Heiliger See (Nisani)

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Der Heilige See der Nisaner lag in Mockritz. Nach der altsorbischen Hagiographie war sein Name Nisani, was auf ein Hauptheiligtum der Nisaner schließen läßt. Der Mühlteich von Mockritz aus dem 17. Jahrhundert ist nicht mit dem Heiligen See identisch, liegt aber sehr wahrscheinlich auf dessen ehemaligem Gelände. Der genaue Standort des Heiligen Sees läßt sich nur noch ungefähr bestimmen.

Wasser galt den Sorben als heiliges Element und hatte offenbar eine zentrale Bedeutung. Die Sorben siedelten immer sehr in der Nähe von Gewässern, vor allem Fließgewässer.

Quell- u. Stromgötter gibt es ... bei allen Slawen, weil ihnen Ströme, Bäche, Quellen heilig waren. .. Flußgöttinnen [hießen] Rusalki, jugendliche, schöne, sanfte, freundliche Gottheiten mit langen, grünen, wallenden Haaren, welche sie, auf Felsen in Bächen sitzend, im Sonnenschein trocknen, kämmen u. flechten.[1]

Elbsorben wie die Nisaner verehrten naturgemäß die Elbe.

Die Hauptheiligtümer der Elbsorben waren von Fließgewässern gespeiste Seen, so der See Glomaci der Glomaci (ahd. Daleminci) und der Nisani der Nisaner. Auch der Queckborn speiste in altsorbischer Zeit einen See, den Porogi (auch: Pologi) oder Geburtssee. Ein Bad in diesem See sollte die Fruchtbarkeit der Frauen erhöhen. Auch das Trinken des Wassers wurde als fruchtbar und heilsam angesehen.[3]

Nach der altsorbischen Hagiographie war Nisani der Name des Heiligen Sees in Mockritz, was auf ein Hauptheiligtum der Nisaner schließen läßt. Für gleich mehrere Lokalheilige war der Nisani, an dem die Nisaner Idole ihrer Götter aufstellten, ein Ort der Abgötterei und wurde mit den Höhen der Bibel verglichen. Ähnlich verhielt es sich im benachbarten sorbischen Gau Glomaci (laut Thietmar von Merseburg (975 bis 1018): Daleminzier nach Dalmatien, wo ähnlich sprechende Südslawen zur Zeit Thietmars lebten), dessen sakrales Zentrum der See Glomaci war. Der Heilige See Nisani in Mockritz war sakraler Bereich der Nisaner und wurde bereits im 13. Jahrhundert durch Verfüllen und das Fällen der Fünf Heiligen Linden im Auftrag des Bischofs von Meißen (vermutlich Bruno II., reg. 1209 bis 1228) zerstört und entweiht. (Johann Georg Theodor Grässe ging fehl mit der Annahme, daß dieser See mit dem erst 1621 angelegten Münzteich identisch sein sollte. Die Lage des altsorbischen Heiligen Sees Nisani ist nur noch ungefähr zu bestimmen.

[Bearbeiten] Anmerkungen

  1. Das Wasser u. seine Gottheiten. Gleich den übrigen Völkern dachten sich auch die Slawen das Wasser durch Götter belebt, wiewohl sie dieselben nicht einer Hauptgottheit unterordneten. Zwar geschieht in russischen Volksliedern zuweilen eines Morskoj Zar (Meereskönigs) Erwähnung, da aber einige Stämme vom Meer gänzlich isolirt lebten, so ist hierin vielleicht der Grund zu suchen, daß eine eigentliche Meeresgottheit keine allgemeine Verehrung fand. Quell- u. Stromgötter gibt es dagegen bei allen Slawen, weil ihnen Ströme, Bäche, Quellen heilig waren. Die meisten Slawen (Russen, Serben, Slowaken, Czechen, Polen) nennen die Flußgöttinnen Rusalki, jugendliche, schöne, sanfte, freundliche Gottheiten mit langen, grünen, wallenden Haaren, welche sie, auf Felsen in Bächen sitzend, im Sonnenschein trocknen, kämmen u. flechten. Ein Eid der Slawen an einer Quelle geleistet war bes. verbindlich. Noch heute gibt es in Rußland heilige Brunnen, in welche man kleine Kupfer- od. Silberstücke wirst, zum Dank für den gespendeten Trank od. die durch denselben empfangene Genesung, u. kein Dieb vergreift sich an denselben. Die Sitte der Besprengung u. Untertauchung von Jünglingen u. Jungfrauen (Smitsch) am zweiten Ostertage, welche noch bis heute in einem Theile Rußlands, in ganz Polen u. Polnisch-Schlesien herrscht, weist ebenfalls auf eine heidnische allgemeine Wasserverehrung hin; endlich erinnern an die heidnische Wasserverehrung auch die noch in Rußland bestehenden großen Wasserweihfeste. Dem Wasser wurde auch eine Zauberkraft zugeschrieben, deren oft in alten Nationalliedern der Russen, Polen etc. Erwähnung geschieht, u. unzählige Opfer sollen an Quellen, Strömen u. Seen dargebracht worden sein, um sich von Zaubern zu lösen. In: Slawische Mythologie, Pierer's Universal-Lexikon, Band 16. Altenburg 1863, S. 208-211.
  2. III. Cultus. Priester besorgten den Gottesdienst u. die Opfer. Innerhalb der Priesterschaft gab es verschiedene höhere u. niedere Grade, ja bei einzelnen slawischen Völkern hatte sich eine vollständige Hierarchie ausgebildet, welche selbst die Fürstenwürde u. Königsgewalt in Schatten stellte u. dadurch, daß die Priester die Götter zu versöhnen, deren Gunst u. Segen zu wirken u. deren Willen dem Volke kundzuthun hatten, einen großen Einfluß auf Völker u. Fürsten erlangten. Auch Priesterinnen gab es, welche zum Tempeldienst u. bei den Opfern verwandt wurden u. sich mit Weissagung u. Zauberei beschäftigten. Sowohl alte Frauen als Jungfrauen werden in dieser Beziehung erwähnt, u. unter allen slawischen Völkerschaften sind bes. die Czechen reich an wahrsagenden Frauen, welche hoch geehrt wurden. Die Opfer, welche von Allen dargebracht, aber nur durch Priesterspruch wirksam gemacht werden konnten, lassen sich in Bitt-, Sühn- u. Dankopfer eintheilen Von den Opferthieren wurde das Blut den Göttern dargebracht, das Fleisch fiel theils den Priestern allein zu, theils ward es vom gesammten Volke od. Volksstamm in gemeinsamen Schmausereien verzehrt. Auch Menschen, besonders Kriegsgefangene od. geraubte Christen, wurden zuweilen den zürnenden Göttern geopfert. Gewöhnlich waren indeß die Opfer minder blutig u. bestanden meist in Speise- u. Trankopfern, womit festliche Spiele u. Aufzüge verbunden waren. Solche Feste wurden in den volkreichen Orten, wo heilige Haine waren, gefeiert. Die Wälder u. Bäume standen bei allen slawischen Völkerschaften in großem Ansehen, bes. aber diejenigen, worin Tempel od. Götzenbilder standen. Hier besprengte man oft die in der Nähe des Heiligthums stehenden Bäume mit Blut von Thieren, ja es gab Haine, welche alljährlicher Menschenopfer zur Weihe bedurften, wie dies in der Lausitz unter den Wenden der Fall war. Oft bekränzte man die Opfer auch mit Blumen u. Ähren, z.B. gewöhnlich die Jungfrauen unter den Gefangenen u. ließ sie sodann den Feuertod sterben. Mit der Asche der Verbrannten düngte man hierauf die den Göttern vorzugsweise geheiligten Bäume, z.B. alte Eichen, Buchen, Birken, Ulmen u. Tannen. Man tanzte, sang u. schmauste hierbei od. gab sich den Genüssen der. Liebe rückhaltlos hin. Die [210] Stätten der Gottesverehrung waren außer den gedachten Hainen auch in Städten (zu Julin, Chozegow, Romove etc.) od. auf Feldern u. an Wassern, namentlich gab es geweihete Quellen, Flüsse u. Seen. Den Slawen Deutschlands standen Elbe u. Oder, den Polen die Weichsel, den Russen die Düna, Wolga, der Don u. der Dniepr stets in heiligem Ansehen. Wo Tempel standen, welche theils aus Holz, theils aus Steinen erbaut u. oft reich mit Schnitzwerk versehen waren, wie es bes. bei den Westslawen der Fall war, wurden auch meistens Bilder u. Statuen der Götter aufbewahrt. An jenen Stätten der Gottesverehrung fanden alle feierlichen Verrichtungen der Priester statt, als Opfer, Gebete, Orakelsprüche etc. Die Priester erforschten den Willen der Gottheit u. verkündeten denselben öffentlich u. feierlich dem Volke, wenn es Beschlüssen galt, welche für die Gesammtheit von Wichtigkeit waren, u. ihnen fügte sich dann gewöhnlich Fürst u. Volk. Der Volksglaube gab viel auf Ahnungen, Träume u. dergleichen u. sah in vielen Zufälligkeiten u. Begegnungen Anzeichen u. Vorbedeutungen, welche man als gute od. schlimme gelten ließ. In den alten slawischen Volksliedern werden eine Menge Zaubergebräuche erwähnt, welche bei den slawischen Völkern im Schwange waren. Man erforschte z.B. die Zukunft aus Ringen, aus dem Gießen von geschmolzenem Wachs od. Blei in Wasser, aus Holzstäben, aus der Stellung der Sterne, der Richtung der Winde, aus dem Wiehern der Rosse, aus der Stimme der Vögel, aus dem Blute der Opferthiere u. geopferten Menschen etc. Die Zauberer beschworen auch Krankheiten, ermittelten Diebstähle u. Verbrechen u. gaben Urtheilsprüche aller Art ab, welche meist als vollkommene Rechtsprüche galten. Hauptquellen der S-n M. sind: Le Clerc, Mythologie des Slaves (im 1. Band von dessen Histoire de la Russie ancienne, Par. 1783); Gebhardi, Geschichte aller wendisch-slawischen Staaten, Halle 1790, 4 Bde.; Guthrie, Dissertations sur les antiquités de Russie, cont. l'ancienne mythologie, les rites payens, les fêtes sacrés, les jeux, les oracles etc., Petersb. 1795; Mone, Geschichte des nordischen Heidenthums, Theil I, S. 111.; Siestrjencewicz, Recherches historiques sur l'origine des Sarmates, Petersb. 1812, Theil III, S. 589 ff., IV 801 ff.; Götze, Stimmen des russischen Volks in Liedern, Stuttg. 1828; Russische Märchen, Petersb. 1832, fortgesetzt daselbst 1832 von Luganski; Schafarik, Slawische Alterthümer, Lpz. 1848, 2 Bde.; Niemeyer, Mythologie der alten Völker, Nordländer, Wenden u. Slawen, ebd. 1850; Schwenck, Mythologie der Slawen, Frankf. 1855 u.a.m. Zur Aufhellung der S-n M. dienen auch die älteren Helden- u. sonstigen Nationalgesänge der einzelnen slawischen Volksstämme, vorzüglich Wladimirs Tafelrunde, Igors Zug gegen die Polowzer, die Lieder der Königinhofer Handschrift, die serbischen Gesänge etc. In: Slawische Mythologie, Pierer's Universal-Lexikon, Band 16. Altenburg 1863, S. 208-211.
  3. Johann Georg Theodor Grässe ( * 31. Januar 1814 in Grimma; † 27. August 1885 in Niederlößnitz) schreibt in der Sage Der Wundersee zu Lommatsch: Etwas über eine Meile von der Elbe und eine halbe Stunde von der Stadt Lommatsch befand sich früher ein Brunnen, der durch seinen Abfluß eine Art Teich bildete und Glomuczi oder Glomaci genannt ward und mit dem jetzigen Poltzschner See identisch sein soll. Bei diesem versammelten [84] sich in den Zeiten des Heidenthums die Bewohner jenes Theils des heutigen Sachsens, die Daleminzier, jedes Jahr und faßten hier ihre politischen Beschlüsse, stellten hier auch ihre Gottheiten auf, und so kam es, daß häufig zur Verehrung derselben hierher gewallfahrt ward. Man hatte nämlich bemerkt, daß, wenn Friede im Lande und ein fruchtbares Jahr bevorstehe, auf der Oberfläche des See’s Weitzen, Hafer und Eicheln herumschwammen, wenn aber ein Krieg im Anzuge war, dann zeigte sich statt desselben Blut und Asche. Noch lange Zeit aber nach Einführung des Christenthums sollen die Bauern in der Umgegend diesem See mehr Glauben geschenkt haben, als einem christlichen Gebete in der Kirche. Von diesem Teiche sollen aber die Brunnen von Altlommatsch ihr Wasser und die Stadt selbst (früher Glomaci genannt) ihren Namen erhalten haben, und sonderbar ist es allerdings, daß derselbe weder Zu- noch Abfluß hat, und er bei anhaltenden Regen eher kleiner als größer wird, wogegen er bei großer Trockenheit desto mehr Wasser hat und die nahe gelegenen Felder überschwemmt. Des Nachts schwärmen in seiner Nähe viele Irrwische herum, und es soll überhaupt nicht recht geheuer da sein. (Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen, Band 1. S. 83-84.) Desweiteren führte er aus: Aehnlich war der heilige See zu Mockritz bei Dresden, der jetzige Mühlteich, den die slavischen Priester ebenfalls zu Orakeln benutzten. Ein ähnliches Wunder erzählt übrigens schon Aristoteles (Mirab. Auscult. p. 541) von dem Bacchustempel im Lande der Bisalten.
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