Benno von Meißen

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St. Benno
Hochgrab im Meißner Dom, um 1270, zur Zeit der Reformation zerstört
St. Benno vor dem Stadtbild von München
Bischofsstäbe im Stadtwappen von Bischofswerda, das der Legende nach von Benno 1076 zur Stadt erhoben wurde, während er das meißnische Land missionierte[1]

Benno von Meißen (* um 1010 in Hildesheim; † 16. Juni 1106 in Meißen) war von 1066 bis zu seinem Tod Bischof von Meißen. Er wird von der katholischen Kirche als Heiliger verehrt. Viele biografische Angaben in der Literatur sind nicht völlig gesichert.

[Bearbeiten] Leben und Wirken

Benno war der zweite Sohn des niedersächsischen Adligen Friedrich Graf von Bultenberg und dessen Frau Bezela (gestorben im Burgward Göda bei Bautzen).[2] Schon vor seinem fünften Geburtstag wurde er dem heiligen Bernward, einem Verwandten, zur Erziehung übergeben. Um 1028 trat er als Mönch in das Benediktinerkloster St. Michael in Hildesheim ein, wo Benno 1040 zum Priester geweiht wurde. 1042 wurde er Abt, legte diese Stelle jedoch bereits nach drei Monaten nieder. Kaiser Heinrich III. machte Benno 1049 zum Stiftsherrn in Goslar, wo der Propst, der spätere Erzbischof Anno von Köln, sein Freund wurde.

Im Jahre 1066 wurde Benno von König Heinrich IV., der in Goslar eine bedeutende Pfalz besaß, zum Bischof von Meißen erhoben. Er soll hier 40 Jahre lang durch Missionen und Gründung von Kirchen und Klöstern entscheidend zur Christianisierung der slawischen Bevölkerung beigetragen haben. Wichtige Stützpunkte seiner Missionen waren Bautzen, Göda und Briesnitz. 1071 soll er die Urkunde zur Ersterwähnung von Cossebaude ausgestellt haben[3], was heute aber angezweifelt wird.

Im Investiturstreit, einem Kampf zwischen weltlicher (Kaiser, König) und geistlicher Macht (Papst), bei dem es im Kern um das Recht Bischöfe einzusetzen ging, ergriff Benno zunächst nur vorsichtig Partei für den Papst. König Heinrich IV. ließ ihn 1075 trotzdem einkerkern, nur, weil ihn Benno nicht im Krieg gegen die abtrünnigen niedersächsischen Fürsten unterstützen wollten, die auf Seiten der Papstkirche standen. Freigelassen zog Benno nicht nach Worms, wo deutsche Bischöfe im Sinne des Königs Papst Gregor VII. absetzten, sondern zu jenem nach Rom, wo er 1076 der Synode beiwohnte, als der Papst den König exkommunizierte, was jenen im Jahr darauf zum "Gang nach Canossa" zwang. Aus Dankbarkeit für die Freilassung verstärkte der Bischof seine Missionars-Tätigkeit. 1076 soll er in Bischofswerda eine Kirche gebaut und den Ort zur Stadt erhoben haben.[4]

Benno wurde 1085 seines Bistums enthoben, wobei vor allem der Einfluss des Böhmen Vratislav als damaligem Markgrafen von Meißen auf Heinrich eine Rolle spielte. Durch Vermittlung von Papst Clemens III. erhielt es sein Bistum 1087 zurück.

Nach seinem Tod wurde Benno im Meißner Dom beigesetzt.

[Bearbeiten] Heiligsprechung

Hieronymus Emser, Geheimschreiber und Kaplan im Dienste von Herzog Georg dem Bärtigen, bemühte sich in dessen Auftrag intensiv um die Heiligsprechung von Benno. Um Nachrichten über ihn zu sammeln, unternahm Emser Reisen durch Sachsen und Böhmen. 1510 begab er sich sogar nach Rom, um dort persönlich die Heiligsprechung zu betreiben, konnte aber damals noch nichts erreichen. Emser verfasste in den Folgejahren Biografien Bennos in lateinischer bzw. deutscher Sprache.[5]

Die Heiligsprechung erfolgte schließlich 1523 durch Papst Hadrian VI. Dieser Papst wurde 1459 als Adriaan Floriszoon (Florenszoon) Boeyens in Utrecht, in den Burgundischen Niederlanden, geboren. Er hatte Niederländisch als Muttersprache und war somit der einzige Papst aus dem Heiligen Römischen Reich (deutscher Nation) zwischen den fünf Reformpäpsten (1046 bis 1058) und dem Ende desselben (1806). Er regierte nur 1522 und 1523. Ohne diesen Zufall eines einzigen Papstes aus dem Heiligen Römischen Reich (deutscher Nation) innerhalb von fast acht Jahrhunderten hätte es damals auch keine Heiligsprechung des sehr fragwürdigen Bischofs Benno von Meißen gegeben. Hadrian VI. paßte diese Heiligsprechung in sein römisches Konzept, um dort die Präsenz seiner Heimat zu stärken. Er überlebte diesen Akt aber nur wenige Monate und starb bereits am 14. September 1523 mit 64 Jahren.

Luther interpretierte die Heiligsprechung als Versuch, die sich ausbreitende Reformation einzudämmen, und schrieb 1524 »Wider den neuen Abgott und alten Teufel, der zu Meissen soll erhoben werden«.[6] Auch die altsorbische Hagiographie beschreibt Bischof Benno als den Widersacher, der die Rechtgläubigen verfolgte, um die römisch-katholische Obödienz und Alleinherrschaft mit grausamsten Mitteln durchzusetzten. Bischof Benno nahm in seinen Methoden das Instrument der römisch-katholischen Inquisition vom Anfang des 13. Jahrhunderts bis zu ihrem weitgehenden Verschwinden Ende des 18. Jahrhunderts schon voraus. Der Zweck heiligte die Mittel. Demzufolge wurde Bischof Benno trotz aller seiner Gräueltaten heiliggesprochen. Auch die Heilige Ritenkongregation des Vatikan hat ab 1588 zahlreiche Inquisitoren zu Heilige erklärt. Selbst ein Dominikus, der Gründer der Dominikaner, folgte der Armee des Albigenserkreuzzuges (1209 bis 1229), durch den Okzitanien (das südliche Drittel Frankreichs) mit seiner bis dahin eigenständigen Kultur in das Königreich Frankreich eingegliedert wurde. Auch Bischof Benno ging es nur um die Eingliederung des bis dahin sorbisch geprägten Gebiets der Mark Meißen in das Heilige Römische Reich. Das angeblich religiöse Motiv war nur vorgeschoben, weil es schon beim Eintreffen von König Heinrich I. (der Vogeler) bei den südlichen Elbslawen eine durch das kirchenslawische Böhmen etwa 880 bis 885 eingeführte Kirchenorganisation gab. 929 zerstörte Heinrich der Vogeler mit der Burg Gana (die Hauptburg der Daleminzier) auch die Kirche Gana und tötete alle Erwachsenen, die Kinder wurden als Beute verteilt.[7] Beim Wendenkreuzzug von 1147 wollte ein Kreuzfahrerheer das ebenfalls bereits Jahrzehnte zuvor christianisierte Stettin erobern. Nur weil es unter den deutschen Rittern zu hohen Verlusten gekommen war, einigte man sich auf einen Frieden. Bekanntestes Beispiel des vorgeschobenen religiösen Grundes ist sicher die Eroberung des altchristlichen Konstantinopel (1204) durch ein Heer des Vierten Kreuzzuges, woduch das byzantinische Reich zwischen der Republik Venedig und den Anführern des Kreuzzugs aufgeteilt und das Lateinische Kaiserreich gegründet wurde. Auch Bischof Benno ging es nur darum, ein möglichst großes "Lateinisches Reich" in den slawischen Gebieten zu errichten. Die römisch-katholische ("lateinische") Geschichtsschreibung ist insbesondere zu Bischof Benno bis heute koloniale Geschichtsschreibung.

Die Erhebungsfeier für Bischof Benno fand 1524 statt. Benno wurde die Bennokapelle im Nordosten des Schiffs der römischen Kirche Santa Maria dell’Anima gewidmet. Auch der Erzbischof von Magdeburg, Albrecht von Brandenburg, ein großer Luthergegner, ließ zur gleichen Zeit in dieser Kirche eine Kapelle für die Markgrafen von Brandenburg errichten, die aber bereits 1539 die Reformation in Brandenburg einführten (vier Jahre, bevor die Frescen von Francesco Salviati in dieser Kapelle fertiggestellt wurden; da der Magdeburger Erzbischof erst 1545 starb, mußte er dieses Debakel noch miterleben).[8]

Santa Maria dell’Anima war die katholische Nationalkirche für die Einwohner des Heiligen Römischen Reiches. Der Bau dieser Kirche (neben einem Vorgängerbaus von 1431 bis 1433) war um 1523 beendet. Der Grundstein wurde bereits im achten Heiligen Jahr (Jubeljahr), dem Jahr 1500, durch Matthias Scheidt, Fürstbischof von Seckau und Gesandten Kaiser Maximilians I., gelegt. Kaiser Maximilian I. (gest. 12. Januar 1519) erlebte die Fertigstellung aber nicht mehr. Er hatte den Bau aber vorsorglich auf dem Reichstag zu Augsburg von 1518 unter den besonderen Schutz des Reiches genommen und für reichsunmittelbar erklärt (auf demselben Reichstag verweigerte Martin Luther den Widerruf seiner 95 Thesen von 1517, worauf er fliehen mußte).[9] Auch für den am 14. September 1523 verstorbenen Papst Hadrian VI. kam die Fertigstellung zu spät. Er wurde erst 1533 hierher überführt[10], die Gesamtweihe des Baus sogar erst am 25. November 1542 durchgeführt. Hier hatte die Sacco di Roma in den Wochen nach dem 6. Mai 1527, die Eroberung und Plünderung Roms durch deutsche, spanische und italienische Söldner Kaiser Karls V., zu erheblichen Verzögerungen geführt. Die Soldateska des römisch-deutschen Kaisers achtete noch nicht einmal die katholische Nationalkirche für die Einwohner des Heiligen Römischen Reiches: „[D]rei der Anima-Häuser werden zerstört, in der Kirche gehen nahezu alle liturgischen Geräte und Paramente verloren.“[11]

[Bearbeiten] Verehrung

In der Hofkirche, der heutigen Kathedrale des Bistums Dresden-Meißen, erinnert die Benno-Kapelle an das Wirken und die Himmelfahrt des heiligen Benno. Stefano Torelli schuf das Altargemälde »Predigt des heiligen Benno« und Lorenzo Mattielli eine Statue. In Dresden tragen zudem das St. Benno-Gymnasium und der Bischof-Benno-Weg den Namen des ehemaligen Bischofs von Meißen. In Meißen selbst erinnert das Bennohaus an sein Wirken.[12]

Beim Neubau des Meißner Doms um 1270 veranlasste Bischof Withego I., Bennos Grab zu öffnen und die Gebeine in einer Tumba in der Mitte der Kirche neu zu bestatten. Bennos Reliquien wurden nach der Einführung der Reformation in Sachsen 1539 von Meißen nach Stolpen verbracht. Seit 1576 befinden sie sich in der Frauenkirche in München, wo er als Schutzpatron verehrt wird.[13] Zu seinen Ehren ist der 16. Juni in der Erzdiözese Gedenktag.

[Bearbeiten] Legenden

Um Benno ranken sich viele Sagen[14] und auch Sprichwörter (»Wer auf Benno baut, kriegt viel Flachs und Kraut.«)[15] In Meißen soll Benno den ersten Rebstock gepflanzt haben.[16]

Bennos Attribut ist ein Fisch mit zwei Schlüsseln im Maul. Es geht zurück auf die Investiturstreitigkeiten des Jahres 1076. Anlässlich der Synode in Rom wurde König Heinrich IV. mit einem Kirchenbann belegt. Benno soll bei seiner Abreise von Meißen die Domschlüssel zwei Kanonikern seiner Kirche ausgehändigt haben mit dem Befehl, sie in die Elbe zu werfen, sobald sie erfahren sollten, dass der König mit seinen Mitschuldigen exkommuniziert wäre, damit ihnen der Eingang in dieselbe verwehrt würde. Nach seiner Rückkehr soll Benno die Schlüssel in dem Bauch eines Fisches, der in seine Küche gebracht worden war, gefunden haben.

[Bearbeiten] Quellen

[Bearbeiten] Einzelnachweise

  1. Karl Wilhelm Mittag: Chronik der königl. sächs. Stadt Bischofswerda, 1861
  2. Blessed Bezela of Göda
  3. Cossebaude
  4. Friedrich Bernhard Störzner:Die Stadtkirche zu Bischofswerda, aus: Was die Heimat erzählt. Sagen, geschichtliche Bilder und denkwürdige Begebenheiten aus Sachsen, S. 309-317
  5. Hieronymus Emser: Das heilig leben und legend des seligen Vatters Bennonis weylund Bischoffen tzu Meyssen, Leipzig 1517
  6. Wider den neuwen Abgott vnd allten Teuffel der zu Meyssen sol erhaben werden. Augsburg 1524.
  7. Die Behauptung, Heinrich der Vogeler hätte nur die Männer getötet, ist eine Falschbehauptung der römisch-katholisch dominierten Mittelalter-Geschichtsschreibung. Die zeitgenössischen Quellen schreiben eindeutig davon, daß alle Erwachsenen niedergemacht wurden, die sich in der eroberten Burg Gana befanden. In der Primärquelle der Sachsengeschichte des Widukind von Corvey (geschrieben etwa 960) ist zu lesen: „Die Beute aus der Burg überließ Heinrich I. den Kriegern, alle Erwachsenen wurden niedergemacht, die Knaben und Mädchen behielten ihr Leben für die Gefangenschaft.“ Deutlich schwammiger die Regesta Imperii, die sich auf Widukind beziehen: "Belagerung der stadt der Dalamantier Jahna (amt Oschatz am gleichnamigen flusse, Böttger Diöcesangrenzen 4,218 oder Niederjahna, amt und w. von Meissen, so Sprunner-Menke karte no 37 und Waitz Heinrich I. 3 124 wo auch andere unrichtige deutungen); nach 20 tagen eroberung plünderung tötung und gefangennahme der bewohner. Widukind I, 35" (RI II,1 n. 23d, in: Regesta Imperii Online, URI: http://www.regesta-imperii.de/id/0928-00-00_4_0_2_1_1_70_23d (Abgerufen am 30.11.2023).
  8. Ansicht der vom Erzbischof von Magdeburg, Albrecht von Brandenburg errichteten Kapelle für die Markgrafen von Brandenburg in der römischen Kirche Santa Maria dell’Anima (in Wikimedia Commons).
  9. „In Nostram et Sacri Romani Imperii protectionem tuitionem defensionemque et curam suscepimus et suscipimus.“ (deutsch Wir übernehmen [für die römische Kirche Santa Maria dell’Anima] Schutz, Verteidigung und Fürsorge für uns selbst und das Heilige Römische Reich).
  10. Monument von 1533 für Papst Hadrian VI. (gest. 1523) in der römischen Kirche Santa Maria dell’Anima (in Wikimedia Commons).
  11. Nikitsch: DIO 3. Einleitung: Historisch-chronologischer Überblick.
  12. Bennohaus in Meißen
  13. Der Heilige Benno - Bischof von Meißen, Patron Münchens
  14. Johann Georg Theodor Grässe: Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen. Band 1, Dresden 21874, S. XLII42.
  15. Karl Friedrich Wilhelm Wander (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon, Band 5. Leipzig 1880, Sp. 956-957.
  16. Weinbau im Elbtal, Sächsische Weinstraße, Sächsischer Weinwanderweg

[Bearbeiten] Weblinks

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