Hermann Christian Freiherr von Kap-herr

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Wappen der Freiherren von Kap-herr

Hermann Christian Freiherr von Kap-herr, Geburtsname: Hermann Christian Kapherr, russisch Германь Христианович Капгерь (* 16. September 1801 in Rostock; † 30. Oktober 1877 in Dresden) war ein deutscher Kaufmann, Bankier und Unternehmer, der v.a. in St. Petersburg tätig war. Er war dort Geschäftsführer der Firma "Siemens & Halske" und danach königlich-spanischer Konsul. Nach dem Tod seiner Ehefrau verbrachte er seinen Lebensabend in Dresden, wo er auch die Rittergüter Lockwitz, Bärenklause und Prohlis kaufte.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Familie

Hermann Christian Freiherr von Kap-herr entstammte der ursprünglich bürgerlichen Familie Kapherr, später in der Schreibweise Kap-herr (russisch Капгерь) aus dem Ort Remkersleben im damaligen Herzogtum Magdeburg, heute im Landkreis Börde. Seine Familie gehörte seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zum sogenannten Briefadel, als er am 27. Juli 1868 in den erblichen großherzoglich-hessischen Adels- und Freiherrenstand erhoben wurde. Kap-herrs Urgroßvater war der Kantor, Stadtsekretär und ab 1737 Bürgermeister in Sternberg, Johann Georg Christian Kapherr (16901751), sein Großvater war der Güstrower Ratsherr Johann Christian Kapherr (17301788).

Hermann Christian Kap-herr war der Sohn des Kaufmanns Carl Ludwig Kap-herr (17701845), ab 1815 großherzoglich-mecklenburgischer Zollinspektor in Rostock. Sein Vater verwendete erstmals die getrennte Schreibweise "Kap-herr", um die falsche Aussprache des Nachnamens (Kapher, vgl. Kaffer) zu verhindern. Sein Onkel Johann Christian Kapherr (17691845), Dr. med., war Arzt und kaiserlich-russischer Staatsrat. Dessen zwei Söhne, Hermanns Cousins, kamen zu hohen Staatsämtern in Rußland:

Hermann Kap-herr heiratete am 31. Juli 1826 in St. Petersburg seine Cousine Charlotte Dorothea Kapherr (* 26. April 1806 in St. Petersburg; † 20. Oktober 1866 ebenda), Tochter seines Onkels Johann Christian Kapherr. Das Ehepaar Kap-herr hatte fünf Söhne, von denen einer früh starb:

[Bearbeiten] Leben und Wirken

Hermann Kapherr wurde 1801 in Rostock geboren, wo sein Vater als Kaufmann arbeitete und ab 1815 zum Zollinspektor ernannt wurde. Nach einer kaufmännischen Lehre wanderte Kapherr in jungen Jahren in die damalige russischen Hauptstadt St. Petersburg aus, wo sein Onkel, der Arzt Johann Christian Kapherr im Rang eines kaiserlich-russischen Staatsrates wirkte und Beziehungen zu den höchsten Kreisen des Zarenreiches hatte.

Datensatz von Hermann Kapherr (russisch Капгерь) in einem russischen Buch von 1843 mit Aufzählung seiner Kinder

In St. Petersburg konnte Kap-herr, der später die von seinem Vater getrennt eingeführte Schreibweise des Namens übernahm, schnell als Kaufmann und Bankier Karriere machen. 1843 ist er mit seinen bis dahin geborenen Söhnen sowie seiner Tochter als Industrieller in einem russischen Buch verzeichnet.[3] Um 1850 war er Mitglied der ersten Kaufmannsgilde und damit der höchsten Kaufmannsvereinigung. Er war eine angesehene und wohlhabende Persönlichkeit, wurde wie sein Onkel zum kaiserlich-russischen Staatsrat ernannt, erhielt das Ritterkreuz und als Ehrentitel "Erblicher Ehrenbürger" der deutschen Gemeinde in St. Petersburg.

Im Sommer 1852, bei einem Aufenthalt in St. Petersburg, fand Werner Siemens mit Kap-herr einen Geschäftspartner mit den besten Beziehungen für eine weitergehende Beteiligung seines Unternehmens "Siemens & Halske" beim Aufbau eines Telegrafennetzes im zaristischen Russland. Gegen eine Gewinnbeteiligung trat Kap-herr in das Unternehmen als Repräsentant und Geschäftsführer der Telegraphen Bau-Anstalt ein, um den Bau der ersten Telegrafenverbindung zwischen Riga und dem Seehafen Bolderaja mit zu leiten. Ein zweiter Bau von St. Petersburg nach Kronstadt wurde ebenfalls in Aussicht gestellt und 1853 vertraglich geregelt. Der Vertrag mit Kap-herr ab 1852 hatte eine Laufzeit von 12 Jahren. Da das damals noch kleine Siemens-Unternehmen einen Großteil der Baukosten vorfinanzieren musste, steuerte Kap-herr aus seinem Vermögen eine erhebliche Summe für Kredite bei, die er sich allerdings hoch verzinsen ließ.

Als ab August 1853 der erst 24-jährige Carl Heinrich Siemens zusammen mit dem in Geschäften erfahrenen, aber technisch nicht versierten Kap-herr das Unternehmen "Siemens & Halske" leiten sollte, war ein kommender Konflikt vorprogrammiert, da sich Kap-herr als alleiniger Geschäftsführer ansah und den deutlich jüngeren Partner nicht als gleichberechtigten Vertreter akzeptieren konnte. Zwar lernte Siemens am ersten Augustwochenende 1853 seine zukünftige Ehefrau Marie, die Tochter von Kap-herr, bei einer Gartenfeier zu deren 18. Geburtstag kennen, das Verhältnis zu seinem späteren Schwiegervater blieb aber von Beginn an gespannt. Vor allem eigenmächtige Vertragsverhandlungen durch Kap-herr brachten Diskrepanzen, so dass sich das Verhältnis ab Ende 1854 zunehmend verschlechterte.

Als Carl Siemens sich mit dem Bau der neuen südrussischen Telegrafenlinien beschäftigte und dort vor Ort weilte, übernahm Kap-herr ohne Abstimmung seines Geschäftspartners weitere Verträge. Ein offener Streit konnte nur durch Vermittlung von Werner Siemens beigelegt werden, der in Briefen seinen jüngeren Bruder vor einem Bruch mit Kap-herr warnte und letztlich auch in Vertragsangelegenheiten des russischen Unternehmenszweigs von "Siemens & Halske" das letzte Wort hatte. Noch 1855 schloss Werner Siemens mit Kap-herr einen neuen Beratervertrag ab. Allerdings weigerte sich Kap-herr die alleinige Geschäftsführung des Unternehmens an seinen zukünftigen Schwiegersohn Carl Siemens abzugeben.

Ende 1856/ Anfang 1857, nach der Ende 1855 stattgefundenen Hochzeit und einer Deutschlandreise des jungen Paares 1856, wurde das Verhältnis zwischen Kap-herr und dem jungen Siemens wieder etwas besser. Es gelang Siemens Kap-herr zu überzeugen, das Geschäftliche vom Privaten zu trennen. Nach der Beendigung des Vertrages mit "Siemens & Halske" wirkte von Kap-herr als königlich-spanischer Konsul in St. Petersburg, wo er wiederum seine vielfältigen Beziehungen einbringen konnte. Kap-herr erzielte mit seinem Bankgeschäft einen bedeutenden Wohlstand, auch weil er im Laufe der Zeit einer der Bankiers des russischen Zaren Alexander II. in St. Petersburg wurde. Er traf mit seinem Vermögen die finanziellen Vorkehrungen für den umfangreichen Bau eines russischen Eisenbahnnetzes durch den Zaren.

1863 beauftragte der kunstinteressierte Kap-herr den Maler Julius Scholtz, seine Ehefrau Charlotte Dorothea mit der zweijährigen Enkelin Charlotte Maria Julia zu porträtieren. Später folgten noch fünf weitere Aufträge für Bildnisse von Familienmitgliedern.[4]

In den Jahren 1866 bis 1868, nach dem Tod seiner Ehefrau, kehrte Kap-herr mit seiner Familie nach Deutschland zurück. Für seine drei Söhne erwarb er drei Güter am Stadtrand von Dresden: Lockwitz, der Hauptwohnsitz von seinem ältesten Sohn Karl Johann, Bärenklause mit dem dazugehörigen Gut für seinen zweiten Sohn Hermann Friedrich und Prohlis für den dritten Sohn Johann Christian. Darüber hinaus kaufte Kap-herr in Mecklenburg-Strelitz drei landwirtschaftliche Güter, u.a. das Rittergut Klein-Vielen. Er selbst zog 1867 nach Dresden in das Oppenheimsche Palais, das er ebenfalls kaufte.

Kap-herr ließ ab 1866 das barocke Mansardziegeldach des Schlosses Lockwitz abnehmen und ein drittes Geschoss mit Schieferdach aufsetzen. Dort stiftete er eine Diakoniestation.[5] Am 27. Juli 1868 wurde er in den erblichen großherzoglich-hessischen Adels- und Freiherrenstand erhoben. Seitdem führten er und seine Nachkommen den Adelstitel von Kap-herr, zusammen mit dem Freiherrentitel. Kap-herr selbst ließ von 1872 bis 1874 für seinen Wohnsitz in Dresden das Palais Kap-herr in der Parkstraße 7 bauen.[6]

Hermann Christian Freiherr von Kap-herr verstarb 1877 in dem von den Semperschülern Carl Kirsten und Otto Kreyssig erbauten Palais Kap-herr in Dresden. Dieses Palais wurde im Februar 1945 zerstört, das Schloss Prohlis fiel 1980 einem Brand zum Opfer und wurde 1985 abgerissen. Erhalten sind das Kap-herrsche Mausoleum auf dem Krähenhügel und das Schloss Lockwitz. Die Adelsfamilie von Kap-herr waren ab der Mitte des 19. Jahrhunderts Förderer von Lockwitz. Sie hatten eine herausragende Stellung in der Dorfgemeinschaft, unternahmen viel für das Allgemeinwohl der dort lebenden Bürger. Ihnen zu Ehren wurde hinter dem alten Rittergut und Schloss Lockwitz der Kap-herr-Weg benannt.

[Bearbeiten] Quellen

[Bearbeiten] Einzelnachweise

  1. Datensatz auf Ancestry
  2. Datensatz auf Geni
  3. Aleksandr Petrov: Pamiatnaia knizhka rossiiskoi promyshlennosti na 1843 god, Moskau 1843, Digitalisat auf Google Books, S. 288
  4. Moritz Freiherr von Crailsheim: Großmutter und Enkelin auf www.heimatverein-prohlis.de, Geschichten aus dem alten Prohlis
  5. Schloss verkauft: Im früheren Rittergut Lockwitz sollen jetzt Wohnungen und Reihenhäuser entstehen., auf Sächsische.de
  6. Gerhart von Kap-herr: Schloss Lockwitz in Dresden, Digitalisat auf gvonkapherr.wordpress.com

[Bearbeiten] Weblinks

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