Branka Musulin

Stadtwiki Dresden - Freiraum für Ideen und Wissen über Dresden
Wechseln zu: Navigation, Suche

Branka Musulin (* 6. August 1917[1]in Zagreb; † 1. Januar 1975 in Schmallenberg/ Hochsauerland) war eine jugoslawisch-deutsche Pianistin und Hochschulllehrerin. Sie galt vor allem in den 1950er und 1960er Jahren als herausragende Klaviervirtuosin. Von der Presse und von Kritikern wurde sie gelobt für ihre „außerordentliche Ausdrucksintensität“ und den „Reichtum innerer Begnadung“, sie wurde als „Meisterin pianistischer Nuance“ gefeiert.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Familie

Branka Musulin entstammte der kroatischen Familie Musulin und war die Tochter des Linguisten Stjepan Musulin. Ein wichtiger Einschnitt in ihrem Leben war die Ermordung ihres jüdischen Verlobten durch die deutschen Besatzer im damaligen Jugoslawien.

Auf ihren Konzertreisen im damals nationalsozialistischen Deutschland lernte sie in den 1940er Jahren den Kunstmäzen Friedrich Bienert (18911969) kennen, den letzten privaten Besitzer des damaligen Familienbetriebes der Bienertmühlen. Das Paar heiratete 1944 in Dresden-Hellerau. Ein NS-Funktionär und ehemaliger Schulfreund von Bienert setzte sich für die in dieser Zeit außergewöhnliche Eheschließung ein. Das Paar hat eine gemeinsame Tochter, die nach dem Krieg geboren wurde, in Berlin bei ihrem Vater aufgewachsen war und heute in der deutschen Hauptstadt lebt und arbeitet. Die Ehe von Friedrich Bienert und Branka Musulin wurde 1957 nach lang vorausgegangener Trennung geschieden, trotzdem blieb das Paar freundschaftlich verbunden. Sie besuchte auch weiterhin regelmäßig ihre Tochter in Berlin.

In zweiter Ehe heiratete Branka Musulin den Bad Homburger Psychotherapeuten Ernst August Kreft, der allerdings bald nach ihr starb, so dass ihre musikpädagogischen Texte nicht mehr veröffentlicht wurden.

[Bearbeiten] Leben und Wirken

Branka Musulin wurde in Zagreb im damaligen Königreich Ungarn, im Komitat Zágráb geboren. Schon in frühester Jugend zeigte sie Anlagen eines außerordentlichen, musikalischen Talentes, ein Stark ausgebildetes absolutes Gehör sowie die Gabe, zu improvisieren. Ihren ersten öffentlichen Auftritt hatte sie bereits mit sieben Jahren. Mit neun Jahren spielte sie bereits Konzerte von Bach, Mozart, Haydn, Händel und Beethoven, so auch Mozarts d-Moll-Klavierkonzert. Mit elf Jahren spielte Musulin als Solistin mit Orchester und erntete starken Beifall. An der Musikhochschule in Zagreb, war Branka Musulin mit 13 Jahren Meisterschülerin des hervorragenden Musikpädagogen und Pianisten Professor Svetislav Stančić. Sie bestand die Künstlerprüfung mit besonderer Anerkennung und legte auch das Abiturientenexamen am humanistischen Gymnasium mit Auszeichnung ab. Als Solistin begleitete Branka Musulin im Alter von 14 Jahren den deutsch-österreichischen Musiker Bruno Walter auf einer Tournee durch den Balkan.

Mit 18 Jahren ging Branka Musulin nach Paris an die dortige Ecole Normale de Musique (Musikhochschule). Sie studierte bei Yvonne Lefébure sowie Alfred Cortot und erwarb sich an der Hochschule das höchste Diplom. Sie bestand die „Licence de Concerts“ mit „mit besonderer Auszeichnung“. Außerdem studierte sie an der Pariser Universität, der Sorbonne Kunstgeschichte und Philosophie. Ab der zweiten Hälfte der 1930er Jahre hatte Musulin glänzende Konzerterfolge mit dem Belgrader, dem Prager und dem Zagreber Philharmonischen Orchester. Sie spielte ebenfalls mit dem Zagreber Streichquartett Kammermusik in Frankreich. 1939 trat Branka Musulin auch in Paris solistisch auf. Die folgende Zeit brachte ihr in Schweden, Frankreich, Österreich, Deutschland, Griechenland, Italien und Jugoslawien triumphale Anerkennung. Wiederholt konzertierte sie in den Rundfunkstationen von Athen, Belgrad, Budapest, Mailand, Paris, Prag, Rom, Sofia und Zagreb.

Autogramm von Branka Musulin auf der Einladungskarte zum Beethoven-Brahms-Zyklus im evangelischen Gemeindesaal Bonn sowie in der Beethoven-Halle von 1960

Später setzte Musulin ihre Studien bei Max von Pauer in Deutschland fort und unternahm Konzerttourneen durch ganz Europa. Während ihres Aufenthalts in Deutschland lernte sie ihren späteren Ehemann Fritz Bienert kennen, der von ihr sehr beeindruckt war. Noch vor der am 13. Februar 1945 erfolgten Bombardierung Dresdens ging Musulin mit ihrem Mann noch im gleichen Monat nach Regensburg. Dort gab sie nach dem Krieg, am 6. August 1946 ein Konzert zugunsten der Stadtlotterie und des Wiederaufbaus.[2]

Nach der 1947 erfolgten Rückkehr von Bienert nach Dresden, gab Musulin auch hier mehrere Konzerte, u.a. mit der Staatskapelle im Kulturhaus Bühlau und im Großen Haus.[3] 1948 entschied sich Musulin allerdings nach Berlin zu ziehen, wo sie weiterhin Konzerte in der West- wie auch in der Ostzone gab, ab den 1950er Jahren dann meist nur noch im Westen Deutschlands und in Westberlin. Sie nahm Schallplatten bei Ariola, Athena, Period, Opera, aber auch beim ostdeutschen Schallplattenlabel Eterna des VEB Deutsche Schallplatten Berlin auf. Musulins Konzerte im September 1949 sowie die Neujahrskonzerte 1950 und 1951 mit den Berliner Philharmonikern und dem Dirigenten Sergiu Celibidache brachte ihr in den Nachkriegsjahren weitere große Erfolge ein. Ab der zweiten Hälfte der 1950er Jahre wohnte sie in Bad Homburg vor der Höhe.

1958 erhielt Branka Musulin einen Lehrauftrag an der Hochschule für Musik in Frankfurt am Main unter dem damaligen Direktor Professor Philipp Mohler.[4] Dort leitete sie eine Klasse für solistische Ausbildung und wurde zur Professorin berufen. Anfang 1959 spielte Musulin in Hamburg mit dem Hamburger Sinphonieorchester unter Joseph Keilberth Variationen von César Franck. Im April desgleichen Jahres konzertierte sie in Spanien und Italien.[5] 1960 spielte Musulin in einem öffentlichen Konzert des Saarländischen Rundfunks das 3. Klavierkonzert von Stanojlo Rajičić in der deutschen Erstaufführung. Während der Festveranstaltung der Robert-Schumann-Gesellschaft zum 150. Geburtstag von Robert Schumann spielte sie im gleichen Jahr im Festsaal des Schlosses Fasanerie in Fulda Klavierwerke von Bach, Schumann, Brahms und Chopin.[6] Außerdem gab sie 1960 Konzerte in Bonn und und Wien.[7]

In den 1970er Jahren gab Musulin nur noch relativ wenige Konzerte in Deutschland, dagegen hatte sie im Ausland weiterhin große Erfolge. Noch 1974 wurde sie für ihre Auftritte in den USA und in Kanada gefeiert. Musulin arbeitete in ihren letzten Lebensjahren an Manuskripten für musikpädagogische Texte, die allerdings nicht mehr veröffentlicht wurden. Musulin stand während Ihres Lebens mit vielen anderen namhaften Künstlern und Intellektuellen in Kontakt oder war mit ihnen befreundet, u.a. auch mit der Berliner Buchhändlerin Tilly Meyer (19041978).[8] Musulin starb am Neujahrstag 1975 infolge akuten Herzversagens.

[Bearbeiten] Bildergalerie Konzerte

[Bearbeiten] Quellen

[Bearbeiten] Einzelnachweise

  1. Nach anderen Angaben in verschiedenen Lexika erst 1920 geboren, was aber falsch ist.
  2. Hans Pimmer: Redemokratisierung des Konzertlebens in Ostbayern nach dem II. Weltkrieg, Wiederaufbau in drei Stadtkreisen, 1993, Snippet-Ansicht auf Google Books, S. 193
  3. Thomas Keilberth, Hermann Dechant: Joseph Keilberth - ein Dirigentenleben im XX. Jahrhundert, 2007, Snippet-Ansicht auf Google Books, S. 175, 182 u. 198
  4. Neue Zeitschrift für Musik, Band 119, 1958, Snippet-Ansicht auf Google Books, S. 467
  5. Neue Zeitschrift für Musik, Band 120, 1959, Snippet-Ansicht auf Google Books, S. 118, 224, 430
  6. Neue Zeitschrift für Musik, Band 121, 1960, Snippet-Ansicht auf Google Books, S. 117 u. 283
  7. International Music Calendar, 1960, Digitalisat auf Google Books, S. 20 u. 95f
  8. Archiv für Geschichte des Buchwesens, Band 61, 2007, Lesevorschau auf Google Books, S. 101

[Bearbeiten] Weblinks

Meine Werkzeuge
Namensräume
Varianten
Aktionen
Navigation
Werkzeuge