Natalia Iwanowna Sokolowa

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Dr. Natalia Iwanowna Sokolowa, russ. Наталья Ивановна Соколова (* 6. Januar 1897; † 19. September 1980 in Moskau) war eine sowjetische Kunstwissenschaftlerin. Sie wurde am 10. Mai 1963 zur Ehrenbürgerin der Stadt Dresden ernannt.

[Bearbeiten] Familie

Natalia Iwanowna Sokolowa wurde am 6. Januar 1897 als Tochter des russischen Schriftstellers und Publizisten Iwan Stepanowitsch Sokolow (* 23. Mai 1862; † 22. April 1906)[1] geboren. Ihre Mutter, Maria Dimitriewna Sokolowa, war die Direktorin des Sorkinski-Mädchen-Gymnasiums und eine Großnichte des zaristisch-russischen Admirals Pawel Stepanowitsch Nachimow (18021855), dem Verteidiger von Sewastopol.

Sokolowas Bruder Ilja Iwanowitsch Sokolow war der erste Gebietsvorsitzende des Rajons Krestzy, der nach der Oktoberrevolution in Russland im Kommunismus einen Ausweg für die wirtschaftliche Lage der russischen Landbevölkerung sah, jedoch von aufgebrachten Bauern im Alter von 20 Jahren getötet wurde.

[Bearbeiten] Leben und Wirken

Als die 5. Gardearmee der Roten Armee unter dem Befehlshaber Generaloberst Alexej Schadow am 8. Mai 1945 dem bereits geflohenen Stadtkommandanten von Dresden sowie dem Stadtrat die bedingungslose Kapitulation der zuvor zur Festung erklärten Stadt befahl, standen bereits in zweiter Linie Soldaten der sogenannten Trophäenkommission bereit, um nach den Kunstschätzen von Dresden aus dem Albertinum, dem Schloss und der Gemäldegalerie zu suchen. Dies geschah auf ausdrücklichem Befehl von Marschall der Sowjetunion Iwan Stepanowitsch Konew (18971973).

Für Dresden war dafür das 164. Armeebataillon unter dem Kommando von Hauptmann W. P. Perewostschikow mit einem Suchtrupp unter der Leitung von Leutnant L. N. Rabinowitsch zuständig. Am Tag des Sieges, dem 9. Mai 1945, begann die Suche nach den Kunstschätzen von Dresden und bereits am 11. Mai stieß die sowjetische Kunstwissenschaftlerin Natalia Sokolowa zu den Soldaten des Bataillons. Als Spezialistin sortierte sie die nach und nach gefundenen und meist lange vor 1945 aus Dresden ausgelagerten Kunstgegenstände. Die meisten Exponate wurden im Eisenbahntunnel im Lohmgrund in Pirna-Großcotta (u. a. Werke von Rembrandt, wie z. B. „Selbstbildnis mit Saskia“, und Raffaels „Sixtinische Madonna“), im Kalksteinbergwerk in Pockau-Lengenfeld, auf der Festung Königstein und auf Schloss Weesenstein gefunden. Als Hauptaufbewahrungsort entschied Sokolowa sich für das im Zweite Weltkrieg unbeschädigt gebliebene Schloss Pillnitz, das mit einer Spezialeinheit der Roten Armee fortan bewacht wurde. Auf Sokolowas Drängen wurde auch das wohl wichtigste Gemälde der Dresdner Galerie, die Sixtinische Madonna, sofort nach dem Auffinden der Holzkisten, worin das Kunstwerk versteckt war, nach Pillnitz gebracht.

Am 26. Mai 1945 begutachtete eine Kommission des Rates der Volkskommissare der Sowjetunion unter Leitung von A.S. Rototaew die beschlagnahmten Kunstwerke in Pillnitz. Unter den Mitgliedern der Gruppe waren: S. P. Grigorow, Denkmalschützer, S. S. Tschurakow, Restaurateur, sowie zwei junge Künstler, N. A. Ponomarew und M. F. Wolodin. Danach wurde beschlossen, die Bilder der Dresdner Gemäldegalerie in die Sowjetunion zu verbringen. Erst im März 1955 beschloss der Ministerrat der UdSSR, die Gemälde der Deutschen Demokratischen Republik zurück zu geben. Zuvor wurden die Gemälde noch in einer Ausstellung im Puschkinmuseum in Moskau gezeigt und am 30. April auf einer Pressekonferenz mit dem stellvertretenden Kulturminister der UdSSR W. S. Kemenow verabschiedet, an der auch Natalia Sokolowa teilnahm. Dort sagte sie auf die Frage einer niederländischen Zeitung, dass Rembrandt auf dem "Selbstbildnis mit Saskia" den Becher zu Ehren der sowjetischen Soldaten erhebe, die die Dresdner Gemälde vor der Vernichtung gerettet hätten.

Natalia Sokolowa veröffentlichte am 2. November 1960 auf dem kulturpolitischen Forum in Bitterfeld zu den „Aufgaben der Museen bei der Durchführung der sozialistischen Kulturrevolution“ ihren Diskussionsbeitrag zum Thema „Die Rettung der Dresdner Kunstschätze“.[2]. Wie ihr sowjetischer Kollege und Restaurateur Stepan Sergejewitsch Tschurakow, der auf der Internationalen Restauratoren-Konferenz 1963 seinen Beitrag „Aus der Praxis der sowjetischen Restauratoren“ publizierte, prägten beide, zusammen mit dem Chefkurator des Moskauer Museums, Professor Andrej Alexandrowitsch Guber, jahrelang die Darstellungsweise der Verbringung der Dresdner Gemälde in die Sowjetunion und deren Rückführung, die als Rettung der Dresdner Kunstschätze und als große Freundschaftstat des Sowjetvolkes gefeiert wurde.[3][4] Für die Rettung und Restaurierung der Dresdner Gemäldegalerie, erhielt Natalia Iwanowna Sokolowa am 10. Mai 1963 den Titel einer Ehrenbürgerin der Stadt Dresden, verliehen im Gobelinsaal in der Gemäldegalerie "Alte Meister". Im gleichen Jahr wurde sie auf Beschluss der DDR-Regierung mit dem Vaterländischen Verdienstorden in Silber ausgezeichnet.

Natalia Iwanowna Sokolowa war Doktor der Kunstwissenschaft am Institut für Kunstgeschichte „Lebedew“ in Moskau. Sie erhielt außerdem den Titel „Verdienter Künstler der RSFSR“ und war zudem korrespondierendes Mitglied der Akademie der Künste der UdSSR. Nach ihrem Tod am 19. September 1980 wurde Natalia Sokolowa auf dem Friedhof Nowodewitsch in Moskau beerdigt.[5]

[Bearbeiten] Werke

[Bearbeiten] Einzelnachweise

  1. Iwan Stepanowitsch Sokolow auf feb-web.ru, abgerufen am 23. September 2012
  2. Jahrbuch der Staatlichen Kunstsammlung Dresden, 1960, S. 55-60
  3. Bei dem Transport der Gemälde handelt es sich um einen sensiblen politischen Vorgang, der in der Presse in der Sowjetunion und im Westen total unterschiedlich bewertet wurde, zumal heute nach wie vor etliche Kunstschätze aus den ehemals deutschen Gebieten in russischen Museen zu finden sind. Schwere oder irreparable Schäden entstanden an den Kunstwerken teilweise erst nach dem Krieg, als die Stromversorgung und damit verbunden die Lüftungsanlagen in den ausgewählten Depots ausfielen, was den sowjetischen Offizieren zwar sofort gemeldet wurde, die jedoch nicht stets sofort darauf reagierten. S. a. Kathrin Iselt: Sonderbeauftragter des Führers - Der Kunsthistoriker und Museumsmann Hermann Voss (1884–1969). Böhlau Verlag GmbH & Cie, Köln, Weimar, Wien 2010, ISBN 978-3-412-20572-0 Leseprobe Online pdf auf Google Books
  4. 1.240 Bilder konnten in einem ausgezeichnet restaurierten Zustand wieder zurück nach Dresden gebracht werden, wo sie ab 1956 in der wieder eröffneten Gemäldegalerie der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurden. 206 Bilder konnten nach Angaben der sowjetischen Kommission aufgrund des beschädigten Zustands nicht gerettet werden, 463 Gemälde – meist von geringer Größe – gingen auf dem Transportweg in die Sowjetunion „verloren“. Einige von diesen Bildern tauchten später bei internationalen Kunstauktionen im Westen bzw. in Privatkreisen wieder auf, wie z. B. das Bild von Jan Brueghel d. Ä. „Ebene mit Windmühlen“ von 1611, das 60 Jahre nach Kriegsende nach rechtlichen Auseinandersetzungen zwischen der Ukraine, Deutschland, Niederlande, Belgien und den USA wieder nach Dresden zurück kehrte. Quelle: http://adamsnotes.net/?p=2699
  5. http://genealogia.ru/archives/631

[Bearbeiten] Quellen

[Bearbeiten] Weblinks

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