Heiliger Brunnen

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Der Heilige Brunnen der Nisaner war ein Quelle am Bornberg (heute im Beutlerpark). Wegen dem Heiligen Brunnen entstand dort die sorbische Siedlung Boscou (altsorbisch Božkov).

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Frühe Besiedlung beim Heiligen Brunnen

Auf der seit der Eiszeit im Dresdner Süden angewehten und angespülten Lößlehmdecke entstanden sehr fruchtbare Böden. Der Heilige Brunnen ermöglichte eine sehr frühzeitige Besiedlung dieses Bereiches. Nach der Vita des heiligen Josef von Kayticz war er bei der Auflösung der Akademie Nisan zu Ostern (20. April) 1212 in das "uralte Dorf Božkov"[1] (= Boschkow, deutsch: Boschkau) gegangen. Demzufolge war dieser Bereich schon damals Jahrhunderte zuvor besiedelt worden, wahrscheinlich bereits mit der slawischen Landnahme im 6. Jahrhundert oder 7. Jahrhundert. In der versumpften Zone der Elbterrassen war das Siedeln bis auf Fischerdörfer, welche umfangreiche Jehsen in der Elbe errichteten, in der Frühzeit schlecht möglich (vgl. Drežďany (Dresden) = Sumpf- oder Auwaldbewohner).

[Bearbeiten] Wasser: bei den Slawen und damit den Sorben ein heiliges Element

Wasser galt den Sorben als heiliges Element und hatte offenbar eine zentrale Bedeutung. Die Sorben siedelten immer sehr in der Nähe von Gewässern, vor allem Fließgewässer.

Quell- u. Stromgötter gibt es ... bei allen Slawen, weil ihnen Ströme, Bäche, Quellen heilig waren. .. Flußgöttinnen [hießen] Rusalki, jugendliche, schöne, sanfte, freundliche Gottheiten mit langen, grünen, wallenden Haaren, welche sie, auf Felsen in Bächen sitzend, im Sonnenschein trocknen, kämmen u. flechten.[2]

[Bearbeiten] Quellbrunnenverehrung

Brunnen galten als Sinnbild weiblicher Fruchtbarkeit. Ursprünglich wurde dabei kein Unterschied zwischen einer Quelle und einem Brunnen gemacht. Erst später wurde in natürliche und eingefasste Quellen unterschieden und nur letztere als Brunnen bezeichnet. In England war der Brunnenkult unter dem speziellen Namen "Wilweorthunga" bekannt. Alle heidnischen Bräuche wie "Wilweorthunga" (Brunnenverehrung), "Licwiglunga "(Beschwören der Toten = Ahnenkult), "Hwata" (Omen = Wahrsagen), "Galdra" (Magie = Zaubern) und "Frithspottum" (Friedenseinfriedungen mittels Bäumen oder Steinen = das Anlegen von heiligen Tabuzonen) wurden mit der kanonischen Gesetzgebung von König Edgar (reg. 959 bis † 8. Juli 975) unter Androhung des Landesverweises verboten:

"Wenn irgeneine "Wicca" (Hexe), ein "Wiglaer" (Zauberer), falscher Schwur, "Morthwyrtha" (Anbeter der Toten) oder irgendein verschmutztes, offensichtliches "Horcwean" (Hure) irgendwo im Land ist, wird der Mensch sie vertreiben. Wir lehren, daß jeder Priester das Heidentum auslöschen und "Wilweorthunga" (Brunnenverehrung), "Licwiglunga "(Beschwören der Toten), "Hwata" (Omen), "Galdra" (Magie), Menschenverehrung und die Gräuel, die die Menschen in verschiedenen Arten von Hexerei ausüben, und in "Frithspottum" (Friedenseinfriedungen) mit Ulmen und anderen Bäumen, mit Steinen und mit vielen Phantome, verbieten soll."[3]

Zwar sind die Vorschriften für die lateinische Mission der Reichsabtei Hersfeld ab 965 nicht überliefert, sie dürften sich aber nur unwesentlich von denen der zeitgleichen lateinischen Mission in England unterschieden haben. So war der Baum der heiligen Einfriedungen bei den Sorben vor allem die Linde und nicht die Ulme. Demzufolge war nicht nur das Brunnenheiligtum in Božkov von Linden eingefriedet, sondern auch in Kaytitz gab es Linden (vgl. Kaditzer Linde). Das sorbische Leipzig wurde zu 1015 von Thietmar von Merseburg als "urbs Libzi" (= Stadt der Linden; von sorbisch "lipa" = Linde) ersterwähnt.[4]

Um den heidnischen Brunnenkult noch weiter zu unterbinden, wurde er in veränderter Form vom Christentum übernommen.

Mit der Christianisierung wurden viele Dinge aus der sogenannten heidnischen Vorzeit ins genaue Gegenteil verkehrt. Aus dem Quell des Lebens wurde der "Haderbrunnen" - genau so wie aus dem Lebens- und Liebesapfel der Apfel der Zwietracht und des "Sündenfalls" wurde. Manche Brunnen wurden deswegen mit dem Kreuz Christi "geprennt". Damit sollten sie ihres magischen, heidnischen Einflusses auf die Menschen beraubt werden. Solche Brunnen wurden fortan häufig als Tivuelprenne, Tevelprenne oder Teuflprenne (Teufelsbrunnen) bezeichnet.

Auch der Heilige Brunnen wurde zunächst nur mit einem Kreuz geprennt.[5] Zu 1212 ist eine Kapelle am Heiligen Brunnen überliefert, die durch Josef von Kayticz betreut wurde.[6]

[Bearbeiten] Siehe auch:

[Bearbeiten] Anmerkungen

  1. Vita des heiligen Josef von Kayticz II, Bl. 23.
  2. Das Wasser u. seine Gottheiten. Gleich den übrigen Völkern dachten sich auch die Slawen das Wasser durch Götter belebt, wiewohl sie dieselben nicht einer Hauptgottheit unterordneten. Zwar geschieht in russischen Volksliedern zuweilen eines Morskoj Zar (Meereskönigs) Erwähnung, da aber einige Stämme vom Meer gänzlich isolirt lebten, so ist hierin vielleicht der Grund zu suchen, daß eine eigentliche Meeresgottheit keine allgemeine Verehrung fand. Quell- u. Stromgötter gibt es dagegen bei allen Slawen, weil ihnen Ströme, Bäche, Quellen heilig waren. Die meisten Slawen (Russen, Serben, Slowaken, Czechen, Polen) nennen die Flußgöttinnen Rusalki, jugendliche, schöne, sanfte, freundliche Gottheiten mit langen, grünen, wallenden Haaren, welche sie, auf Felsen in Bächen sitzend, im Sonnenschein trocknen, kämmen u. flechten. Ein Eid der Slawen an einer Quelle geleistet war bes. verbindlich. Noch heute gibt es in Rußland heilige Brunnen, in welche man kleine Kupfer- od. Silberstücke wirst, zum Dank für den gespendeten Trank od. die durch denselben empfangene Genesung, u. kein Dieb vergreift sich an denselben. Die Sitte der Besprengung u. Untertauchung von Jünglingen u. Jungfrauen (Smitsch) am zweiten Ostertage, welche noch bis heute in einem Theile Rußlands, in ganz Polen u. Polnisch-Schlesien herrscht, weist ebenfalls auf eine heidnische allgemeine Wasserverehrung hin; endlich erinnern an die heidnische Wasserverehrung auch die noch in Rußland bestehenden großen Wasserweihfeste. Dem Wasser wurde auch eine Zauberkraft zugeschrieben, deren oft in alten Nationalliedern der Russen, Polen etc. Erwähnung geschieht, u. unzählige Opfer sollen an Quellen, Strömen u. Seen dargebracht worden sein, um sich von Zaubern zu lösen. In: Slawische Mythologie, Pierer's Universal-Lexikon, Band 16. Altenburg 1863, S. 208-211.
  3. Kanonische Gesetzgebung (Teil XVI.) von König Edgar (reg. 959 bis † 8. Juli 975).
  4. Erstmals erwähnt wurde Leipzig zu 1015, als Thietmar von Merseburg von einer "urbs Libzi" (= Stadt der Linden; sorbisch "lipa" = Linde) berichtete (vgl. Chronikon VII, 25).
  5. Sorbisch-orthodoxes Synaxarion D II, Bl. 49.
  6. Vita des heiligen Josef von Kayticz II, Bl. 26.
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