Friedrich Wilhelm Selle

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Friedrich Wilhelm Selle (* 21. November 1849 in Leipzig; † 24. Februar 1940 in Dresden)[1][2] war ein deutscher Arzt und Mediziner, viele Jahre als Militärarzt in der sächsischen Armee, zuletzt im Rang eines Obergeneralarztes. Selle war außerdem Leibarzt von drei sächsischen Königen: König Albert, König Georg und Friedrich August III..

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Familie

Friedrich Wilhelm Selle entstammte der sächsisch-osterländischen Familie Selle. Er war der Sohn des evangelisch-lutherischen Lehrers und Predigers, Magister Christian Friedrich Selle (* 1809 in Pegau bei Leipzig; † 1861 in Leipzig) und dessen Ehefrau Henriette Bertha geb. Mundt.[3] Selles Vater lernte an der Thomasschule zu Leipzig, war Kandidat der Theologie an der Universität in Leipzig, promovierte dort am 20. Juni 1844 zum Dr. phil.,[4] wurde 1836 konfirmierter Lehrer an der Armenschule in Leipzig,[5] 1844 ordinierter Katechet an der Leipziger Peterskirche, 1859 Prediger in der Georgenkirche vom Stadtkrankenhaus.[6]

Wilhelm Selle heiratete am 20. September 1880 in Dresden, zu dieser Zeit als Stabsarzt, Johanna Thekla geb. Bucher (* 29. Juli 1863 in Dresden), Tochter des königlich-sächsischen Militär-Apothekers Oscar Friedrich Bucher (18151885) und dessen 1853 Ehefrau Thekla Camilla geb. Feilgenhauer.[7][8] Selle Schwiegervater war zuletzt königlich-sächsischer Korps-Stabsapotheker im Dresdner Garnisonlazarett und Ritter des Albrechtsordens.[9] Das Ehepaar Selle hatte zwei Söhne:

[Bearbeiten] Leben und Wirken

Wilhelm Selle erhielt seine Erziehung und erste schulische Bildung im elterlichen Haus, verlor frühzeitig, im 12. Lebensjahr seinen Vater und ging danach für die höhere Schulbildung an das Gymnasium zum Heiligen Kreuz nach Dresden. Dort erlangte er die Reifeprüfung und entschloss sich, ein Studium der Medizin an der Universität Leipzig aufzunehmen. Zu Beginn des Sommersemesters 1870 ist Selle auch als Mitglied der Universitäts Sängerschaft St. Pauli in Leipzig verzeichnet.[12]

Beim Ausbruch des Deutsch-Französischen Krieges trat Selle am 29. Juli 1870 als Einjährig-Freiwilliger Soldat in das 8. königlich-sächsische Infanterie-Regiment Nr. 107 in Leipzig ein und nahm an den Schlachten bei Villiers und Brie sowie am Ausfallgefecht bei Ville-Evrart teil. Am 11. Januar 1871 wurde Selle zum Unteroffizier befördert und am 9. August 1871 in diesem Dienstrang zur Reserve entlassen.

Danach setzte Selle sein Studium ab dem Wintersemester 1871 an der Universität Leipzig fort. Dort promovierte er 1875 zum Doktor der Medizin (Dr. med.). Nach erlangter Approbation wurde Selle am 8. April 1875 zum Unterarzt der Reserve ernannt und trat am 1. Mai desgleichen Jahres als Unterarzt beim 2. Feldartillerie-Regiment Nr. 28 wieder in den aktiven Dienst der sächsischen Armee ein. Am 23. Juli 1875 erhielt Selle sein Patent als Assistenzarzt 2. Klasse, was dem Rang eines Sekondé-Lieutenants entsprach. Mit dieser Ernennung wurde er wieder zum 8. Infanterie-Regiment Nr. 107 versetzt, aber gleichzeitug zur weiteren Fortbildung an die Universität Leipzig kommandiert. Am 27. Juni 1876 wurde Selle zum Assistenzarzt 1. Klasse (Premier-Lieutenantrang) befördert,weiter zur Universität Leipzig kommandiert, wo er im städtischen Krankenhaus zu St, Jakob in Leipzig arbeitete. Er ist erstmals 1877 im Leipziger Adressbuch verzeichnet, zu dieser Zeit in der Waisenhausstraße 28, nur drei Häuser entfernt von der Wohnung des Leipziger Kaufmanns Georg Friedrich Gustav Selle, Mitinhaber der Porzellan-, Steingut- und Tonwarenhandlung "Ferdinand Bruno Selle" in der Leipziger Petersstraße.[13]

1878 ging Selle als Assistenzarzt in das 1. (Leib-)Grenadier-Regiment Nr. 100 zurück nach Dresden, wo er bis 1879 diente. Am 24. September 1879 wurde Selle unter gleichzeitiger Beförderung zum Stabsarzt (Hauptmannsrang) zum 1. Feld-Artillerie-Regiment Nr. 12 versetzt. Er arbeitete als Sepzialarzt für Chirurgie im neu erbauten Garnisonlazarett in der Marienallee in der Dresdner Albertstadt, wo er im Verwaltungsgebäude auch eine Dienswohnung bezog.[14] 1880 zog er in die Bautzner Straße 64,[15] nachdem er kurzzeitig als Stabsarzt a.D. (außer Dienst) aus dem aktiven Dienst in der Armee ausschied. Am 5. April 1881 wurde Selle als Stabsarzt im 2. Grenadier-Regiment Nr. 101 wieder aktiviert, wo er bis 1887 diente.[16] Am 1. April 1883 zog er in die Bautzner Straße 34b.[17] Am 20. August 1887 wurde Selle - weiter im Rang als Stabsarzt - als Bataillonsarzt in das Pionier-Bataillon Nr. 12 versetzt, das ebenfalls in Dresden disloziert war.[18] Am 25. September 1889 erhielt Selle vom damaligen sächsischen Kriegsminister Alfred von Fabrice den Charakter eines Oberstabsarzt 2. Klasse (Majorsrang). Allerdings wurde er erst am 19. Oktober 1890 etatmäßiger Oberstabsarzt und und damit auch zum Regimentssarzt im 1. Feld-Artillerie-Regiment Nr. 12 in Dresden ernannt.[19] Bereits vorher, am 1. April 1890 zog Selle in die Löwenstraße 2 in der Antonstadt.[20]

Am 20. September 1894 wurde Selle vom sächsischen Kriegsminister Paul Edler von der Planitz zum Oberstabsarzt 1. Klasse befördert, weiter im 1. Feld-Artillerie-Regiment Nr. 12 dienend, wo er bis 1900 blieb. Am 1. Mai 1897 wurde Selle neben seiner Dienststellung als Regimentsarzt zudem zum Leibarzt von König Albert ernannt.[21] Am 1. April 1899 zog Selle in die Schillerstraße 16.[22] Am 27. April 1900 wurde Selle - noch von König Albert - unter gleichzeitiger Beförderung zum Generaloberarzt zum Divisionsarzt der 1. königlich-sächsischen Division Nr. 23 ernannt.[23]

Am 11. September 1903 - nun durch König Georg - erfolgte Selles Ernennung zum Generalarzt in seiner Dienststellung als Divivisionsarzt der 23. Division. Er blieb auch Leibarzt während der kurzen Regierungszeit von König Georg.[24] Am 23. April 1904 wurde Selle von König Georg zum Korpsarzt des XII. (1. königlich-sächsischen) Armeekorps ernannt.[25] In dieser Dienststellung wurde ihm am 21. Mai 1907 - zu diesem Zeitpunkt dann vom König Friedrich August III. - der Rang eines Generalmajors verliehen, gleichzeitig auch mit der Wahrnehmung der Geschäfte des Sanitätsinspektors im sächsischen Kriegsministerium. Selle blieb auch unter dem Sohn von König Georg weiterhin Leibarzt am königlichen Hof.[26]

Am 1. April 1908 wurde Selle vom sächsischen König zum ordentlichen Sanitätsinspektor und Abteilungschef am sächsischen Kriegsministerium berufen, weiterhin mit der Beauftragung der Wahrnehmung der bisherigen Dienstgeschäfte als Korpsarzt des XII. Armeekorps.[27] Diese Ämter begleitete er noch reichlich zwei Jahre. Am 11. Juli 1910 wurde Selle unter Beibehaltung seines Ranges als Generalarzt z.D. (zur Disposition), bei Zahlung der gesetzlichen Pension und der Erlaubnis des Tragens der Generalsuniform von König Friedrich August in den einstweiligen Ruhestand verbschiedet. Zum Abschied wurde Selle mit dem Komturkreuz 1. Klasse des Albrechtsordens sowie mit dem Großkreuz des Franz-Joseph-Ordens mit höchsten Ordensstufen für seine bisherigen Verdienste ausgezeichnet. Er blieb weiterhin Leibarzt des Königs.[28] Aufgrund seines Alters wurde Selle beim Ausbruch des Ersten Weltkrieges nicht mehr aktiviert und an der Front einegsetzt. Er versorgte in Dresden aber zurückkehrende Verletzte und Kriegsversehrte, wofür er auch mit der Roten-Kreuz-Medaille ausgezeichnet wurde. 1916 erhielt Selle noch den Rang eines Obergeneralarztes z.D..[29] Aufgrund dieses Ranges durften er den Ehrentitel "Exzellenz" führen.

Nach der Abdankung des sächsischen Königs wurde Selle auch als Leibarzt in den Ruhestand verabschiedet,[30] nach dem Ende des Krieges und der Auflösung der sächsischen Armee dann als Obergeneralarzt a.D. (außer Dienst).[31] Selle wohnte zuletzt in der Bautzner Straße 82,[32] in die er 1926 gezogen war. Selle war langjähriges Mitglied des sächsischen Altertumsvereins.[33] Selle starb im hohen Alter von über 90 Jahren und wurde auf dem Nordfriedhof in Dresden beerdigt.

[Bearbeiten] Auszeichnungen (Auswahl)

  • Königlich-preußischer Kronenorden 3. Klasse, 1902 mit der Kriegsdekoration
  • Ritterkreuz 1. Klasse des königlich-bayrischen Militär-Verdienstordens
  • Komturkreuz des kaiserlich-österreichischen Franz-Joseph-Ordens
  • Königlich-württembergischer Orden der Krone, 1899 mit den goldenen Löwen-Insignien des Hausordens, 1903 Ehrenkreuz des Ordens
  • Komturkreuz 2. Klasse des königlich-sächsischen Verdienstordens
  • Königlich-preußischer Roter-Adler-Orden 2. Klasse
  • Königlich-preußischer Kronenorden 2. Klasse
  • Offizierskreuz des königlich-bayrischen Militär-Verdienstordens

[Bearbeiten] Quellen

[Bearbeiten] Einzelnachweise

  1. Datensatz auf Ancestry
  2. Datensatz im Forum für deutsche Militärgeschichte: Militärgeschichte » Personen » Generale und Admirale » Daten zu Generalärzten bis 31.12.1899
  3. Nachlassregulierung für den Magister Christian Friedrich Selle, Prediger an der Georgenkirche in Leipzig, und seine Ehefrau Henriette Bertha geb. Mundt, Archivalie 20080 im Sächsischen Staatsarchiv, Königliches Bezirksgericht Leipzig
  4. Jenaische allgemeine Literatur-Zeitung, Band 254, Jena 1844, Digitalisat auf Google Books, S. 781
  5. Carl Ramming: Ramming's Kirchlich-statistisches Handbuch für das Königreich Sachsen, 6. Ausgabe, Dresden 1859, Digitalisat auf Google Books, S. 136 u. 436
  6. August Hermann Kreyssig: Album der evangelisch-lutherischen Geistlichen im Königreiche Sachsen..., Dresden 1883, Digitalisat auf Google Books, S. 285 u. 288
  7. Datensatz auf Ancestry
  8. Vermählungsanzeige der Schwiegereltern in: Leipziger Zeitung 1853, Digitalisat auf Google Books, S. 4334
  9. Adressbuch Dresden 1885, S. 77, SLUB
  10. Adressbuch Dresden 1943/44, S. 932, SLUB
  11. Datensätze auf Ancestry
  12. Namensverzeichnis der Universitäts-Sängerschaft St. Pauli Leipzig, in ihrer zeitlichen Abfolge von 1822 bis 1937
  13. Adressbuch Leipzig 1877, S. 339, SLUB
  14. Adressbuch Dresden 1880, S. 425, SLUB
  15. Adressbuch Dresden 1881, S. 442, SLUB
  16. Adressbuch Dresden 1882, S. 393, SLUB
  17. Adressbuch Dresden 1883, S. 403, SLUB
  18. Adressbuch Dresden 1888, S. 551, SLUB
  19. Adressbuch Dresden 1892, S. 670, SLUB
  20. Adressbuch Dresden 1890, S. 606, SLUB. Nach der Umnummerierung war dies das Haus Nr. 11, siehe ADB 1893.
  21. Adressbuch Dresden 1898, S. 600, SLUB
  22. Adressbuch Dresden 1899, S. 687, SLUB
  23. Adressbuch Dresden 1901, S. 742, SLUB
  24. Adressbuch Dresden 1904, S. 935, SLUB
  25. Adressbuch Dresden 1905, S. 955, SLUB
  26. Adressbuch Dresden 1906, S. 962, SLUB
  27. Adressbuch Dresden 1909, S. 980, SLUB
  28. Adressbuch Dresden 1911, S. 1006, SLUB
  29. Adressbuch Dresden 1917, S. 811, SLUB
  30. Adressbuch Dresden 1919, S. 803, SLUB
  31. Adressbuch Dresden 1922/23, S. 935, SLUB
  32. Adressbuch Dresden 1940, S. 943, SLUB
  33. Jahresbericht des Königlich Sächs. Alterthums-Vereins über das Fünfundsechzigste Vereinsjahr 1889–1890, Dresden 1890, Digitalisat auf Google Books, S. 18
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