Chronicon parvum Dresdense
Das Chronicon parvum Dresdense (auch Cronica principum Misnensium = Chronik der Fürsten von Meißen) ist eine Landeschronik von Obersachsen und der Lausitz (dem damaligen Herrschaftsgebiet der Markgrafen von Meißen) aus dem 14. Jahrhundert. Sie berichtet über den Zeitraum von 1175 bis 1349. Die Handschrift wird aktuell auf das 3. Viertel des 14. Jahrhunderts datiert (1351 bis 1375)[1]. Damit korrespondiert diese Datierung aber nicht mehr mit der traditionellen Vermutung, dass sie im Dresdner Augustinereremiten-Konvent entstanden sei, der erst 1404 begründet und 1420 vollendet wurde. Aus dieser Vermutung entstand auch der Name Chronicon parvum Dresdense, 1730 eingeführt angeblich durch Johann Burckhardt Mencke (der aber "CHRONICON PARVUM VERNACULUM" benutzte).[2] . Spätestens der Bibliothekar Dr. Ludwig Schmidt vermutete 1896 als Autor einen "Mönch im Franciskanerkloster".[3]
Die in der Sächsischen Landes- und Universitätsbibliothek Dresden aufbewahrte Handschrift[4] ist als Online-Ressource verfügbar[5].
- "Die ältesten Aufzeichnungen zur Geschichte unserer Stadt enthält eine kleine, in deutscher Sprache verfaßte Chronik, welche von Mencke im dritten Bande seiner Sammlung deutscher Geschichtschreiber (Sp. 346 ff.[6]) unter dem selbst erfundenen Titel Chronicon parvum Dresdense herausgegeben worden ist[7]. Allerdings ist dieselbe [270] nicht, wie man nach der obigen Aufschrift vermuthen könnte, eine spezielle Ortschronik; denn sie bietet nur einzelne lokalgeschichtliche Angaben, während die thüringisch-meißnische Landesgeschichte im Vordergrund der die Zeit von Konrad dem Großen bis zum Tode Markgraf Friedrich des Strengen (1349) umfassenden Darstellung steht. Erhalten ist uns das Werkchen nur in einer einzigen Handschrift – früher im Hauptstaatsarchiv, jetzt in der Königl. öffentl. Bibliothek (Manuskr. J. 46) –, die außerdem noch zu Anfang einen kleinen lateinischen Roman von Constantin dem Großen und dessen Mutter Helena enthält und von einer dem 14. Jahrhundert angehörigen Hand geschrieben ist. Der Verfasser lebte ohne Zweifel, eben wegen jener lokalen Bemerkungen, in Dresden und war geistlichen Standes, wie aus der sorgfältigen Verzeichnung zahlreicher Klostergründungen, Stiftungen von Messen und dergleichen hervorgeht, vielleicht Mönch im Franciskanerkloster. Auffällig ist die Anwendung der deutschen Sprache, da sich dieser als Schriftsprache damals vorwiegend nur die Laien zu bedienen pflegten; ich halte es daher für wahrscheinlich, daß uns hier nur die Uebersetzung einer ursprünglich lateinisch geschriebenen Chronik vorliegt, wodurch die zahlreichen Fehler, besonders Namensverwechslungen, im Texte, sowie ein aus der Vorlage herübergenommenes lateinisches Wort (zum Jahre 1256: Otto prefectus von Donyn) am besten ihre Erklärung finden würden. Ungefähr vom Anfang des 14. Jahrhunderts an liegen uns selbständige Berichte über die vom Verfasser selbst erlebten Ereignisse vor, während für die früheren Zeiten schriftliche Aufzeichnungen, namentlich solche, die auf das Kloster Altzelle als Ursprungsort hinweisen, benutzt sind.[8] Die älteste lokalgeschichtliche Notiz findet sich zum Jahre 1236 (richtig wäre 1234); es wird hier erzählt, daß Markgraf Heinrich der Erlauchte mit seiner Gemahlin Constantia aus Oesterreich ein Stück des heil. Kreuzes nach Dresden gebracht habe: die älteste Nachricht über das später so berühmte Heiligthum der hiesigen Kreuzkirche. Spätere Nachrichten betreffen eine Niederlage der Thüringer „uf den Wilischen tore“ (1315); die Stiftung zweier Frühmessen „dye eyne uber dez heyligen cruczes altar, dye ander in unßer vrowen kor“ durch Friedrich den Kleinen, sowie den Verkauf Dresdens[9] durch denselben an Markgraf Waldemar von Brandenburg für 7000 Schock Groschen und eine jährliche Rente von 400 Schock auf Lebenszeit (zum Jahre 1316 gestellt, aber in der Darstellung deutlich als Nachholung früherer Ereignisse gekennzeichnet)[10]; die Stiftung zweier Altäre („aller heyligen altar unde den czu den heiligen crucze“) durch Ticze Buling (zu 1321); Einsturz der Elbbrücke (1342); Judenverbrennung und Vertreibung der Flagellanten (1349)[11]. Es sind uns also eine ganze Anzahl wichtiger stadtgeschichtlicher Notizen nur durch diese Quelle erhalten."[12]
[Bearbeiten] Weblinks
- Chronicon parvum Dresdense', dt. im Handschriftencensus (HSC)
- Die Cronica principum Misnensium in: Geschichtsquellen des deutschen Mittelalters bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften
[Bearbeiten] Anmerkungen
- ↑ Werner J. Hoffmann: Die mittelalterlichen deutschen und niederländischen Handschriften der Sächsischen Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden (= Archivum Medii Aevi Digitale Studies. Catalogues 1), Frankfurt a. M. 2022, S. 487-490.
- ↑ Burchardus Menckenius: Scriptores rerum Germanicarum praecipue Saxonicarum. 3 Bände. Martinus, Leipzig 1728–1730. (Digitalisat Band 1), (Band 2), (Band 3); hier Band 3, Spalte 345ff.: "CHRONICON PARVUM VERNACULUM / RERUM IN MISNIA AB ANNO 1175. / AD ANN. 1349. / QVOD NON / IMMERITO / DRESDENSE / DICI POSSET; / EX MEMBRANA VETERI ARCHIVI ELECTORALIS / DRESDENSIS. - Hauptsachtitel: Scriptores Rervm Germanicarvm, Praecipve Saxonicarvm : In Qvibvs Scripta Et Monvmenta Illvstria, Pleraqve Hactenvs Inedita, Tvm Ad Historiam Germaniae Generatim, Tvm Speciatim Saxoniae Svp. Misniae, Thvringiae Et Varisciae Spectantia, Vel Nvnc Primvm In Lvcem Protrahvntvr, Vel Cvm Codicibvs Mss. Collata Notvlis Illvstrantvr ; Cvm Figvris Aeneis. - Ansetzungssachtitel: Scriptores Rerum Germanicarum, Praecipue Saxonicarum - Verantwortlichkeitsangabe: Ex Sva Bibliotheca Aliisqve Edidit Io. Bvrchardvs Menckenivs, I.V.D. ... Regi Polon. Atqve Electori Saxoniae A Consiliis Avl. Et Historia, Hist. In Acad. Lips. Prof. Pvbl. - Drucker: Johann Christian Martini - Lipsia. - I. B. Menckenii Scriptores Rervm Germanicarvm, Praecipve Saxonicarvm - Erschienen: 1 (1728) - 3 (1730) - Erscheinungsvermerk: Lipsiae, Impensis Ioannis Christiani Martini.
- ↑ Ludwig Schmidt: Die Anfänge der Dresdner Lokalgeschichtschreibung. (1896) In: Dresdner Geschichtsblätter. Band 1 (1892 bis 1896), S. 269 - 274.
- ↑ Dresden, Sächsische Landesbibliothek. Staats- und Universitätsbibliothek, J 46, f. 9r-10v einzige Handschrift saec. xiv.
- ↑ Werkansicht.
- ↑ Hier irrt Ludwig Schmidt: tatsächlich Sp. 345 ff. - ihm stand das Werk offenbar nicht zur Verfügung.
- ↑ Hier irrt der Bibliothekar Ludwig Schmidt - Mencke gab das Werk unter dem Titel "CHRONICON PARVUM VERNACULUM" heraus - Schmidt stand das Werk offenbar nicht im Original zur Verfügung.
- ↑ "Hierüber handelt Ulmann in den Forschungen zur deutschen Geschichte XIV, 207 ff., wo auch eine Anzahl Lesarten und fehlende Wörter des Mencke’schen Textes berichtigt und ergänzt sind."
- ↑ "Der Name „Dreseden“ ist von Mencke ausgelassen, steht aber, wenn auch undeutlich, in der Handschrift."
- ↑ "Der Verkauf Dresdens an Waldemar ist in den bisher erschienenen Darstellungen dieser Verhältnisse nicht berücksichtigt worden. (Klöden, Markgraf Waldemar II, 198f., Wegele, Friedrich der Freidige 335, Richter, Verfassungsgeschichte der Stadt Dresden 242.) Da die Urkunde, in welcher die brandenburgischen Markgrafen Waldemar und Johann die Stadt in ihren hergebrachten Rechten zu schützen versprachen (Cod. dipl. Sax. II, 5, S. 25 Nr. 32), sicher vom 19. Oktober 1315 ist, so muß der Verkauf vorhergegangen sein. Die Notiz unserer Chronik über die Kämpfe am Wilischen Thore kann daher nicht auf eine Eroberung der Stadt durch die brandenburgischen Markgrafen bezogen werden, sondern bezeichnet wohl einen Versuch Friedrichs des Freidigen, dieselbe durch thüringische Truppen den Brandenburgern zu entreißen, der aber abgeschlagen wurde."
- ↑ Richter, Verfassungsgeschichte der Stadt Dresden, S. 227.
- ↑ Zitiert nach: Ludwig Schmidt: Die Anfänge der Dresdner Lokalgeschichtschreibung. (1896) In: Dresdner Geschichtsblätter. Band 1 (1892 bis 1896), S. 269 - 274. Hier: S. 269f.