Neustädter Huschhalle

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Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Alte Neustädter Huschhalle

Als „Neustädter Huschhalle“ wurde um 1930 das Bier- und Speiselokal Zum Markgraf an der Ecke Markgrafenstraße 46/Louisenstraße bezeichnet.[1] Hier hielten seinerzeit die Straßenbahnlinien Linie 5 und Linie 14.

Dieses Lauflokal verfügte schon sehr zeitig über einen Telephonanschluß (1914: Anschluß Dresden Nummer 12486[2], um 1922/23: Anschluß Dresden Nummer 17786[3]; um 1930: Anschluß Dresden Nummer 57786).

Es gab täglich „Stimmungs- und Unterhaltungsmusik“.

Das Bierlokal mit runden Tischen und Seitenbänken schmückte ein Gemälde mit Mittelalterszenen aus der Oberlausitzer Markgrafenzeit über der Bar, der Speisesaal verfügte über lange, viereckige Tafeln, die ganz im Gegensatz zum Bierlokal mit weißen Tischtüchern versehen waren.

Inhaberin war ab 1929 die Schankwirtin Ida Hedwig Wild[4] [5][6], ihr Mann Rudolf Johannes Wild fungierte als Geschäftsführer.[7] [8] [9]

Das Ehepaar Wild, Namensgeber des Wilden Eck von 1929 bis 1932, betrieb das Lokal zumindest bis 1944. Ab 1933 war der Name Neustädter Huschhaus verpönt, aber im Volksmund weiter verbreitet. Rudolf Wild war 1936 und 1937 Flaschenbiergroßhändler und von 1938 bis 1941 Reichsangestellter. Ab 1942 war er wieder als Geschäftsführer in dem Ecklokal seiner Frau tätig.[10] [11][12][13][14]

[Bearbeiten] Geschichte des Ecklokals

Bereits 1900 hieß das Lokal von Conrad Sperl nach der namensgebenden Markgrafenstraße Zum Markgraf, 1906 gab es Albert Scholtz's Restaurant Zum Markgraf, welches auf einer Postkarte verewigt ist. 1909 hieß das Lokal Zum Markgrafen und wurde unter diesem Namen von dem Ehepaar Heine betrieben.

Das Grundstück Markgrafenstraße 25 ist 1865 noch als Baustelle verzeichnet.[15] 1875 befand sich in dem Ecklokal die Fleischerei Schaufuß (1883 Fleischerei Beyer), in dem Geschäft an der Louisenstraße gab es den Destillateur und Productenhändler Pleyl.[16]

Ab Ostern 1884 nutzte der Kolonialwarenhändler C. Ed. P. Zappe das Ecklokal als Chocoladen= und Zuckerwaarenhandlung und zog nebenan in das Parterre der Markgrafenstraße 26. Er firmierte und logierte zuvor in der Rosenstraße 8 (Wilsdruffer Vorstadt) Parterre und I. Stock.[17] Zu diesem Zeitpunkt wurde die Produktenhandlung von dem Viktualienhändler H. Herm. Fritzsche betrieben, der in der Markgrafenstraße 29 I. Stock wohnte.[18]

1886 wurde das Ecklokal erstmals als Schank- und Speisestube benutzt. 1886 und 1887 war H. Herm. Wagner erster Schänkwirt im Parterre der Markgrafenstraße 25 und wohnte im I. Stock.[19][20]

1888 bis 1891 war die Witwe Christine Wilhelmine Schulze Schänkwirtin des Ecklokals Markgrafenstraße 25.[21][22][23][24]

1892 hatte das Lokal den Inhaber F. W. Mor. Pönitz, 1893 dann O. Cl. Trinks, der im Parterre wohnte[25], 1900 als Inhaber den Schänkwirt Conrad Sperl, der im I. Stock wohnte (neben der Gaststätte gab es das Blumengeschäft von Martha Schlemmer).[26] 1909 und 1910 war die Inhaberin eine verehelichte Frau B. Aur. Heine[27], ihr Mann Wilhelm Fr. Heine war Geschäftsführer[28], ab 1911 war Inhaber August Clemens Kunath, ab 1914 bis 1918 Friedrich Emil Hofmann.[29][30]

Nach dem ersten Weltkrieg wurde das Lokal zwischenzeitlich aufgegeben, 1920 befand sich hier nur noch der Grünwarenhändler Robert Hecht, der zu diesem Zeitpunkt auch die Beletage des Hauses bewohnte.[31] Zumeist bewohnten die Gastwirte die Räume neben dem Lokal im Erdgeschoß. Robert Hecht starb 1925 als Produktenhändler, seine verwitwete Ehefrau Marie Hecht (bis dahin Bilderrahmenfabrikantin) betrieb bis 1928 den Laden, dann als Lebensmittelhandel bezeichnet, eine Hedwig Hecht im Jahr 1929.[32]

Von 1921 bis 1925 war Wilhelm Rudolf Hubrich, Tel. 17786, Inhaber der Gaststätte Zum Markgraf.[33] [34]

Von 1925 bis 1928 bewirtschaftete der Schankwirt E. Müller das Ecklokal.[35] [36]

1930 befanden sich neben der Eckkneipe in der Markgrafenstraße 46 die Geschäftsräume des Lebensmittelhändlers Karl Gärisch (mithelfende Ehefrau war Margarete Gärisch)[37],schon 1931 war Emil Roßberg der Lebensmittelhändler.[38]

[Bearbeiten] Beliebter Treffpunkt in der Weltwirtschaftskrise

Das Ehepaar Rudolf und Hedwig Wild konzentrierte sich mit dem Neustädter Huschhaus auf schnelle Laufkundschaft, um mittels billigster Getränke an diesem damaligen Verkehrsknotenpunkt (Umstieg von der Linie 5 in die Linie 14) größere Umsätze zu generieren. Durch die Weltwirtschaftskrise ab Ende 1929 reichte das Bierlokal für die Gäste, die billigste Erfrischung suchten, bald nicht mehr aus. So wurde es üblich, dass seit dem Frühjahr 1930 die Gäste auch mit Flaschenbier vor dem Lokal standen. Zu ihnen gesellten sich andere Passanten. Dadurch bekam die Kreuzung bald den Namen Wildes Eck. Durch die Weltwirtschaftskrise verschärfte sich diese Situation von Jahr zu Jahr. Erst im Frühjahr 1933, nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten, wurde diesem Straßentreiben - wie in anderen deutschen Städten auch - ein Ende bereitet.

Heute befindet sich an dieser Stelle das Assi-Eck, welches bezeichnenderweise im Zuge der Weltwirtschaftskrise ab 2007 entstanden ist.

[Bearbeiten] Neue Neustädter Huschhalle

Im Jahr 2009 eröffnete auf der Königsbrücker Straße 70 (unmittelbar neben dem Café Europa) unter dem Motto Einer geht noch ... die neue Neustädter Husch-Halle. Zuvor befand sich dort ein Wettbüro, „jetzt laden Stehtische den eiligen Trinker zum kurzen Verweilen“.[39]

Der alte Betreiber des Wettbüros Danilo Rothe wurde zum Wirt der Husch-Halle, weswegen es dort nun Bundesliga, ChampionsLeague etc. auf einer Leinwand und einigen Fernsehern gibt. Die Husch-Halle lockt mit äußerst niedrigen Getränkepreise auch die Laufkundschaft an.

[Bearbeiten] Referenzen

  1. Ansichtskarten-Pool Speiselokal Zum Markgraf, Huschhalle, Ecke Louisenstraße, Postkarte vom 9. April 1932.
  2. Adressbuch 1914, S. 178.
  3. Adressbuch 1922/23, S. 375 Hubrich.
  4. Adressbuch 1929, S. 891 Wild, Rudolf Js., Geschäftsf. (Ehefr. Id. Hedwig, Schankw.) Markgrafenstr. 46 Eg. Tel. 57786.
  5. Adressbuch 1933, S. 879 (Wild).
  6. Adressbuch 1933, IV. Teil (Berufsklassen und Gewerbebetriebe), S. 64 (Gaststätten): Wild, Hedwig vhl., Markgrafenstr. 46 Fernsprecher.
  7. Adressbuch 1930, S. 907: Wild, Rudolf Js., Geschäftsf. (Ehefr. Id. Hedwig, Schankw.) Markgrafenstr. 46 Eg. Tel. 57786.
  8. Adressbuch 1931, S. 882: Wild, Rudolf Js., Geschäftsf. (Ehefr. Id. Hedwig, Schankw.) Markgrafenstr. 46 Eg. Tel. 57786.
  9. Adressbuch 1932, S. 455 (Markgrafenstraße 46).
  10. Adressbuch 1936, S.489.
  11. Adressbuch 1938, S. 513.
  12. Adressbuch 1941, S. 530.
  13. Adressbuch 1942, S. 531.
  14. Adressbuch 1943/44, S. 531.
  15. Adressbuch 1865, S. 122.
  16. Adressbuch 1875, S. 164.
  17. Adressbuch 1884, S. 467. (Zappe).
  18. Adressbuch 1884, S. 97 (Fritzsche).
  19. Adressbuch 1886, S. 801 Markgrafenstraße 25.
  20. Adressbuch 1887, S. 555 (Wagner).
  21. Adressbuch 1888, S. 884.
  22. Adressbuch 1889, S. 925.
  23. Adressbuch 1890, 2. Theil, VII. Abschnitt, S. 307 (Schänk- und Speisewirthe).
  24. Adressbuch 1891, 2. Theil, VII. Abschnitt, S. 320 (Schänk- und Speisewirthe).
  25. Adressbuch 1893, S. 735 (Trinks).
  26. Adressbuch 1900, S. 295 Markgrafenstraße 46.
  27. Adressbuch 1909, S. 318 (Heine).
  28. Adressbuch 1909, S.417.
  29. Altes Dresden, Rothenburger Straße 46 (Markgrafenstraße 25, Markgrafenstraße 46) / Louisenstraße.
  30. Adressbuch 1918, S. 378.
  31. Adressbuch 1920, S. 387 Markgrafenstraße 46.
  32. Adressbuch 1929, S. 440 (Markgrafenstraße 46.
  33. Adressbuch 1922/23, S. 375 Hubrich.
  34. Adressbuch 1925/26, S. 419.
  35. Adressbuch 1925/26, S. 424.
  36. Adressbuch 1928, S. 418.
  37. Adressbuch 1930, S. 462
  38. Adressbuch 1931, S. 451 (Markgrafenstraße 46.
  39. Husch-Halle auf der Königsbrücker. Neustadt-Geflüster vom 29. Dezember 2009.
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