Liubusua

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Die sehr große Slawenburg Liubusua wird nur durch Thietmar von Merseburg in dessen Chronik beschrieben und hier erstmals direkt nach der Gründung der Burg Meißen durch Heinrich I. im Jahre 929 erwähnt:

Von da aus unterwarf er 932 die Milzener und zwang sie ihm Zins zu zahlen. Auch die Burg Liubusua, von der ich später ausführlich reden werde, belagerte er lange und brachte die Einwohner, nachdem sie vor ihm in eine kleine unterhalb der Burg gelegene Feste geflohen waren, zur Übergabe. Die Burg aber wurde von jenem Tage an, wo sie nach Verdienst mit Feuer zerstört wurde, nicht wieder bewohnt. Wenn Heinrich während seiner Regierung, wie viele behaupten, unrechtmäßiges Besitztum an sich gerissen hat, so möge ihm Gott in seiner Gnade verzeihen.[1]

In der älteren Forschung wurde dieser Text aus meist lokalpatriotischen Gründen dahingehend interpretiert, dass Liubusua die Hauptburg der Milzener gewesen wäre. Dem steht schon der Text entgegen, der davon spricht, dass neben den Milzenern auch die Burg Liubusua unterworfen wurde. Auch wird in der neueren Forschung davon ausgegangen, daß es um 930 keine Hauptburg der Milzener gegeben hatte. Dieser Stamm war nach dem Bayerischen Geographen in 30 civitates (Siedlungskammern) gegliedert, ohne dass eine Hauptburg Erwähnung fand. Nach neuerer Forschung ist der zweite Teil des Bayerischen Geographen erst Anfang des 10. Jahrhunderts entstanden, also zur Zeit Heinrichs I. und dessen Ostexpansion.

Durch die neuere Forschung wurde Liubusua mit großer Wahrscheinlichkeit mit den Wallanlagen an der Rauhen Furt über die Elbe nördlich von Meißen identifiziert. Hierzu gehören die Burgwälle Löbsal, Goldkuppe und Göhrisch. Ältere Identifizierungen setzten Liubusua mit den Burgwällen Lebus (Freiherr von Gundling 1753), Lebusa im Amt Schlieben (Johann Daniel Ritter 1780), Altenburg (Hans Löbe 1941), Bad Liebenwerda (Rudolf Lehmann 1954), Freesdorf (Joachim Herrmann 1968) oder Kosilenzien (Reinhard Speer 1994) gleich. Die Gleichsetzung mit Altenburg war dem nationalsozialistischen Geschichtsverständnis geschuldet (Hans Löbe: Liubusua : die Polen in Altenburg. Verlag Körner, Altenburg 1941), die Identifizierung mit Freesdorf durch Joachim Herrmann war infolge dessen Autorität in der sozialistischen DDR unumstößlich und stand bis zur Wende 1989 neueren Erkenntnissen im Wege (Werner Coblenz, E. Faust, Eike Gringmuth-Dallmer u. a. (Bearb.): Corpus archäologischer Quellen zur Frühgeschichte auf dem Gebiet der Deutschen Demokratischen Republik (7. bis 12. Jahrhundert). 4. Lieferung. Bezirke Cottbus, Dresden, Karl-Marx-Stadt, Leipzig. Berlin (-Ost) 1985, S. 42 Nr. 93/46).

Während die Milzener die Tributherrschaft mit dem Tod von Heinrich I. im Jahre 936 abschütteln konnten, blieb die Burg Liubusua weiterhin zerstört und wurde erst durch Heinrich II. in dessen Polenkriegen ab Ende Januar 1012 wieder aufgebaut und mit einer Besatzung versehen. Die Burg faßte nach Thietmar von Merseburg mehr als 10.000 Menschen.[2][3]

Am 24. Juli 1012 versammelte sich das kaiserliche Heer in Schrenz (heute Ortsteil von Zörbig) an der Riede im Gau Nelstice zum Polenfeldzug und brach von dort nach Belgern auf. Dort mußte bereits am 2. August der Feldzug auf Beschluß der Fürsten abgebrochen werden[4]. Der Führer des Unternehmens, Erzbischof Walthard von Magdeburg, erkrankte in der folgenden Nacht schwer und starb auf dem übereilten Rückzug am 12. August in der Burg Giebichenstein bei Halle an der Saale.[5]

Nach dem Tod des Erzbischofs Walthard von Magdeburg begann Herzog Bolesław I Chrobry von Polen mit der Belagerung der von nur 1000 Mann verteidigten Burg, die wegen eines Hochwassers der Elbe von den Deutschen nicht entsetzt werden konnte. Da zur wirksamen Verteidigung der Burg mindestens 3000 Mann notwendig waren, leistete die Burgbesatzung auch ungenügend Widerstand:

Bolizlav saß beim Frühmal und sah voller Freuden seine Mannen als Sieger in die Burg eindringen. Das Tor ward geöffnet und viel Blut vergossen. Gefangen genommen wurden von jenen die angesehenen Männer Guncelin und Wiso und der unglückliche Befehlshaber der Burg, Scih, welcher verwundet war. Dieser beklagenswerte Mann verlor, so oft er eine Burg zu hüten hatte, dieselbe stets, nicht aus Feigheit, sondern durch ein klägliches Missgeschick. Sie wurden alle dem stolzen Sieger vorgeführt und auf seinen Befehl alsbald wieder zur Haft hinweggebracht. Von den Kriegsgefährten des Herzogs blieben jedoch nicht weniger als fünfhundert Mann in eben diesem Kampfe. Dieses jammervolle Blutbad ward angerichtet am 20. August (1012). Die ungeheure Beute wurde dann geteilt, die Burg angezündet, und die siegreiche Schaar zog mit ihrem Herrn fröhlich heim.[6]

1123 wurde eine von durch den damaligen Sachsenherzog Lothar von Süpplingenburg belagerte und durch Heinrich Haupt befehligte Burg Libuze erwähnt. Der kaiserliche Parteigänger Heinrich Haupt mußte die Burg aufgeben und seinen Sohn als Geisel stellen.[7][8][9]. Infolge der sehr wahrscheinlichen Identifizierung der Burg Liubusua durch die neuere Forschung mit den slawischen Wallburgen bei Löbsal ist auch eine Identität von Libuze und Liubusua sehr wahrscheinlich geworden. 1116 war Heinrich Haupt Burggraf der Löbsal naheliegenden Burg Meißen[10]. Die Burganlagen bei Löbsal waren nach den archäologischen Befunden noch bis in das 13. Jahrhundert bewohnt.

[Bearbeiten] Quellen

  1. Thietmar c. I
  2. Thietmar VI, 39
  3. Heinrich II. - 1012 (Jänner), Merseburg: Heinrich vereinbart einen fünfjährigen Landfrieden für Sachsen. Er befiehlt den Wiederaufbau von Liubusua, der Ende Jänner begonnen wird und nach 14 Tagen abgeschlossen ist. Eine Besatzung wird in die Burg gelegt. RI II,4 n. 1754a, in: Regesta Imperii Online, URI: http://www.regesta-imperii.de/id/1012-01-00_1_0_2_4_1_473_1754a (Abgerufen am 13.11.2017).
  4. Thietmar VI, 69 (45)
  5. Thietmar VI, 71 f.
  6. Thietmar VI, 48
  7. Annales Patherbrunnenses]zu 1123. In: Paul Scheffer-Boichorst: Eine verlorene Quellenschrift des XII. Jahrhunderts, aus Bruchstücken wiederhergestellt. Innsbruck 1870, S. 144: Dux autem Liutgerus Libuze obsidione vallat acceptoque obside filio Heinrici cum Capite, qui castello praeerat, victor uti semper consuevit rediit.
  8. Ann. Saxo zu 1123, MGH SS 6 S. 760.
  9. Chron. Regia Coloniens. Rez. I zu 1123, MGH SSrerGerm 18 S. 62.
  10. Annalista Saxo zu 1116, MGH SS 6 S. 753
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