Neustädter Bahnhof

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Der Neustädter Bahnhof von der Ecke Antonstraße/Hainstraße, links im Gebäude die ehemalige Mitropa-Gaststätte
Der Bahnhof Dresden-Neustadt vom Schlesischen Platz aus gesehen
historisches Bahnhofsschild
Entwurfplanung für den neuen Bahnhof Dresden-Neustadt aus dem Jahr 1895 von Otto Klette (1850-1897)
Gedenktafel für die Deportation der jüdischen Bevölkerung von Dresden am Bahnhof Neustadt
Kuppelhalle: Stirnseite Meißner Porzellanfliesen mit Ansicht Sachsen schönsten Schlösser, Burgen u. Gärten
NBf neugestaltete Decke

Der Neustädter Bahnhof oder offiziell auch Bahnhof Dresden-Neustadt ist der zweite, kleinere Fernbahnhof in Dresden und befindet sich am Schlesischen Platz 1 in der Leipziger Vorstadt der Dresdner Neustadt an den Eisenbahnstrecken nach Leipzig und Görlitz. Er wurde von 1898 bis 1901 als Ersatz für den Leipziger und Schlesischen Bahnhof als Hallenbau mit acht Gleisen errichtet.

Wie in vielen großen Bahnhöfen existierte auch im Neustädter Bahnhof ein Zeitkino. Von 1999 bis 2001 wurde er umfassend saniert und bietet nun auch Einkaufsmöglichkeiten am Sonntag an.

[Bearbeiten] Geschichte

[Bearbeiten] 1898 bis 1933

Schon 1850 gab es Pläne, die beiden Fernbahnhöfe auf der Neustädter Elbseite, den Leipziger und den Schlesischen Bahnhof zu einem Bahnhof zusammen zu fassen. Das Vorhaben scheiterte seinerzeit an den unterschiedlichen Eigentümern: Seit dem 31. Januar 1851 war die Sächsisch-Schlesische Eisenbahnlinie in Staatsbesitz, die Leipzig-Dresdner Eisenbahn dagegen in privater Hand. Es dauerte noch bis 1892, als ein detaillierter Plan von Baurat Otto Klette (1847-1909) und dem Geheimen Rat, Ingenieur und Bauinspektor im Königlich-Sächsischen Finanzministerium Claus Köpcke (1831-1911) zum Umbau der Dresdner Bahnanlagen vorlag.

Der Umbau des Schlesischen und des Leipziger Bahnhofs zum neuen Personenbahnhof Dresden-Neustadt war der letzte Abschnitt der Umgestaltung der Dresdner Bahnanlagen im Zeitraum von 1892 bis 1902. Der Neubau erfolgte ab 1898. Dazu wurde vor dem Gelände des alten Schlesischen Bahnhofs ein Interimsbahnhof mit drei Gleisen erreichtet, der am 1. Mai desgleichen Jahres eröffnet wurde und mit der Abfertigung des letzten Zuges am 1. März 1901 wieder zurück gebaut wurde.

Im gleichen Jahr wurden das 177 Meter lange Empfangsgebäude und die 146 Meter lange Bahnsteighalle mit einer Bahnhofsfläche von insgesamt 19.500 m² fertig gestellt. Im Gegensatz zum Hauptbahnhof wurde das Hallendach mit Bimsstein abgedeckt, während man nur die seitlichen Flächen verglaste. Im neu eröffneten Neustädter Bahnhof gab es in der Bahnhofswirtschaft ein extra Damenzimmer, außerdem ähnlich wie im Hauptbahnhof an der östlichen Seite einen Anbau mit extra Zimmern für die Königliche Familie sowie öffentliche Baderäume für Damen und Herren.

Um die Eisenbahnstrecke aus Leipzig in den neuen Personenbahnhof einbinden zu können, wurde ab dem Vorort Pieschen eine neue Streckenführung über die damals noch kaum bebaute Leipziger Vorstadt, vorbei am heutigen Hechtviertel gewählt, um dann die Leipziger Bahn in einer großen 110°-Kurve kreuzungsfrei in den Neustädter Bahnhof zu integrieren.

Am östlichen Ende der Bahnhofshalle erhielt der Personenbahnhof ein kleines Betriebswerk (später nur noch eine Einsatzstelle) mit einem vierständigen Lokschuppen. Erbaut, um bei schweren Zügen bis zum Bahnhof Klotzsche mit einer zusätzlichen Lok auf der Steigung nachzuschieben, wurde dies bis in die 80er Jahre des 20. Jahrhunderts bei Güterzügen Richtung Görlitz beibehalten.

Am 22. September 1918 ereignete sich direkt im Bahnhof das schwerste Eisenbahnunglück der sächsischen Eisenbahngeschichte. Dabei prallten zwei D-Züge aufeinander. Grund war die Missachtung eines „Halt“ zeigenden Hauptsignals durch einen der Lokführer. Es gab 38 Tote und 118 Verletzte, 40 davon mit schweren Verletzungen.

[Bearbeiten] 1933 bis 1945

1935 gab es ein weiteres Zugunglück mit einer Flankenfahrt von zwei Personenzügen in der östlichen Bahnhofsausfahrt, wobei einige Wagen eines Sonderzuges - mit Kindern besetzt – umkippten bzw. entgleisten.

Von 1936 bis 1939 hielt auch der legendäre Henschel-Wegmann-Zug im Neustädter Bahnhof, der die Strecke vom und zum Hauptbahnhof in nur sechs Minuten zurück legte. Nach 1939 wurde dieser Zugverkehr aufgrund des Zweiten Weltkrieges eingestellt.

Der Bahnhof erlangte im Zweiten Weltkrieg auch dadurch eine traurige Berühmtheit, da aufgrund der hier beginnenden Eisenbahnstrecke über Görlitz nach Polen die Dresdner jüdische Bevölkerung deportiert wurde. Wurde anfangs mit zusätzlich angehängten Wagen an reguläre Personenzüge die jüdischen Einwohner ins Konzentrationslager nach Theresienstadt (heute Terezín/ Tschechische Republik) transportiert, waren es vor allem gegen Ende der Naziherrschaft Sonderzüge, die die Juden in die Vernichtungslager nach Polen schafften.[1] Die Luftangriffe am 13. Februar hatten den Abtransport der letzten 230 Juden aus Dresden verhindert. Nach Angaben der Jüdischen Gemeinde wurden insgesamt mehr als 2.000 Dresdner Juden deportiert.[2] Am Bahnhof befinden sich eine Gedenktafel sowie ein im Boden eingelassener Davidstern.

Im Februar 1945 wurde der Bahnhof gegenüber anderen Gebäuden der Stadt so gut wie nicht in Mitleidenschaft gezogen und war unmittelbar nach dem Krieg damit sogar der wichtigste Personenbahnhof für einige Zeit.

[Bearbeiten] 1945 bis heute

Zu DDR-Zeiten wurde der Bahnhof mehrere Male als Endstation für Staatsgäste benutzt, u. a. für den nordkoreanischen Machthaber Kim-Il-Sung, da die Sicherheitslage durch die Polizei und die DDR-Ordnungskräfte an diesem Bahnhof als besser zu handhaben eingeschätzt wurde als am Hauptbahnhof. Allerdings wurde zu diesen Staatsempfängen oft die Rückseite des Gebäudes als Ausgang gewählt.

In den Räumen an der Südwest-Ecke des Bahnhofsgebäudes befand sich eine MITROPA-Gaststätte, zu der auch der „Saxonia-Keller“ gehörte. Er war mit dunkelgrünen Polsterstühlen und -bänken, Eisenbahnlaternen als Wandbeleuchtung und Glasmosaiks (möglicherweise u. a. zur Elbschifffahrt) ausgestattet.[3]

Nach der politischen Wende erfolgte eine Grundsanierung des Bahnhofs. 1995 wurde ein modernes Reisezentrum eingerichtet und von 1997 bis 1998 wurde die komplette Empfangshalle denkmalsgerecht instand gesetzt, danach ab Juli 2000 die Bahnsteighalle. In der ehemals unter Denkmalsschutz stehenden Bahnhofswirtschaft eröffnete am 21. Dezember 1994 ein Lebensmitteldiscounter eine Filiale. Am 1. Juni 2001 konnte der Neustädter Bahnhof fertig rekonstruiert der Öffentlichkeit wieder übergeben werden.

Die große Neustädter Bahnhofshalle selbst misst 140 Meter in der Länge an den Seitenanbauten und 146 Meter in der Mittelhalle. Sie ist insgesamt 70,50 Meter breit und nimmt acht Personengleise, auch für den internationalen Fernverkehr auf. Zwei weitere Güterzuggleise umfahren die Halle an der Rückseite des Bahnhofs.

Aktuell halten fast alle in Dresden verkehrenden Fernzüge an diesem Bahnhof, so gibt es Direktverbindungen u. a. nach Berlin, Prag, Frankfurt/Main, Wiesbaden, Basel, Hamburg, Zürich, München, Breslau, Wien und Budapest. Außerdem halten die S-Bahnlinien S1 und S2 sowie Regionalzüge nach Leipzig, Görlitz, Zittau, Kamenz und Königsbrück in diesem Bahnhof.

Bis Anfang 2007 waren die Gleisanlagen noch im Ursprungszustand. Im Rahmen des Verkehrsprojektes deutsche Einheit werden die Gleise und Bahnsteige erneuert, die Gleise 1 und 2 werden nach dem Umbau der S-Bahn vorbehalten bleiben.

Obwohl in den letzen Jahren saniert, konnte der Neustädter Bahnhof ein gewissen Flair bewahren, wodurch er gerne bei Sonderfahrten angefahren wird. Durch den Wegfall der Formsignale und der Stellwerke 2008 hat er von seinem Charme allerdings etwas eingebüßt.

[Bearbeiten] Quellen

[Bearbeiten] Einzelnachweise

  1. Sonderzüge in den Tod, Die Deportationen mit der Deutschen Reichsbahn, Andreas Engwert u. Susanne Kill, Böhlau-Verlag Köln, 2009, ISBN 978-3-412-20337-5
  2. mdr-Dresden gedenkt ermordeter Juden
  3. historische Ansichtskarte

[Bearbeiten] Weblinks

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