu diesem Zweck dort eine Kaserne errichtet. 1886 wurde auf der Zirkusstraße 40 das neue Hauptgebäude fertiggestellt.

[Bearbeiten] 1889: Königlich Sächsische Thierärztliche Hochschule

Im Rahmen der 800-Jahr-Feier des Hauses Wettin erhielt die Schule 1889 durch Kabinettsorder des regierenden sächsischen Königs Albert den Status Königlich Sächsische Thierärztliche Hochschule.

1895 wurde ein neues Hochschulstatut verabschiedet, in dem Elemente einer universitären Selbstverwaltung verankert waren und nach dem die Professoren der Tierärztlichen Hochschule Universitätsstatus erhielten. Mit dem neuen Statut von 1903 wurde das Rektorenamt eingeführt, in das Wilhelm Ellenberger berufen wurde. Die Hochschule war von nun an dem Ministerium des Innern direkt unterstellt und die Universitätsreife wurde als Zugangsvoraussetzung eingeführt. Es wurden zunächst 11 fachgebietsspezifische, selbständige Institute gegründet, denen je ein Dozent im Range eines Abteilungsleiters vorstand (Klinik für große Haustiere und Poliklinik, Klinik für kleine Haustiere und Poliklinik, Auswärtige Klinik, Anatomische Abteilung, Physiologische Abteilung, Physiologisch-chemische Versuchsstation, Pathologisch-anatomische Versuchsstation, Tierzuchtabteilung und Rassestall, Chemische Abteilung, Seuchenversuchsanstalt und tierhygienische Abteilung, Physikalische Abteilung). Die Anzahl der Studenten stieg weiter an und betrug im Wintersemester 1902 226. Die reguläre Ausbildung dauerte 7 Semester, im Rahmen der tierärztlichen Weiterbildung war es aber auch möglich, sich für einzelne Lehrveranstaltungen als Hospitant einzuschreiben.

Durch den guten Ruf der Hochschule lernten hier nun viele ausländische Studenten, selbst aus Übersee. Dies führte zu Platzmangel. Notwendige Erweiterungsbauten konnten auf dem Hochschulgelände Pillnitzer/Zirkusstraße aus Platzmangel nicht errichtet werden.

1911 wurde deswegen erstmals vorgeschlagen, die Dresdner Hochschule der Leipziger Landesuniversität anzuschließen. Dort bestand bereits ein von Friedrich Anton Zürn 1878 gegründetes Veterinärinstitut mit angeschlossener Veterinärklinik. Natürlich kämpften die Stadtverordneten und der Rat der Stadt für den Verbleib der Hochschule in Dresden. So hielt der Oberbürgermeister Gustav Otto Beutler 1912 einen „Vortrag über die Erhaltung der Hochschule in Dresden und die Errichtung einer Universität selbst“. Dennoch wurde 1914 aus Kostengründen beschlossen, die Thierärztliche Hochschule zu Dresden nach Leipzig zu verlegen. Durch den Ersten Weltkrieg (1914 bis 1918) verzögerte sich dieser Beschluss. Der Neubau der Veterinärmedizinischen Fakultät begann zwar bereits 1914, konnte aber erst 1923 beendet werden.

Im Wintersemester 1923/24 begann der Lehrbetrieb an der neu eingerichteten Veterinärmedizinischen Fakultät der Universität Leipzig. Auf das dadurch nun verwaiste Hochschulgebäude in Dresden zogen u. a. das Sächsische Serumwerk Dresden, aber auch Verlage und Schulen. Von 1926 bis 1939 war in Haus I bzw. Haus F der Vorläufer der Deutschen Fotothek untergebracht.

[Bearbeiten] Lehrer

Hermann Baum | Carl Gustav Carus | Wilhelm Ellenberger | Heinrich David August Ficinus | Heinrich Albert Johne | Hermann Kunz-Krause | Georg Alfred Müller | Arno Naumann | Friedrich Julius Gustav Pusch | Johannes Gottfried Otto Raubold | Ludwig Reichenbach | Johann Georg Reuther | Etha Richter | Georg Ludwig Rumpelt | Burkhard Wilhelm Seiler | Otto Siedamgrotzky | Bruno Steglich | Oskar Walzel

[Bearbeiten] Quellen

[Bearbeiten] Anmerkungen

  1. Neben den beiden französischen Schulen wurden noch 1767 in Wien und 1773 in Kopenhagen Tierarzneischulen eingerichtet.
  2. Extrakt aus dem bey dem Landtage de an. 1766 von den sämtlichen anwesenden Ständen von Ritterschaft und Städten übergebenen Schrift d. d. 17. Juli 1766. und Extrakt aus der Bewilligungsschrift d. d. Dresden, den 5. September 1766, SächsHStA Loc. 31098 Vol. I.
  3. Georg August Langguth (* 7. Juni 1711 in Leipzig; † 11. März 1782 in Wittenberg) verwaltete im Wintersemester 1749, 1753, 1760, 1765, 1771 und 1777 das Rektorat der Wittenberger Hochschule.
  4. "Vorläufige Gedanken von der Errichtung einer Academiae Veterinariae. Aug. 1766." SächsHStA Loc. 11636 Val. I, BI. 54 - 56.
  5. Paul Wüsthoff: „Das Dresdener Marstallveterinärwesen“. Berlin, Friedrich-Wilhelms-Universität, Landwirtschaftlich-Tierärztliche Fakultät, Diss. 1936, S. 72; Bernhard Schlosser: "Beiträge zur Geschichte des Veterinärwesens der sächsischen Landeshauptstadt Dresden". Leipzig, Veterinärmed. F., Diss., 1942, S. 48-50.
  6. Vortrag der Landes-Oeconomie-, Manufactur- und Commercien-Deputation an den Churfürsten, Dresden, den 19. Dez. 1767. Sächs HStA Loc. 310968 Bl. 3-5.
  7. Reinhard Föhner: Kulturgeschichte der Tierheilkunde. Bd. 2, Terra Verlag Konstanz 1954, S. 216.
  8. II. Biographie Herrn Johann Friedrich Rosenzweigs vormalig Churfürstl. Sächsischen Universitäts-Stallmeisters zu Leipzig in: Taschenbuch auf das Jahr [1798] für Pferdeliebhaber, Reuter, Pferdezüchter, Pferdeärzte und Vorgesezte groser Marställe; 1798, S. 30–33. Hier S. 30.
  9. Heinrich Mattheis: Anfänge des tierärztlichen Unterrichts an der Universität Leipzig. vet. med. Diss., Berlin 1939. In dieser Dissertation ist auch eine Vorlesungsmitschrift enthalten zu einer der Stallmeistervorlesungen Rosenzweigs (zu 1783).
  10. Instruktion von D. Christlan Gottlieb Ludwig. Leipzig, den 12. Martii 1768. SächsHStA Loe. 31098, Vol. I, Bl. 22-30.
  11. Instruktion für den Chirurgum Christoph Friedrich Weber und den Schmiede-Purschen Johann Gottlieb Hirsch, welche zur Erlernung der Ross- und Vieharzney-Kunst nach Paris geschicket worden. 2. Juni 1769. Sr. Churfürstl. Durchl. zu Sachsen zur Zeit bestallter Oberstallmeister etc. Heinrich Gr. von LlNDENAU. SächsHStA Loc. 31098 Vol. I, Bl. 70-75.
  12. Plan zur Errichtung einer Ecole veterinaire, nebst einer Nachricht von der Schule zu Alfort bei Paris. Auf Verlangen der Churfürstl. Sächs. Oekonomischen Societät aufgesetzt von D. Ernst PLATNERN. SächsHStA Loc. 31098 Vol. I, Bl. 80-134.
  13. „Pro memmoria“ zum Plan von Platner. Dresden, den 24. Aug. 1769. Direktor und Deputat; der Leipziger gnädigst bestätigten ökonomischen Gesellschaft. SächsHStA Loc. 31098 Vol. I, B. 76-79.
  14. „Wittenberger Gutachten“ der Ehrenmitglieder der Oeconomischen Societät zu Leipzig D. Georg August Langguth, D. Georg Rudolf Böhmer, Johann Daniel Titius und Johann Ernst Zeiher vom 1. Nov. 1769. SächsHStA Loc. 11636 Vol. I. Bl. 52-53.
  15. Erst durch das „Rescript“ vom 27. Juni 1781 wurde das Hebammen-Institut zu einer öffentlichen Anstalt, welche als Lehranstalt für Hebammen und Geburtshelfer erst am 1. Januar 1783 (nach dem "Rescript" vom 31. Dez. 1782) eröffnet wurde.
  16. Burkhard Wilhelm Seiler: Geschichte und gegenwärtige Einrichtung der chirurgisch-medicinisehen Akademie und der mit ihr vereinigten Thierarzneischule zu Dresden. Zeitschr. Natur u. Heilkunde I (1820), S. 495, Beil. 1 & 2.
  17. Bernhard Schlosser: Beiträge zur Geschichte des Veterinärwesens der sächsischen Landeshauptstadt Dresden. Leipzig, Veterinärmed. F., Diss., 1942, S. 50.
  18. Unterthänigster Vortrag des Oberstallmeisters Heinrich Graf von Lindenau vom 2ten Juni 1772; Vortrag des Oberstallmeisters Graf von Lindenau vom 31. Juli 1772.
  19. Unter dem Ratsbaumeister Johann Georg Schmid
  20. Plan der 1774 von Weber gegründeten, 1780 in den Besitz des Staates übergegangenen und 1823 verlassenen Thierarzneischule. (Neubau vor dem „Pirnaischen Thore“ am Eingang in die äußere Rampesche Gasse).
  21. Vortrag des Oberstallmeisters Graf von Lindenau vom 21. Mai 1774.
  22. ' Entwurf zu Errichtung einer Vieh Arzeney Schule. Von der Notwendigkeit und Nutzen einer Vieh Arzeney Schule. 1774 von Christian Friedrich Weber. SächsHStA Loe.11636 Vol. l, Bl. 167-183.
  23. Vgl. Johann Adam Kersting, Ober-Hofroßarzt an der Königlichen Roß-Arzney-Schule in Hannover bei Wikidata.
  24. Geschichte auf der Webseite der STIFTUNG TIERÄRZTLICHE HOCHSCHULE HANNOVER (abgerufen am 14. Januar 2024) Mit der Behauptung: So wurde am 18. Juli 1778 die Königliche Roßarzney-Schule auf Weisung Georg III., König von Großbritannien und Kurfürst von Hannover, am Clever Tor außerhalb der Stadtmauern Hannovers, gegründet. irrt die Quelle insofern, daß Georg III. nie Kurfürst von Hannover war, sondern Kurfürst von Braunschweig-Lüneburg. Das Königreich Hannover entstand erst 1814 auf dem Wiener Kongress als Nachfolgestaat des Kurfürstentums Braunschweig-Lüneburg.
  25. Adressbuch von 1797, Am See, zwischen Nr. 48 und 49
  26. Handbuch der historischen Buchbestände in Deutschland, Österreich und Europa, Hrsg. von Bernhard Fabian. Digitalisiert von Günter Kükenshöner; Hildesheim: Olms Neue Medien 2003.

[Bearbeiten] Weblinks

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