Reichsabtei Hersfeld

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Die Reichsabtei Hersfeld war seit ihrer Gründung im Jahr 769 in der Mission aktiv, nach 782 im militärisch eroberten Altsachsen, nach 805/806 in der fränkischen Sorbenmark und nach 928/965 auch in den unterworfenen sächsischen Markengebieten.


Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Reichsversammlung 782

[Bearbeiten] Erste Teilung Sachsens: Reichsversammlung 777 in der Pfalz "Urbs Karoli" (Paderborn)

Im Jahr 776 fanden erste Taufen von Sachsen statt und Karl ließ im heutigen Paderborn die Pfalz Paderborn erbauen, die zu dem Zeitpunkt noch den Namen Urbs Karoli trug.

Im Jahr 777 fand bei der Pfalz ein erster Reichstag und eine Reichssynode auf dem Boden Sachsens statt. Auf der Versammlung wurden weitere Taufen vollzogen. Auch die Salvatorkirche soll geweiht worden sein. Dort war eine erste Kanonikergemeinschaft im sächsischen Raum angesiedelt.

Die Versammlung, an der Wilchar von Mentana, der höchste Würdenträger der fränkischen Kirche, und auch Abt Fulrad teilnahmen, stand im Zeichen der christlichen Mission in Sachsen. Das sächsische Gebiet wurde für die christliche Missionierung in verschiedene Sprengel eingeteilt. Zuständig waren:

Die kirchliche Organisation ging damit der weltlichen (etwa in Form der Grafschaftsverfassung) voran.

Während der Abwesenheit vonKarl dem Großen zeigte sich, dass die Sachsen keineswegs geschlagen waren. Vielmehr zerstörten sie unter der Führung Widukinds die Pfalz und Stadt Urbs Karolina. Die Eroberung und die Christianisierung Sachsens erhielten einen schweren Rückschlag.

Auf längere Sicht erwiesen sich die Beschlüsse aber als bedeutend. Aus den meisten Missionssprengeln gingen später Bistümer hervor (nur die Kölner Erzbischöfe zogen es vor, den ihnen unterstellten Bereich direkt zu verwalten).

[Bearbeiten] Reichsversammlung 782 bei den Lippequellen

Auf dem Reichsversammlung 782 (auch Reichstag Lippspringe oder zu Paderborn) wurde unter dem Vorsitz von Karl dem Großen die Missionierung des eroberten sächsischen Gebietes besprochen. Dem Bischof von Chalons sur Marne wurde dabei das Gebiet von Osterwieck und Halberstadt als Missionsgebiet übertragen, während dem Abt von Hersfeld das Mansfelder und Quedlinburger Gebiet anvertraut wird.[2]

Dietbald war ein Mönch der Reichsabtei Hersfeld, der nach dem Sorbenfeldzug Karls des Großen 805/806 um das Jahr 810 von Richulf, dem Erzbischof von Mainz und in Personalunion Abt von Hersfeld, nach Nisan geschickt wurde, um die Ansprüche des Erzbistums Mainz gegen die Ansprüche des Erzbistums Salzburg in dieser Region zu untermauern.

Dietbald errichtete eine Klause in der später nach ihm benannten Dippoldiswalder Heide und begann von dort aus mit einer Missionsarbeit. Sein größter Erfolg war die Missionierung von Gněval dem Älteren von Dohna, der sich 845 zusammen mit 13 weiteren böhmischen Fürsten in Regensburg (dem damaligen Sitz von Ludwig dem Deutschen) taufen ließ.

Ab 862/863 entstand durch die byzantinische Mission in Altmähren, dem späteren Großmährischen Reich, die Sorbisch-orthodoxe Kirche, die statt in altsächsischer in slawischer Sprache missioniert. Die damalige noch einheitliche slawische Sprache wird heute deswegen als Kirchenslawisch bezeichnet.

Mönche und Mönchspriester der Reichsabtei Hersfeld übernahmen im Jahr 965 im Schutz der im gleichen Jahr von den Deutschen wieder besetzten Burg Meißen die römisch-katholische Mission in den Gauen Daleminzi (Glomaci), Nisan (heute: der Raum Dresden) und Milsca (die Oberlausitz um Bautzen).

Reinhard Spehr vermutet bereits zu 932/935 ein "hersfeldischen Johanniskloster auf der Burg Meißen, eine der ältesten Missionstationen und Vorgängerinstitution des Bistums".[3]

Die Arbeit der Hersfelder Missionare in Nisan und Daleminzien wurde dadurch erheblich erleichtert, daß Elbsorben, die sich römisch-katholisch taufen ließen, bei der deutschen Landreform bevorzugt worden. Der Hunger war "eine wunderbare Gelegenheit"[4], die Elbsorben in Daleminzien und Nisan im Schutz der militärischen Kolonisation zwangsweise zu missionieren. Allerdings brach dieses System bereits in den 980er Jahren wieder zusammen, als die Deutschen die militärische Kontrolle über Nisan und zeitweise auch über Daleminzien wieder verloren. Die Neugetauften kehrten sofort wieder zu ihrem orthodoxen Glauben zurück. Auch viele "Reischristen" blieben nur so lange bei ihrem neuen Glauben, wie sie Nahrungsmittel brauchten.

Die Hersfelder Mönche begannen sofort mit einer Zehntsammlung bei den neu Getauften, was auf Widerstände stieß. Auch ihre Praxis, orthodoxe Christen erneut zu taufen, wurde Anlaß zu heftiger Kritik.

In der Zeit der Gründung des Bistums Meißen ab 968 verfügte die Reichsabtei Hersfeld infolge ihrer Mission über einträglichen Besitz in Nisan und Daleminzien (Glomaci), der in Nisan allerdings sehr schnell wieder verlorenging, noch bevor sich eine kirchliche Struktur hätte entwickeln können. Zudem lag dieser Besitz in Nisan oft in dem westlichsten Teil des Gaues jenseits des frühgeschichtlichen Flaschenhalses ohne Besiedlung, also im direkten Schutz der Burg Meißen (der Elbtalkessel um Dresden war von der Region um Meißen durch frühgeschichtliche Wälder und frühgeschichtliche Rodungsflächen voneinander getrennt). Hier hatten sich durch den Expansionsdruck der böhmischen Herzöge die böhmischen Niederlande (Nisan) um 900 bis in das Gebiet der Daleminzier vorgeschoben. Sogar die direkte Umgebung von Meißen wurde um diese Zeit Nisan zugerechnet. Die Gründung der Burg Meissen im Jahr 929 unterbrach diese Entwicklung nur kurz. Diese ging bereits 936 wieder an die Böhmen verloren. Erst 965 besetzten die Deutschen die Burg wieder.

971 schenkte Kaiser Otto I. dem Bistum Meißen den Zehnt im Gau Nisan, welcher bis dahin der Reichsabtei Hersfeld zugestanden hatte (nach den negativen Erfahrungen mit dem Zehnteintrieben durch Hersfeld wurde nur der Slawenzehnt gefordert, ein im Vergleich zum Altsiedelland westlich der Elbe-Saale-Linie erheblich reduzierter Zehnt). Zum Ausgleich beschenkte Otto I. die Reichsabtei mit mehreren Dörfern in Nisan. Schon in den 980er Jahren brach das Reichskirchensystem um Meißen wieder zusammen. Die Burg Meißen wurde mit Hilfe des Bayernherzoges Heinrich des Zänkers von den Böhmen besetzt, der deutsche Bischof wurde vertrieben. Auch nach dessen Rückkehr blieb der Elbtalkessel in böhmischer Hand. Der böhmische Herzog verzichtete allerdings auf die Erweiterungen Nisans westlich des damaligen Besiedlungsriegels. So kam auch in Niseni Brochotina (Brockwitz im Gau Nisan) wieder in die Hand des deutschen Königs und konnte von diesem im Jahr 1013 an das Bistum Meißen als Ausgleich für die Kriegsverwüstungen durch den polnischen König vergeben werden.

1091 vertrieb Wiprecht von Groitzsch nach der Gründung seines Hausklosters Pegau die Hirsauer Mönche in Nisan und Budusin (auch: Budussin) = Bautzen. Kloster Pegau spielte eine bedeutende Rolle bei seinem machtpolitischem Kalkül, einen Flächenstaat im Osten des Reiches zu schaffen, bei dem auch Nisan und Budusin mit einbezogen werden sollten (durch seine Heirat mit Prinzessin Judith (Jutta), Vratislavs Tochter, im Jahr 1085 erhielt Wiprecht Budissin = die Oberlausitz und Nisan und erbte weitere Güter in Thüringen - Wiprecht förderte seitdem wie in allen seinen Herrschaftsgebieten die Einwanderung deutscher Bauern nach Budisin und Nisan, aber auch den Kirchenbau. Kloster Pegau wird deswegen Ausgangspunkt eines intensiven Landesausbaues, Zentrum kirchlicher Kunst und Bildung und einer weit nach Osten strahlenden Christianisierung.

Wiprecht als Vasall und Schwiegersohn des böhmischen Herzogs übernahm sowohl im Kloster Pegau als auch anschließend in Bresnice (Briesnitz) im Gau Nisan Elemente böhmischer Architektur, die sich an östliche Kirchenbauten orientierte. Da er selbst zweisprachig war (aus slawischem Hause), tolerierte er auch den kirchenslawischen Gottesdienst in seinen sorbischen Gebieten - auch noch, nachdem in Böhmen 1096 eine Verfolgung alles Kirchenslawischen einsetzte (vgl. Kloster Sázava. Die Ära des Wiprecht von Groitzsch gehört deswegen zu den tolerantesten Zeiten der Fremdherrschaft über die Nisaner. Die Belege hierüber sind nur spärlich, weil es keine sorbischen Märtyrerakten aus der Zeit gibt.

In den 1120er Jahren trat das Kloster Posa (heute zu Zeitz) in die alten Rechte der Reichsabtei Hersfeld ein. Hierbei war entscheidend, daß Kloster Posa von Mönchen der Hirsauer Reform aufgebaut wurde, während die Reichsabtei Hersfeld auf Seiten des Königs Heinrich IV. (König 1053/1056 bis1105) stand und sich gegenüber den Klosterreformen von Cluny und Hirsau ablehnend verhielt.

In dieser Zeit erreichten die Auseinandersetzungen im Kampf um die Durchsetzung des Lateinischen Ritus bei den Elbsorben einen Höhepunkt, eine erneute Christenverfolgung durch die Lateiner setzt ein. Am 24. September 1123 wurde Bischof Dietrich (ein Angehöriger der Reginbodonen) von dem slawischen Laienbruder Benno am Altar niedergestochen und starb drei Tage später an seinen Verletzungen. Er hatte die Kolonisation der Elbsorben durch die Unterstützung der Benediktinerklöster Bosau (Posa) und Riesa vorangetrieben, 1114 das Kollegiatstift in Wurzen geweiht, 1118 die Kirche in Osterweih (dem Ursprungsort von Zwickau) und 1122 die Kirche in Plauen. Überall bekämpfte er den Kirchenslawischen Ritus und dessen Vertreter bis hin zu Vertreibung und sogar Mord. Durch die Entweihung des Hauptaltars in Bosau (Posa) wurde eine erneute Weihe nötig, die im September 1124 durch den Erzbischof von Magdeburg Rudgar von Veltheim und die Bischöfe Richwin von Zeitz-Naumburg und Arnold von Merseburg vorgenommen wurde.

[Bearbeiten] Anmerkungen

  1. Die Frühgeschichte Barnstorfs. Vortrag, gehalten auf Einladung des Heimatvereins Barnstorf im Meyer-Köster-Haus am 22. März 2006 von Professor Dr. Bernd Hucker.
  2. Neueren Forschungen zufolge beruht dieser Gründungsmythos auf den Gesta episcoporum Halberstadensium, deren Stufe „H“ während der letzten Jahre des Episkopats Bischof Hildewards verfasst wurde. Als Verfasser wird ein Hildeward naher Geistlicher angenommen, wobei es Indizien gibt, dass der Bischof möglicherweise selbst Anteil an den Chroniken hatte. Aus der Textanalyse geht hervor, dass die Darstellung des 10. Jahrhunderts auf den mündlich tradierten Erinnerungen der Bischöfe beruht, während es für das 8. und 9. Jahrhundert keine Überlieferungen gab und der Verfasser die Chronik ausschmückte, um die Bedeutung des Bistums Halberstadt zu überhöhen. - vgl. Christof Römer: Anfang in Halberstadt, nicht in Osterwieck. Zur Erfindung einer Gründungsgeschichte eines Bistums. Hrsg.: Bernd Feicke, Jörg Brückner (= Harz-Zeitschrift. 67. Jahrgang = 148. Jahrgang der Zeitschrift des Harzvereins für Geschichte und Altertumskunde). Lukas, Berlin/Wernigerode 2015, ISBN 978-3-86732-222-5, S. 13–26.
  3. nach 1291: Im 13. Jahrhundert erheben sowohl die Reichsabtei Hersfeld, als auch der Bischof von Meißen in gleicher Weise den Anspruch auf lehnsrechtliche Oberherrschaft über Nisan. Diese Forderungen stehen im Zusammenhang mit der Entwicklung eines "Hersfelder Eigen" in der Oberlausitz ab dem Jahr 1291. Vgl. Ich vermute, daß die königlichen Einkünfte aus dem Gau Nisan, also der fiskalische Zehnte, schon von König Heinrich I. 932/35 zur Ausstattung des hersfeldischen Johannisklosters auf der Burg Meißen, einer der ältesten Missionstationen und Vorgängerinstitution des Bistums verwandt wurden. Diese Zehntrechte scheinen 968 oder wenig später von der Bischofskirche übernommen worden zu sein, doch erheben im 13. Jahrhundert sowohl das Kloster Hersfeld, als auch der Bischof in gleicher Weise den Anspruch auf lehnsrechtliche Oberherrschaft, die inzwischen territorial verstanden wurde. In: Reinhard Spehr, Herbert Boswank: Dresden: Stadtgründung im Dunkel der Geschichte, Verlag D. J. M., Dresden 2000, ISBN 3-9803091-1-8, S. 174.
  4. Der im Schutz der Imperial British East Africa Company wirkende anglikanische Missionar Bangert von der Missionsstation Kangundo sah im Rückblick die Hungersnot in Zentralkenia (1899) als „eine wunderbare Gelegenheit, das Evangelium in die Herzen dieser Menschen zu bringen“." - Zitiert nach Ambler, Kenyan Communities, S. 148–149: „A marvelous opportunity for … getting the gospel into the hearts of these people“.
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