Billendorfer Kultur

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Die früh-eisenzeitliche und protoslawische Billendorfer Kultur (7. und 6. Jahrhundert v. Chr.) war die Endstufe der bronzezeitlichen und ebenfalls protoslawischen Lausitzer Kultur (seit 1400 v. Chr. / 1300 v. Chr. - [nach Meinung polnischer Historiker seit 1700 v. Chr.]). Der Dresdner Elbtalkessel gehörte damals zur Billendorfer Kultur, die zu Beginn des 5. Jahrhunderts nachweislich an zahlreichen Kontaktfundstellen mit der aus dem nordsächsischen Elbegebiet einwandernden protogermanischen Jastorf-Kultur verschmolz.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Chronologie

Um 800 v. Chr. setzte eine Klimaverschlechterung ein und hatte Einfluss auf die Platzwahl für offene Siedlungen. Diese verschwanden aus den höheren Lagen und finden sich nur noch in tiefer gelegenen Regionen. Durch den Rückzug der Siedlungen in tiefere Lagen werden einige Gräberfelder aufgegeben und andere verstärkt aufgesucht. Neu sind so genannte Ofenmodelle in den Gräbern, die als Nachbildung realer Öfen interpretiert werden und auf eine klimatische Kälteperiode hindeuten. Die Keramik weist eine geringere Formenvielfalt auf und ist bis auf die Urnen nachlässiger gearbeitet. An die Stelle der großen Gefäße treten nun immer häufiger miniaturisierte Ausgaben. Im Fundmaterial lässt zudem der Anteil an Metallfunden merklich nach und die Wallanlagen werden nach und nach aufgegeben.

Das Landesmuseum für Vorgeschichte (Halle (Saale)) setzt die Billendorfer Zeit auf "ca. 750-450 v. Chr." fest, läßt aber dazu im Widerspruch die "Ältere vorrömische Eisenzeit" bereits 480 v. Chr. enden.[1] Das Museum der Westlausitz Kamenz setzt die Billendorfer Kultur auf die Zeit "Mitte des 7. Jahrhunderts"[2] bis "um 500 v. Chr."[3] fest. Da die Westlausitz der Region Dresden wesentlich näher liegt, dürfte diese Chronologie den Fundplätzen im Elbtalkessel eher entsprechen.

[Bearbeiten] Siedlungen und Burgwälle im Raum Dresden

Während der Billendorfer Kultur gab es im Raum Dresden eine bedeutende Siedlung in Stetzsch (nach 1900 ausgegrabener Begräbnisplatz Am Urnenfeld[4]) sowie die Burgwälle Heidenschanze (Coschütz) und Böhmerwall (Niederwartha).

Eine weitere Siedlung lag entlang der langgezogenen strombegleitenden Begräbnisstätte an der Übigauer Flussschleife (Mäander). Diese Begräbnisstätte wurde schon in der Spätbronzezeit der Lausitzer Kultur von den protoslawischen Siedlern angelegt. Der Siedlungs- und Wirtschaftsbereich lag atypisch (nicht hochwassersicher) am Übergang zur eigentlichen Flussaue - zwischen der Begräbnisstätte und der Elbe. Der Bereich der Toten (Ahnen) wurde wichtiger als die eigentliche Siedlung erachtet.

Mit den Begräbnisplätzen waren Kultplätze verbunden, an denen auch die Ahnen verehrt wurden.

[Bearbeiten] Siedlungen und Burgwälle in der Oberlausitz

Ein bedeutendes Zentrum der Billendorfer Kultur lag in der Oberlausitz. Hier standen stets an Gewässern und oft landschaftlich geschützt die Burgwälle:

Der Schanze Ostro kam später eine besondere Bedeutung zu:

Die großen Urnengräberfelder, wie das bei Bautzen, lagen meist in der nahen Umgebung von Kultplätzen. Gräberfelder wurden ausgegraben:

[Bearbeiten] Kontaktfundstellen mit der Jastorf-Kultur im Raum Dresden

Die protogermanische Jastorf-Kultur überprägte in der Folgezeit im 5. Jahrhundert v. Chr. die bis dahin im Raum Dresden vorherrschende protoslawische Billendorfer Kultur.

Es fand eine Verschmelzung mit der örtlichen Bevölkerung statt. Im Dresdner Raum gibt es bislang bereits eine ganze Reihe von Kontaktfundstellen der Jastorfer und der Billendorfer Kultur, so in:

[Bearbeiten] Nachverwendung der protoslawischen Struktur in Nisan während der Slawenzeit

Durch die Nisaner wurde die Heidenschanze in Coschütz wieder als Slawischer Burgwall bewohnbar gemacht.

Der langgezogene strombegleitende Begräbnisplatz an der Übigauer Flussschleife wurde als Heiliger Hain (Flüsterhain) angesehen und gezielt mit Birken kultiviert.

Von den Nisanern wurden alle bisher nachgewiesenen Ortschaften der Billendorfer Kultur erneut besiedelt.

Der Böhmerwall in Niederwartha wurde durch die Böhmen nachgenutzt. Als ab 1076 der Konflikt zwischen dem Herzog von Böhmen als Markgraf von Meißen und dem damals als Markgraf abgesetzten Egbert II. um die Markgrafschaft Meißen ausbracht, bauten die Böhmen am Ende des 11. Jahrhunderts den vorgeschichtlichen "Böhmerwall" zu einer Burganlage nach damaligen modernsten militärischen Anforderungen um.

[Bearbeiten] Weblinks

[Bearbeiten] Anmerkungen

  1. "Landesmuseum für Vorgeschichte Halle. Billendorfer Kultur (ca. 750-450 v. Chr.) ... Diese Sammlung ist Teil von Ältere vorrömische Eisenzeit (750–480 v. Chr.)"(abgerufen am 1. Mai 2024).
  2. "Seit Mitte des 7. Jahrhunderts bilden sich im Gebiet der Lausitzer Kultur größere regionale Unterschiede und Besonderheiten bei Grabanlagen und Keramikformen heraus. Die Lausitzer Kultur „zerfällt“ in einzelne Gruppen. In Ostsachsen und den nördlich und östlich angrenzenden Gebieten entwickelt sich aus der bronzezeitlichen Lausitzer Kultur ohne gravierende Veränderungen die Billendorfer Gruppe." In: "Lausitzer Kultur auf der Webseite des Museums der Westlausitz Kamenz (abgerufen am 1. Mai 2024).
  3. "Während um 500 v. Chr. die meisten früheisenzeitlichen Gruppen der Lausitzer Kultur langsam in den germanischen Kulturen aufgehen, bricht in der Oberlausitz jegliche Besiedlung ab, und die Gräberfelder werden nicht mehr genutzt. " In: "Lausitzer Kultur auf der Webseite des Museums der Westlausitz Kamenz (abgerufen am 1. Mai 2024).
  4. "Das Gebiet um den heutigen Stadtteil Stetzsch war bereits in der Ur- und Frühgeschichte besiedelt und gehört zu den ältesten Siedlungsräumen im Dresdner Elbtal. Bedeutende Funde wurden nach 1900 an der Flurgrenze zu Mobschatz gemacht, woran noch der Straßenname Am Urnenfeld erinnert." In: "Stetzsch". auf dresdner-stadtteile.de (archivierte Version).
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