Geschichte der Mark Meißen
Dresden gehörte im Mittelalter zum Gau Nisan und zur Mark Meißen. Nisan gehörte immer nur zeitweise zur Mark.
[Bearbeiten] Vorgeschichte der Mark Meißen
[Bearbeiten] Die fränkische Ostexpansion ab 805
[Bearbeiten] 805
- Kaiser Karl der Große schickt drei Heere zur Eroberung Böhmens, wobei das Heer der Franken, Sachsen sowie der nördlichen Westslawen von Norden einmarschiert, wahrscheinlich (aber nicht sicher) über Nisan. Die drei Heere vereinigen sich in der Gegend von Žatec, Litoměřice und Rakovník. Bei dem Vorstoß wird zwar der böhmische Herzog Lech getötet, allerdings müssen sich die Franken nach vierzig Tagen mangels Verpflegung wieder zurückziehen.[1]
- Der Raum Nisan = [böhmische] Niederland[e] (das heutige Dresden) gehörte ab 805/806 durch fränkische Unterwerfungs- und Tributfeldzüge gegen die benachbarten Slawen (auch die Böhmen mußten sich unterwerfen) zeitweise zum Einflußbereich des Frankenreiches und damit des Stammesherzogtums Sachsen.
[Bearbeiten] 806
- Karl der Große greift das Gebiet der Sorben und ein zweites Mal Böhmen an und erzwingt die Stellung von Geiseln und Tributzahlungen[2]. Dabei fällt der sorbische Fürst Milito. In Nisan finden wahrscheinlich wieder kriegerische Aktivitäten statt, denn wahrscheinlich zieht das fränkische Heer aus dem Sorbenland nach Böhmen durch den Gau. Wie 805 wird dabei wahrscheinlich wieder der natürliche Hafen von Nisan (mit dem hypothetischen Neidhart) genutzt.[3]
[Bearbeiten] Die sächsische Ostexpansion ab 906
Die Sorben unterstanden ab 890 der Schutzmacht des Altmährischen/Großmährischen Reiches, zu dessen Einflußgebiet sie seit etwa 867 / 871 gehörten.
Nach dem Tod von Svatopluk I. im Jahr 894 wurde sein Sohn Mojmir II. Nachfolger im Großmährischen Reich. Infolge von Streit zwischen Mojmir II. und seinem Bruder Svatopluk II. kam es zu ersten Auflösungserscheinungen, weswegen sich 895 die Böhmen und 897 auch die Sorben Kaiser Arnolf von Kärnten unterstellten und Tribut für militärische Hilfe zahlten.
Als 906 das Großmährische Reich unter dem Ansturm der Ungarn untergeht und als potentielle Schutzmacht der Sorben ausfällt, nutzt Prinz Heinrich (später I.) die Schwäche des ostfränkischen Königtums feige aus, um die Sorben zu überfallen und ihr Territorium unter seine Herrschaft zu bringen (Kaiser Arnulf starb am 8. Dezember 899 in Regensburg; Ludwig das Kind stand unter dem Einfluss einer Adelsfraktion um Hatto von Mainz - es gibt kein Anzeichen einer selbstständigen Herrschaftstätigkeit bei Ludwig). Die Sorben riefen jedoch die Ungarn zu Hilfe, denen Prinz Heinrich nur mit größter Mühe knapp entkam. Durch diesen Raubüberfall hatte er allerdings die Ungarnplage nach Sachsen gebracht. Die Ungarn nutzten die erkannte Schwäche der Sachsen im nächsten halben Jahrhundert aus. Erst Heinrichs Sohn Otto I. konnte diese ständige Bedrohung im Jahr 955 wieder beenden.
[Bearbeiten] 906
- Untergang des Altmährischen Reiches.
- der Herzog von Böhmen Spytihněv I. schließt ein Bündnis mit den Ungarn, zahlt Tribut und erlaubt die Bewegung der Ungarn in seinem Land
- spätestens im Frühjahr: Feldzug des späteren Königs Heinrich I. gegen die Daleminzier in der Meißner Gegend. Die Daleminzier rufen die Ungarn zu Hilfe. Nisan entwickelt sich von da an zum Aufmarschkorridor der Ungarn gegen die Sachsen.[4]
- Erste Ehe des späteren Königs Heinrich I. mit Hatheburg von Merseburg.
[Bearbeiten] Die Zeit der Markgrafen ("marchio") ab 965/968
[Bearbeiten] Erster Markgraf Wigbert nur 968 erwähnt
[Bearbeiten] 1046: Ersterwähnung der Mark Meißen (als "marchia Misnensis")
1046 wurde die Mark Meißen erstmals erwähnt (als marchia Misnensis).[5]
In dem Jahr wechselte das Amt des "marchio" (Markgraf von Meißen) von der Dynastie der Ekkehardiner zu den Grafen von Weimar (ab 1062 Grafen von Weimar-Orlamünde) über.
- Wilhelm IV. von Weimar wird Markgraf von Meißen - sein Vater Wilhelm III. von Weimar = Wilhelmi Thuringorum pretor († 16. April 1039) stand in bestem Einvernehmen mit dem König und übernahm von Zeit zu Zeit die Wachaufsicht über die Burg Meißen.
[Bearbeiten] Die Zeit der Ostsiedlung ab etwa 1150
[Bearbeiten] 1384: Außergewöhnlich frühes landesherrliches Kirchenregiment für das Bistum Meißen
Im Jahr 1384 schloss der Bischof von Meißen Nikolaus I. Ziegenbock mit dem Markgrafen von Meißen Wilhelm dem Einäugigen einen Schutzvertrag ab, wobei er sich verpflichtete, die Markgrafen von Meißen als Schutzherren der Meißner Kirche anzuerkennen und weitreichende Beschlüsse nur mit deren Zustimmung zu fassen. Somit bildete sich in Meißen ein landesherrliches Kirchenregiment heraus.
Aufgrund der kritikwürdigen Zustände in der Reichskirche des Spätmittelalters, etwa hinsichtlich der Lebensführung und Dienstauffassung der Bischöfe und Pfarrpriester, wagten viele deutsche Landesfürsten und Stadträte schon deutlich vor dem Auftreten Martin Luthers Eingriffe in nach damaligem Verständnis eigentlich kirchliche Bereiche wie etwa Pfarrstellenbesetzung und geistliche Gerichtsbarkeit.
Der Eingriff Wilhelm des Einäugigen steht historisch allerdings isoliert da und zielte auf die Zurückdrängung des böhmischen Einflusses auf die seit 929 hart umkämpfte Region.
Das Wahlrecht des Meißner Domkapitels war zu diesem Zeitpunkt ausgesetzt, der Erzbischof von Prag war für Meißen bestimmend. Auch Bischof Nikolaus I. Ziegenbock war 1379 vom Prager Erzbischof Johann von Jenstein (seinem Vorgänger Johann II. als Meißner Bischof) in sein Amt bestimmt worden.
Johann II. war auf Betreiben Kaiser Karls IV. von Papst Gregor XI. am 4. Juli 1376 zum Bischof von Meißen ernannt worden. Ablehnend standen der Ernennung die Wettiner gegenüber, die eine Ausdehnung der böhmischen Machtpolitik befürchteten. Auch das Verhältnis Johanns zum Domkapitel Meißen war schwierig, dessen Wahlrecht bei der Ernennung übergangen wurde. Er verließ schon zwei Jahre darauf Meißen in Richtung Prag.
Auch der Meißner Bischof Nikolaus I. Ziegenbock wollte sich offenbar mit diesem Schutzvertrag aus dem böhmischen Einfluß lösen. Er war zunächst Lektor und Prior des Dominikanerklosters St. Peter in Leipzig, dann Weihbischof in Naumburg (1374–1375), Dekan des Domstiftes Meißen (1376) und schließlich Bischof von Lübeck (1377–1379).
Auf der Grundlage dieses Schutzvertrages mit dem Bistum Meißen konnte Markgraf Wilhelm der Einäugige dann ab dem nächsten Jahr (1385) an die Beseitigung der böhmischen Burggrafschaft Dohna gehen (Dohnaische Fehde).
[Bearbeiten] 1385 bis 1402: Militärische Einverleibung der böhmischen Burggrafschaft Dohna (Dohnaische Fehde)
Die böhmischen Könige ließen die Burggrafschaft Dohna durch Burggrafen verwalten. Der böhmische König Johann (reg. 1311–1346) sprach ihnen dieses Lehen als erbliches Anrecht zu. Im Gegenzug bekannten sie öffentlich, dass ihre Herrschaft dem Königreich Böhmen angehörte.
Im Jahre 1319 wurde dem Burggrafen von Dohna Otto III. die Burggrafschaft als böhmisches Lehen übertragen und er erhielt gegen eine hohe Summe die Herrschaft über diese. Außerdem erhielt er das "Landgericht Dresden zu Dohna" zurück, das Heinrich III. von Dohna im Jahr 1256 entrissen wurde.
Die Burggrafen waren Anhänger des böhmischen Königs Wenzel IV. (reg. 1363/1378–1419) und hatten sich nie mit dem deutschen Markgrafen von Meißen Wilhelm anfreunden können. Einen Höhepunkt erreichte dieser Konflikt, als Wilhelm der Einäugige im Jahr 1400 gemeinsam mit Friedrich dem Streitbaren an der Wahl von Wenzels deutschem Gegenkönig Ruprecht von der Pfalz beteiligt war. Wenzel war seit 1376 wie sein Vater Karl der Große auch deutscher König und bis zu seinem Tode 1419 von diesem Amt nie zurückgetreten.
[Bearbeiten] Literatur
- Walter Wenzel: "Die Frühgeschichte der Sorben im Licht der Namen." [= Mały rjad Serbskeho instituta Budyšin (Kleine Reihe des Sorbischen Instituts Bautzen) Band 33], Serbski institut Budyšin (Sorbisches Institut Bautzen) 2021, ISBN 978-3-948166-98-4
[Bearbeiten] Anmerkungen
- ↑ In der Geschichtswissenschaft wurde wiederholt die These geäußert, dass anlässlich dieses Feldzuges der natürliche Hafen von Nisan (die Mündung des Altwasserarms Gruna-Striesen in die Elbe) durch die Franken ausgebaut und mit einem burgähnlichen Turm, dem Neidhart, gesichert wurde. Als Argument wurde vorgebracht, dass auch 806 ein weiterer Feldzug der Franken gegen Böhmen erfolgte, wodurch Militärbasen an der Peripherie Böhmens notwendig waren.
- ↑ Chronik des Klosters Moissac: „Kaiser Karl feierte Ostern in Nimwegen, und schickte seinen Sohn den König Karl nach Thüringen zu einem Ort, der Waladala genannt wird, und dort hielt er seine Heerschau ab. Und von dort schickte er seine Heerscharen über die Elbe; er selbst zog über die Saale ins Guerenaveldo. Und dann wurde der stolze König Milito, der im Gebiet der Sorben herrschte, getötet; und später kehrte er zur Elbe zurück; und er verwüstete jene Landstriche, und zerstörte deren Burgen. Und die übrigen Könige ebendieser kamen zu ihm, und versprachen, dem Herrn und gottesfürchtigen Kaiser zu dienen, und stellten Geiseln nach seinem Willen. Und diesen trug König Karl auf, zwei Burgen zu errichten, die eine nördlich der Elbe gegenüber Magdeburg, die andere östlich der Saale an einem Ort, der Halle genannt wird; darauf kehrte er zu seinem Vater zurück.“ (MGH SS II S. 257 ff.; deutsche Übersetzung: 1200 Jahre Waldau).
- ↑ In der Forschung wird erwogen, ob der ab 849 belegte Limes Sorabicus bereits auf diese Zeit zurückgeht. Dieses auch Sorbenmark genannte Gebiet reichte wahrscheinlich von der Saale etwa bis zur Elster und Pleiße, berührte also Nisan nicht.
- ↑ "Heinrich von Sachsen. - RI II,1 n. b - vor 906, adversus Dalamantiam - Kriegszug gegen diese schon lange bekämpfte völkerschaft wird von herzog Otto seinem sohne übertragen. Widukind I,17 (daraus Thietmar I,3 (2) cum magno exercitu) und 35; die Dalamantier impetum illius ferre non valentes (daraus Thietmar victor rediit) rufen die Ungarn zu hilfe. Widukind I,17.20. ‒ Dalamantia oder slavisch Glomaci zwischen den flüssen Elbe und Chemnitz. Thietmar I,3(3). ‒ Da der erste Ungarneinfall nach Sachsen in das iahr 906 fällt (Waitz Heinrich I.3 14; Dümmler Gesch. des Ostfränk. Reiches 3 2, 546; Böhmer-Mühlbacher Reg. no 1980a), so ist das frühiahr 906 der späteste termin dieses kriegszuges." In: RI II,1 n. b, in: Regesta Imperii Online, URI: https://www.regesta-imperii.de/id/0906-00-00_1_0_2_1_1_2_b (Abgerufen am 03.06.2025).
- ↑ Gerhard Köbler: "Historisches Lexikon der Deutschen Länder: Die deutschen Territorien [und reichsunmittelbaren Geschlechter] vom Mittelalter bis zur Gegenwart." Verlag C. H. Beck, 2007 (7. Aufl. 2017), S. 422f.