Awarengrab

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Das Awarengrab ist ein auf der Niederterrasse von Stetzsch entdecktes Kriegergrab. Aufgrund der Grabbeigaben zu der unverzierten topfartigen Urne in der Art der frühslawischen Prager Kultur wird der Fund als awarenzeitlich eingeordnet. Zu einer dreiflügeligen awarischen Pfeilspitze wurde ein Schleifstein gefunden.

Das Grab wird im Zusammenhang mit den awarisch-slawischen Vorstößen in das Saalemündungsgebiet ab dem Jahre 562 gesehen.[1]

In Stetzsch wurde bereits um 1900 ein großer Urnenhain der frühen Eisenzeit aus der Billendorfer Kultur (800 bis 400 v. Chr.) in der damaligen Schulstraße entdeckt, welche 1926 deswegen in Am Urnenfeld umbenannt wurde. Offenbar war Stetzsch an der wichtigen frühgeschichtlichen Elbfurt nach Serkowitz ein bevorzugter prähistorischer Bestattungsplatz.

Ein Awarengrab ist eine archäologische Grab-Fundstelle, welche dem Historiker Aufschlüsse über die Awaren und deren Zeit geben kann. Durch schriftliche Überlieferung sind nicht viel mehr als zehn Awaren namentlich bekannt, wohingegen nach Schätzung des ungarischen Historikers István Bóna über 50.000 Awarengräber in über 2.000 Fundstellen erschlossen wurden.[2][3]

Aus den oft reichhaltigen Gräbern lassen sich eine Vielzahl von Schlüssen ziehen. Bedeutende Krieger wurde mit ihrer reichen Tracht und ihren Waffen bestattet, oftmals sogar mit ihren Pferden. Auch den Frauen wurde ihr oft reicher Schmuck mit ins Grab gegeben.

In der Frühzeit waren die Gräber in ost-westliche Richtung orientiert, wahrscheinlich auf den Sonnenaufgang zu. Später änderte sich die Orientierung ohne sichtlichen Grund in südöstlich-nordwestliche Richtung. Hierzu wurde seitens der Archäologen und Historiker eine Vielzahl an Theorien erstellt, ohne daß es bisher zu einer Einigung auf eine plausible Erklärung kam.

In der Frühzeit wurden die Toten meist in Särge gelegt. Je nach sozialem Stand der Toten reichte der Aufwand von Baumsärgen in großen, tiefen Gruben, welche den Eindruck einer liebevoll als Wohnraum eingerichtete Ruhestätte machen, bis hin zu einfachen Brettersärgen, die nur mäßig tief vergraben wurde. Den europäischen Awaren war die Körperbestattung gemeinsam. Die Gräber wurden mit oberirdischen Zeichen versehen.

Eine Bestattung in Kurganen zusammen mit Frauen und Sklaven wie bei den Türken oder Bulgaren ist bei den Awaren nicht nachweisbar. Manche Gräber weisen auf schamanistische Praktiken hin.


[Bearbeiten] Anmerkungen

  1. Gegen Ende des 6. Jahrhunderts drangen awarische Reiterkrieger und mit ihnen Gruppen slawischer Abstammung über Böhmen elbabwärts bis in das Saalemündungsgebiet vor. Dort erreichten sie die Grenze der fränkischen Einflusszone. Ein Kriegergrab von Stetzsch, auch als "Awarengrab" bekannt, steht sicher im Zusammenhang mit diesen Vorgängen. In: Geschichte der Stadt Dresden. Bd. 1: Von den Anfängen bis zum Ende des Dreißigjährigen Krieges. Hrsg. v. Karlheinz Blaschke. Theiss, Stuttgart 2005, ISBN 3-8062-1906-0, S. 48.
  2. István Bóna: Die Geschichte der Awaren im Lichte der archäologischen Quellen In: Popoli delle steppe. Unni, Avari, Ungari. (= Settimane di studio del Centro italiano di studi sull'alto medioevo, Band 35), Spoleto 1988, Teilband 2, S. 437-481; ders.: Ungarns Völker im 5. und 6. Jahrhundert. Eine historisch-archäologische Zusammenschau. Germanen, Hunnen und Awaren. Schätze der Völkerwanderungszeit. (= Katalog der Ausstellung des Germanischen Nationalmuseums.) Nürnberg 1987.
  3. Der Historiker kann gerade ein Dutzend Awaren bei Namen nennen, der Archäologe 'kennt' von vielen Tausenden zwar nicht die Namen, aber viele typische und individuelle Züge. Nach neuesten Schätzungen wurden bisher ca. 2000 'awarische Fundstellen' und 50.000 Gräber erschlossen, allerdings noch relativ wenige Gräberfelder völlig ausgegraben und publiziert ... Dem Laien, der Grabungsberichte studiert, mag scheinen, daß erst im Tod die Awaren für uns lebendig werden. Awarenzeitliche Siedlungen sind bisher nur in geringem Maß ausgegraben worden. Der Totenkult der Awaren hingegen hat markante Spuren hinterlassen.. Walter Pohl: Die Awaren. Ein Steppenvolk in Mitteleuropa 567-822 n. Chr (= Reihe Frühe Völker), Verlag C.H. Beck, München 1988, ISBN 3406333303 und ISBN 9783406333309, S. 13.
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