Eugen Würzburger

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Eugen Würzburger (geboren am 23. August 1858 in Bayreuth/Franken; gestorben am 29. April 1938 in Leipzig) war ein deutscher Gelehrter, Jurist, Statistiker, Beamter und Volkswirtschaftler, u.a. als Direktor des Dresdner Städtischen Statistischen Amtes, danach als Direktor und später als Präsident des Statistischen Büros des königlichen Ministeriums des Innern (später Statistisches Landesamt). Würzburger war auch ordentlicher Professor für Statistik an der Universität Leipzig. Bereits 1907 - nach zwei Reichstagswahlen - beschäftigte er sich mit dem Phänomen der „Partei der Nichtwähler“.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Familie

Eugen Würzburger entstammte der jüdischen Familie Würzburger aus Bayreuth im fränkischen Teil von Bayern mit dem Ahnherren Abraham Würzburger (17421819), der mit seinen Söhnen 1774 nach Bayreuth kam und sich dort als Schnittwarenhändler niederließ. Würzburgers Großvater war Abrahams Sohn Isaak Würzburger (1762/641826). Dieser war ebenfalls Händler, verkaufte allerdings keine Stoffe, sondern Möbel und gemäß Anzeigen in der Bayreuther Zeitung „auch Piano-Forte und Guitarren“.

Eugen Würzburger war der Sohn des Privatiers Leopold Würzburger (18111884) in Bayreuth, der sich zur Zeit seines höheren Schulbesuches bereits als Privatier zur Ruhe gesetzt hatte. Eugens Vater hatte 1842 in erster Lage in der Maximilianstraße 19 (Distrikt 1 von Bayreuth) seine Schnittwarenhandlung eröffnet.

Eugen Würzburger war mit Johanna Wilhelmine Würzburger geb. Stoer verheiratet. Frau Würzburger war von ca. 1921 bis 1923 Vorsitzende der Dresdner Frauenortsgruppe des Vereins für das Deutschtum im Ausland.[1]

Der gemeinsame Sohn des Paares war:

[Bearbeiten] Leben und Wirken

Eugen Würzburger erhielt bereits 1868 einen Schulpreis, als er Schüler in der zweiten Klasse der lateinischen Schule zu Bayreuth war.[3] Würzburger nahm nach seinem höheren Schulbesuch von 1875 bis 1879 ein Studium der Germanistik und Romanistik an den Universitäten München, Berlin und Heidelberg auf. Von 1880 studierte er acht Jahre Rechtswissenschaften und Volkswirtschaftslehre. 1888 promovierte Würzburger zum Dr. rer. pol. in Volkswirtschaft an der Universität in Tübingen, 1879 dann zum Dr. phil. an der Universität in Heidelberg. Sein zweites Studium war durch mehrere Arbeitsaufenthalte, u.a. in den Statistischen Ämtern Berlin und Paris sowie von 1881 bis 1884 als Hilfsarbeiter bei der Italienischen Statistischen Generaldirektion in Rom unterbrochen.

1890 kam Würzburger nach Dresden, wo er als Direktorialassistent am Statistischen Amt der Stadt Dresden angestellt wurde. Anfangs wohnte er in der Schnorrstraße 43,[4] zog aber schon 1892 in die Holbeinstraße 40,[5] 1894 wurde Würzburger zum Direktor des Dresdner Städtischen Statistischen Amtes ernannt.[6] 1896 zog er in die Fürstenstraße 68,[7] ab 1. April 1898, nach der Geburt seines Sohnes in eine größere Wohnung in die Sedanstraße 13.[8]

1902 wurde Würzburger nach einer vorübergehenden kurzen Leitung durch Ökonomierat Oskar Sieber unter gleichzeitiger Verleihung des Titels als königlich-sächsischer Regierungsrat neuer Direktor des Statistischen Büros des königlichen Ministeriums des Innern,[9] das ab 1906 als „Statistisches Landesamt“ bezeichnet wurde. 1903 zog er in die Ammonstraße 13.[10] 1904 wurde Würzburger zum Oberregierungsrat erhoben,[11] 1909 erhielt er den Titel eines Geheimen Regierungsrates.[12]

Bereits 1907 beschäftigte sich Würzburger mit dem Phänomen der „Partei der Nichtwähler“. Neben einer Quantifizierung der Nichtwähler bei den Reichstagswahlen vom 16. Juni 1903 und 25. Januar 1907 fragte er auch nach den möglichen Ursachen, warum Wahlberechtigte nicht wählen gingen. Die Befragung ergab, dass bei der Reichstagswahl 1903 tatsächlich über die Hälfte terminlich verhindert war. Aus dieser Befragung entwickelte Würzburger eine brauchbare Liste von Gründen für die Nichtwahl. Wichtig war Würzburger darauf hinzuweisen, dass Nichtwähler nicht einer bestimmten politischen Richtung zuzuordnen sind. Außerdem erstellte er eine Modellrechung aus den Ergebnissen der Reichstagswahl 1903, dass in neun der 48 Wahlkreise ein anderer Wahlkreissieger möglich gewesen wäre, wenn die Nichtwähler motiviert bzw. mobilisiert gewesen wären zur Wahl zu gehen.[13]

Am 1. März 1911 zog Würzburger in sein neu erbautes Haus am Walderseeplatz 7 an der Gemerakungsgrenze zwischen Johannstadt und Striesen.[14] Auf Bitte der türkischen Regierung weilte Würzburger 1917 bis zum Ende des Ersten Weltkrieges in der Türkei, um die türkische Statistik zu organisieren. 1919 erhielt er den Rang eines Professors, als er zum Ordinarius für Statistik an der Universität Leipzig berufen wurde.[15] Im gleichen Jahr wurde die bisherige Direktorenstelle beim sächsischen Statistischen Landesamt in eine Präsidentenstelle umgewandelt.[16] Während seiner Zeit als Präsident des Statistischen Landesamtes war Würzburger auch Herausgeber des Deutschen Statistischen Zentralblattes. Im September 1923 schied Würzburger aus seinem Amt als Direktor des Stistischen Landesamtes aus, weil er die gesetzliche Altersgrenze erreicht hatte. Sein Nachfolger wurde Arno Pfütze. Würzburger wurde damit unter Zahlung der gesetzlichen Pension, der Beibehaltung seines Titels als Geheimer Regierungsrat aus dem Staatsdienst in den Ruhestand verabschiedet.[17] Er blieb bis 1925 in Dresden.

Im gleichen Jahr zog Würzburger nach Leipzig, wo er weiter als ordentlicher Professor an der dortigen Universität lehrte. In der Messestadt wohnte er bis zu seinem Tod in der Lindenthaler Straße 1 im Leipziger Stadtteil Gohlis.[18] 1928 wurde er als Universitätsprofessor emeritiert.[19] Mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten in Deutschland litt auch Würzburger als hoher Beamter und verdienstvoller Hochschullehrer unter den Repressalien. 1935, drei Jahre vor seinem Tod, erfolgte der nachträglicher Entzug der Lehrbefugnis nach der Ersten Ausführungsverordnung zum Reichsbürgergesetz. Sein Haus am Walderseeplatz, heute Stresemannplatz behielt Würzburger bis zu seinem Tod.[20] 1939 wurde das Haus an den Fabrikdirektor Ferdinand Adolf May verkauft.[21]

[Bearbeiten] Veröffentlichungen (Auswahl)

[Bearbeiten] Auszeichnungen (Auswahl

[Bearbeiten] Quellen

[Bearbeiten] Einzelnachweise

  1. Adressbuch Dresden 1921, S. 142 und Adressbuch Dresden 1922/23, S. 110, SLUB.
  2. Datensatz auf Ancestry
  3. Jahresbericht der königlichen Studien-Anstalt zu Bayreuth für das Studienjahr 1868/69, Bayreuth 1869, Digitalisat auf Google Books, S. 14f.
  4. Adressbuch Dresden 1892, S. 789, SLUB
  5. Adressbuch Dresden 1893, S. 840, SLUB
  6. Adressbuch Dresden 1895, S. 905, SLUB
  7. Adressbuch Dresden 1897, S. 628, SLUB
  8. Adressbuch Dresden 1898, S. 702, SLUB
  9. Adressbuch Dresden 1903, S. 925, SLUB
  10. Adressbuch Dresden 1904, S. 1084, SLUB
  11. Adressbuch Dresden 1905, S. 1111, SLUB
  12. Adressbuch Dresden 1910, S. 1152, SLUB
  13. Dieter Roth: Empirische Wahlforschung, Ursprung, Theorien, Instrumente und Methoden, 2013, Lesevorschau auf Google Books, S. 10f.
  14. Adressbuch Dresden 1911, S. 1173, SLUB
  15. Jutta Wolff: Studien zur deutschsprachigen Geschichte der Pflege, 2002, Snippet-Ansicht auf Google Books, S. 111
  16. Adressbuch Dresden 1922/23, S. 1096, SLUB
  17. Adressbuch Dresden 1924/25, S. 1078, SLUB
  18. Adressbuch Leipzig 1926, S. 1119, SLUB
  19. Adressbuch Leipzig 1929, S. 1445, SLUB
  20. Adressbuch Dresden 1938, S. 2168, SLUB
  21. Adressbuch Dresden 1940, S. 2176, SLUB
  22. Immo Eberl, Helmut Marcon, Universität Tübingen: 150 Jahre Promotion an der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität Tübingen, Biographien der Doktoren, Ehrendoktoren und Habilitierten, 1830-1980, Tübingen 1984Snippet-Ansicht auf Google Books, S. 28

[Bearbeiten] Weblinks

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