Diskussion:Siedlung an der Frauenkirche

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[Bearbeiten] Dresdner Geschichtsblätter Band 1 (1892 bis 1896), S. 8.

"Nach der Erbauung der Stadt konnte natürlich das draußen um die Frauenkirche herum liegende Dorf Dresden kein selbständiges Dasein mehr führen, zumal da die Kirche selbst den Bürgern als Pfarrkirche diente: der kleine Ort trat zur Stadt in das Abhängigkeitsverhältniß einer Vorstadt. Man bezeichnete sie als die Häuser „auf der Brücke“ und „an der Elbe“ und theilte sie in eine Ober- und Niedergemeinde, beide unzweifelhaft hauptsächlich von Fischern bewohnt. Ein Ueberrest der ursprünglichen Dorfeigenschaft dieser Fischergemeinde waren noch im 16. Jahrhundert die dem Landesherrn zu leistenden Jagddienste, zu denen auch das Städtchen Altendresden auf dem rechten Elbufer verpflichtet war, das ja ursprünglich mit der Fischergemeinde zusammen ein Dorf gebildet hatte. Mindestens schon im 14. Jahrhundert bauten sich neben den Fischern die Töpfer an, die wegen der Feuergefährlichkeit ihres Gewerbes in der Stadt nicht geduldet wurden. Die Benennungen Fischergasse und Töpfergasse wurden jedoch erst gegen Ende des 15. Jahrhunderts üblich. Haben wir in der Fischergasse, der jetzigen Brühl’schen Gasse, den Kern des ursprünglichen slawischen Dorfes Dresden zu suchen, so treten uns ganz in der Nähe, jenseits der Frauenkirche, auch die Spuren einer uralten deutschen Ansiedelung entgegen. Es ist die Rampische Gasse und die sich daran anschließende Pillnitzer Straße, früher äußere Rampische Gasse genannt. Die Rampische Gasse führt diesen stark abgekürzten Namen bereits seit 500 Jahren, daneben kommt aber auch noch im Anfange des 15. Jahrhunderts die vollständigere Form „Rampoldische Gasse“ vor. Der Name hat natürlich nicht das geringste mit einer „Rampe“ zu thun, sondern rührt von einem Dorfe Ranvoltiz her, das als Lehnsbesitz des Maternihospitals im Anfange des 14. Jahrhunderts urkundlich erwähnt wird und zweifellos in der Richtung dieser Gasse vor der Stadt lag. Ranvoltiz ist zusammengesetzt aus dem deutschen Personennamen Ramfold und der slawischen Endung icy, eine Ortsnamenbildung, wie sie auf unserm Boden, wo einst zwei Sprachen um die Herrschaft rangen, wiederholt vorkommt, z. B. auch beim Dorfe Arntiz, ursprünglich Arnoltiz. Ranvoltiz bedeutet die „Leute des Ramfold“ oder, freier übersetzt, Ramfoldsheim. Die Art der Namengebung beweist, daß die Niederlassung des Deutschen Ramfold ebenso wie die Gründung von Poppitz zu einer Seit erfolgte, wo die Bevölkerung hier noch überwiegend slawisch war. Wir kennen von jenem Ramfold leider nichts als den Namen, aber wir werden ihn uns gern als eine streitbare und kraftvolle Persönlichkeit vorstellen, denn nur solche Männer konnten es unternehmen, sich in dem eben erst niedergeworfenen feindlichen Lande zu friedlicher Thätigkeit niederzulassen. Was ist nun, fragen wir, aus dem [9] Dorfe des Ramfold, dieses ersten uns bekannten deutschen Ansiedlers in unserer Gegend, geworden? Ranvoltiz wird, auch in der Form Ramaltiz, nur in den Jahren 1310 bis 1316 genannt, dann verschwindet es aus den Urkunden. Dagegen erscheint ein halbes Jahrhundert später, um 1370, die platea Ramtiz, Ramtizgasse oder Rampoldische Gasse und als ihre äußere Fortsetzung die via Ramticz, die Rampische Straße. Nun bietet sich gerade in jener Zeit durchaus kein Anhalt, welcher das vollständige Verschwinden eines so nahe an der Stadt gelegenen und ihr gehörigen Dorfes erklären würde. Man muß daher annehmen, daß das Dorf gar nicht verschwunden, sondern bei der Ausbreitung der Vorstadt in diese hineingewachsen ist. So ist im 14. Jahrhundert aus der villa Ranvoltiz die via Ramtiz, aus dem Dorfe eine bloße Vorstadtgasse, die äußere Rampische Gasse, geworden."

Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 1 (1892 bis 1896). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1892–1896, Seite 8f. = "Dresdens Straßen und Plätze." Vortrag, am 27. Januar 1892 gehalten von Dr. Otto Richter.

--Methodios 17:28, 9. Apr. 2024 (CEST)

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