Büchsenmacher

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Der Büchsenmacher (bis ins 19. Jahrhundert auch als Büchsenschäfter oder Büchsenmeister bezeichnet) stellt Schusswaffen her und treibt in der Regel Handel mit ihnen. Außerdem repariert er diese auch.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Geschichte des Berufsbildes

Das Berufsbild des Büchsenmachers entwickelte sich im späten 15. Jahrhundert wie die Stückgießer und Pulvermacher aus dem Beruf des Büchsenmeisters. Büchsenmacher wurden im 16. Jahrhundert zunächst als untergeordnete Berufsgruppe in die Zunft der Schmiede, Schlosser und Schleifer eingegliedert (im 17. Jahrhundert kamen auch die Uhrmacher hinzu).[1]

[Bearbeiten] Dresdner Büchsenmacher

[Bearbeiten] Ab 1423: Büchsenmeister

In der Residenz (ab 1485) und Festung Dresden war schon immer eine Vielzahl von Büchsenmachern beschäftigt, um den Bedarf des sächsischen Kurfürsten und des Hofadels an Schußwaffen zu decken. Ein Dresdner Büchsenmeister ist schon 1423 erwähnt worden: "Die Görlitzer ließen sich damals von dem Dresdner Büchsenmeister, der überhaupt wochenlang für sie beschäftigt war, eine große Tarrasbüchse gießen."[2]

[Bearbeiten] Ab 1694: Augusteisches Zeitalter: Johann Georg Ertel

Im Augusteischen Zeitalter (1694 bis 1763) erreichte die Kunst der Dresdner Büchsenmacher einen Höhepunkt. Es entstanden Prunkwaffen und gediegene Stücke, die noch heute von Sammlern begehrt sind. Einer der Dresdner Meister war Johann Georg Ertel (1689 bis 1764), dessen Lebensdaten fast identisch mit dem Augusteischen Zeitalter sind. Von ihm haben sich rund 50 cm lange Steinschloßpistolen erhalten, die der Gravur nach um 1730 für die Jagd hergestellt wurden.[3] Als Vorbild hatten vermutlich Steinschlosspistolen des Pariser Büchsenmachers Bertrand Piraube gedient, welche der sächsische Kurfürst und polnische König Friedrich August I. im Jahre 1715 von König Ludwig XIV. von Frankreich gesandt bekam. "Das Geschenk bestand aus sechs gesattelten und aufgezäumten spanischen Hengsten. Zu den überaus kostbaren Sätteln gehörte jeweils ein ebenso kostbares Paar Pistolen."[4]

[Bearbeiten] Ab 1762: Sächsisches Rétablissement: Hof-Büchsenmacher Johann Joseph Futter

Im sächsischen Rétablissement (ab 1762) kamen die zahlreichen Büchsenmacher Dresdens teilweise in wirtschaftliche Schwierigkeiten. Ausdruck des nun verschärften Konkurrenzkampfes war "die von der Büchsenmacher- und Schlosser-Innung allhier wider den Hof-Büchsenmacher Johann Joseph Futter wegen Aushängung eines Handwerkerzeichens angebrachte Beschwerde" aus dem Jahr 1770. Der Hof-Büchsenmacher wurde von seiner Innung gemobbt, weil er "als ein Katholik das Bürger- und Meisterrecht nicht genießen könne".[5] Allerdings waren seine Haupt-Auftraggeber, die Wettiner, zu diesem Zeitpunkt bereits ein Dreivierteljahrhundert Katholiken (vgl. Katholische Hofkirche). Hier wurde der traditionelle konfessionelle Konflikt zwischen den für die polnische Krone katholisch gewordenen sächsischen Kurfürsten und dem lutherisch geblieben Territorium Kursachsen für rein wirtschaftliche Zwecke instrumentalisiert.

[Bearbeiten] Niedergang um 1800: Huf - und Waffenschmidtmeister

Schon vor 1800 war die große Zeit der Dresdner Büchsenmacher zu Ende. Die Waffenschmidtmeister arbeiten gleichzeitig auch als Hufschmiede, um über die Runden zu kommen. Im umfangreichsten Adressbuch jener Zeit (Dresden zur zweckmäßigen Kenntniß seiner Häuser und deren Bewohner 1797) sind im Vergleich zur Blütezeit des Dresdner Waffenhandwerkes nur noch verhältnismäßig wenige Waffenschmidtmeister verzeichnet:

Als kurfürstlicher Büchsenwärter fungierte Johann Heinrich Hänisch. Er wohnte in der Pirnaischen Gasse 242 (Pirnaische Vorstadt / Pirnaische Gemeine).

In der Pirnaischen Gasse war auch der Büchsenmachermeister Karl Traugott Jannasch tätig. Er war Hausbesitzer der Nummer 186a in der Pirnaischen Vorstadt.

Der Büchsenmachermeister Christoph Siegmund Hähnel arbeitete für die Leibgrenadiersgarde und wohnte in der Hintergasse (oder Kleine Salzgasse, auch An der Zeughofmauer) 638 - im gleichen Hause wie der Büchsenschäftermeister Karl August Meischer, der für das Hauptzeughaus arbeitete - und in direkter Nachbarschaft zum Huf- und Waffenschmidtmeister Christoph Konrad Aßmann, der in Nummer 639 wohnte. In der damaligen Zeit lagen die Wege zum Arbeitgeber, hier das Hauptzeughaus, optimal kurz. Auch waren Wohnung und Werkstatt und (Verkaufs-)Gewölbe noch unter einem Dach.

Hauptzeughausbüchsenmacher war Johann Gottlieb Röver, der im zum Hauptzeughaus gehörigen Zimmerhof wohnte.

Der Hauptzeughausbüchsenschäfter Karl Christoph Meischer wohnte ebenfalls im Zimmerhof.

Der Büchsenmacher Karl August Milotta arbeitete für die Gardedükorps und wohnte Viehweide 976 (Willßdruffer Vorstadt / Viehweider Gemeine).

Der Büchsenschäftermeister Johann Gottlieb Kolbe lebte und arbeitete in der Töpfergasse Nummer 581.

Der Büchsenmachermeister Johann Jakob Marr lebte und arbeitete Am Klepperstall 607 (der heutigen Terrassengasse) in der Nachbarschaft der Huf- und Waffenschmidtmeister Johann Christoph Raack, der das Haus Nummer 609 und Karl Gottlob Gregori, der das Haus Am Klepperstall Nummer 612 besaß.

Sowohl die Töpfergasse als auch die Gasse Am Klepperstall (heute Terrassengasse) lagen ebenfalls in unmittelbarer Nähe des Hauptzeughauses.

In der Neustadt gab es noch den Büchsenmachermeister Frieser (Kohlmarkt 23).

[Bearbeiten] 1896: "Silberbüchse" und "Bärentöter": Oskar Max Fuchs

Oskar Max Fuchs (* 20. März 1873 in Cölln; † 1954) stellte 1896 im (Geheim-)Auftrag von Karl May die "Silberbüchse" und den "Bärentöter" her. Seine Werkstatt befand sich seit 1895 in der Schanzenstraße 7 in Dresden-Neustadt.

In seiner Werkstatt betrieb er nicht nur Büchsenmacherei, sondern auch Fahrradbau. Sein erstes eigenes Geschäft eröffnete er im Mai 1897 in der Wittenberger Straße 75.

1902 vermittelte er auch noch den Kauf des "Henrystutzens". Zu diesem Zeitpunkt hatte er bereits ein neues Geschäftslokal ("Reparatur-Anstalt" für Gewehre und Fahrräder) in der Striesener Straße 4 in Blasewitz.

1920 ließ Klara May die im Lauf der Jahre ramponierte "Silberbüchse" restaurieren und von Oskar Max Fuchs ein Duplikat anfertigen. Dabei wurden die ursprünglichen Sternnägel des "Originals" durch Stifte mit Silberplättchen ersetzt. Die Sternnägel kamen in das neu geschaffene Duplikat. Oskar Max Fuchs arbeitete seit 1916 in Kötzschenbroda, wo auch Karl May von 1888 bis 1891 wohnte.

Oskar Max Fuchs lüftete das Geheimnis erst zu seinem 50-jährigen Büchsenmacherjubiläum im Jahr 1937. Zu diesem Zeitpunkt war Karl May bereits 25 Jahre tot. Die Waffen waren gewollt nie schußfähig und dienten lediglich als Dekorationsstücke oder Requisiten für photographische Aufnahmen. Es sind Bilder von Karl May mit diesen Phantasie-Waffen erhalten, die sich heute im Karl-May-Museum Radebeul befinden. Karl May durfte wegen seiner Vorstrafen weder schußfähige Waffen noch Munition besitzen.

[Bearbeiten] Büchsenmacher heute: Ulrich Sczesny aus Glaubitz und Robert Hoffmann aus Stiebitz

Eine Berufsfachschule für Büchsenmacher und Graveure für die Region existiert in Suhl.

In der Regel beschränken sich die wenigen Büchsenmacher im Raum Dresden auf den Verkauf von Schußwaffen und einige notwendige Reperaturen.

Eine Ausnahme bildet der Glaubitzer historische Büchsenmacher Ulrich Sczesny, der aus gesundheitlichen Gründen sein Handwerk aber nur noch nebenberuflich ausüben kann. Der Büchsenmacher aus dem Landkreis Meißen repariert vor allem alte Waffen. Allerdings findet er keinen Nachfolger, weil es in diesem besonderen Beruf kaum Nachwuchs gibt: "Meine mit so vielen Mühen verbundenen Erkenntnisse und Fertigkeiten werden leider verloren gehen."[6]

So war es im September 2009 nach erst zehn Jahren "endlich mal wieder gelungen, in Suhl einen Lehrgang für den Traditionsberuf zusammenzubekommen." Nur 17 Büchsenmacher aus ganz Deutschland machten ihren Meister, darunter Robert Hoffmann aus Stiebitz (seit 1994 zu Bautzen). Sein Vater Harald Hoffmann war damals mit schon 55 Jahren der einzige Büchsenmachermeister im Landkreis. Die Meisterprüfung war notwendig, damit Robert Hoffmann den Traditionbetrieb in dritter Generation übernehmen konnte.[7]

[Bearbeiten] Literatur

[Bearbeiten] Quellen

[Bearbeiten] Anmerkungen

  1. Hans-Peter Trenschel: Die Würzburger Zunft der Schlosser, Büchsen-, Uhr- und Windenmacher. In: Ulrich Wagner (Hrsg.): Geschichte der Stadt Würzburg. 4 Bände; Band 2: Vom Bauernkrieg 1525 bis zum Übergang an das Königreich Bayern 1814. Theiss, Stuttgart 2004, ISBN 3-8062-1477-8, S. 448–453.
  2. Hubert Ermisch: "Dresden und die Hussitenkriege". In: Mitteilungen des Vereins für Geschichte Dresdens. 28. Heft. Dresden 1920, S. 51.
  3. "Paar Dresdner Steinschloßpistolen vom Büchsenmacher Johann Georg Ertel, 1689 - 1764. Paar voll geschäftete Steinschloßpistolen mit Hornabschloß.Schaft mit leichtem Verschnitt. Schloßplatte mit feinen jagdlichen Gravuren: Reiter im Galopp und Wildsau. Seitlich signiert: “Ertel, Dresden“. Die Hähne mit feinen Gravuren von Rosetten und Blattwerk. Der Lauf von Rund in 16- fach gekantet übergehend. Zündlöcher mit Goldkern ausgefüttert. Länge: 49,5 cm. Läufe signiert: “Lazarino Cominazo“. Webseite der Kunstauktion Hampel.
  4. "Steinschlosspistole / Paar Steinschlosspistolen - Piraube, Bertrand - Büchsenmacher - Paris. 1690. Lauf Eisen blank, geschnitten, graviert, teils goldtauschiert; Schloss Eisen, geschnitten, graviert, punziert, teils vergoldet, Feuerstein; Schäftung Nussbaumwurzelholz, verschnitten, Einlagen Silber; Montierung Eisen geschnitten, graviert, punziert, teils vergoldet; Ladestock Holz, Eisen vergoldet. Gesamtlänge 52,7 cm Lauf 35,75 cm Laufinnendurchmesser 15,5 mm Gewicht 1213 g. Rüstkammer InventarnummerJ 1419. Die Pistole gehört zu einem Paar (J 1419, J 1420). Die Pistolen zeichnen sich durch die vorzügliche Qualität der in Eisen geschnittenen Reliefs aus. Lauf, Schlossplatte und Beschläge zeigen vor vergoldetem Grund zwischen Rankenwerk antike Reiterfiguren, die Figuren des Mars und der Minerva sowie Krieger, Büsten, Kriegstrophäen, Masken und Putten. Die ovale Daumenplatte ist mit der französischen Königskrone und dem Porträt König Ludwigs XIV. von Frankreich geziert. Bertrand Piraube zählt zu den bedeutendsten Büchsenmachern Frankreichs. Seine Waffen sind von höchster Qualität und in fast allen königlichen und größeren fürstlichen Sammlungen zu finden Die reichdekorierten Steinschlosspistolen waren Teil eines Geschenkes, das König Ludwig XIV. von Frankreich dem sächsischen Kurfürsten und polnischen König Friedrich August I. im Jahre 1715 sandte. Das Geschenk bestand aus sechs gesattelten und aufgezäumten spanischen Hengsten. Zu den überaus kostbaren Sätteln gehörte jeweils ein ebenso kostbares Paar Pistolen." Webseite der skd.
  5. "Die von der Büchsenmacher- und Schlosser-Innung allhier wider den Hof-Büchsenmacher Johann Joseph Futter wegen Aushängung eines Handwerkerzeichens angebrachte Beschwerde betreffend. Nota bene: Weil er als ein Katholik das Bürger- und Meisterrecht nicht genießen könne." Stadtarchiv Dresden, Signatur: 2.1.3-C.XIX.15 (ab 1770).
  6. "Preußische Zündnadelbüchse, französische Steinschlossmuskete, Spencerkarabiner – beim Büchsenmachermeister Ulrich Sczesny aus Glaubitz findet sich ein breites Spektrum historischer Waffen. Für den Laien tut sich dort ein verwirrendes Universum an Begriffen und Bezeichnungen auf. Da gibt es glatte Läufe und gezogene, Vorderlader und Hinterlader, Perkussionsschlösser und Zündnadelgewehre. ... Die Leidenschaft des 59-Jährigen gehört historischen Waffen, wie sie bis 1945 verwendet wurden. Auf diesem Gebiet ist er ein ausgewiesener Spezialist. „Halte ich eine historische Waffe in den Händen, ist es für mich jedes Mal eine kleine Zeitreise“, erzählt der Büchsenmacher. Der Gedanke, dass eine solche Handwerksarbeit die Lebenszeit seines Herstellers überdauert, fasziniert ihn: „Ich möchte etwas schaffen, das bleibt.“ Im Unterschied zu modernen Waffen erfordert das Schießen mit alten Gewehren oder Pistolen wesentlich mehr Ruhe und Zeit. Allein der Ladevorgang dauert. Und es kann nur ein Schuss auf einmal abgegeben werden. Aber eben darin liegt für Ulrich Sczesny auch der Reiz: „Wer sich für alte Waffen interessiert, liebt das langsame Leben von früher.“ ... Für den Neubau eines historischen Vorderlader-Gewehres veranschlagt er etwa 160 Arbeitsstunden. Da kommen schnell 4 000 bis 5 000 Euro zusammen. Kunden für solch teure Gewehre finden sich im Osten kaum. Deshalb repariert Sczesny vor allem alte Waffen. Oft geht es um das Auswechseln der Gewehr- und Pistolenläufe. Seine Kunden kommen hauptsächlich aus Schützenvereinen." In: "Von Waffen fasziniert. Ulrich Sczesny ist einer der letzten Büchsenmacher in der Region. Auch sein Werdegang ist alles andere als gewöhnlich." Sächsische Zeitung vom 26.Januar 2016.
  7. "Mich fasziniert der Beruf – hier steht man nicht am Fließband, sondern macht jeden Tag etwas anderes." Mal steht ein Luftgewehr zur Reparatur an, mal muss ein Zielfernrohr montiert oder ein Kunde über die neuesten Entwicklungen auf dem Markt beraten werden. Dabei muss in der Werkstatt jeder Handgriff millimetergenau sitzen. Schließlich entsteht bei einem einzelnen Schuss ein Druck von bis zu 5000Bar – ein Autoreifen, zum Vergleich, hat um die drei Bar. Da darf es keine Ungenauigkeit bei der Montage geben. Schließlich halten Jäger oder Sportschützen die Waffe beim Schuss direkt vor ihrem Gesicht." In: "Generationswechsel beim Büchsenmacher. Eine ganze Galerie von Feilen, zwei Schraubstöcke, ein Amboss: Der Arbeitsplatz von Robert Hoffmann sieht ganz nach handwerklicher Arbeit aus. Doch momentan muss sich der 26-Jährige auch noch mit Büchern voller Formeln beschäftigen." Sächsische Zeitung vom 5. Februar 2010.
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