Johann Friedrich Jencke

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Johann Friedrich Jencke (1812-1893), Kupferstich mit Unterschriftsfaksimile
Freiherrlich-von-Fletchersches Lehrerseminar in Dresden, eröffnet 1825. Während Jencke noch im ersten Gebäude in der Freiberger Straße lernte, zeigt das Bild den bereits zweiten Neubau in der Marienallee

Johann Friedrich Jencke (* 27. Juni 1812 in Diehsa, Oberlausitz; † 4. August 1893 in Dresden) war der Gründer und erste Direktor der Taubstummenschule in Dresden, zuletzt mut dem Ehrentitel eines königlich-sächsischen Hofrats.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Familie

Johann Friedrich Jencke entstammte einer ursprünglich einfachen Bauernfamilie aus einem Dorf in Schlesien. Er war der Sohn des Schneiders Johann Jencke (* 13. November 1783 in Uhyst) und dessen Ehefrau Agnes geb. Reimann (* 21. April 1797 in Stiebitz). Johann Friedrichs Großneffe war der Geograf, Historiker und Bibliothekar Viktor Hantzsch (1868-1910).

Johann Friedrich Jencke heiratete am 27. Juni 1839 in Neiße Maria Carolina Philippina Henrietta geb. Loewe (* 13. November 1817 in Stettin/Pommern; † 22. Februar 1882 in Dresden), Tochter des Kriegsgerichtsrates Karl Loewe und dessen Ehefrau Philippine geb. Gericke-Luck. Das Ehepaar Jencke hatte drei Söhne:

Ein weiterer Sohn, der 1870 als Offizier in den Deutsch-Französischen Krieg zog, fiel in der Schlacht bei St. Privat. Ebenso tief wie der Verlust dieses Sohnes hat ihn 1882 der Tod seiner Ehefrau getroffen. Jenckes Tochter:

[Bearbeiten] Leben und Wirken

Seine Schulbildung erhielt Jencke in der vom Burggrafen von Dohna unterhaltenen Schule in Uhyst an der Spree. Bereits da hegte er den Wunsch, Lehrer zu werden. 1825 ging Johann Friedrich nach Dresden in das im gleichen Jahr eröffnete Fletchersche Lehrerseminar. In der Nähe des Lehrerseminars wohnte ein taubstummer Junge, Moritz Großmann, der oft das Seminar besuchte. Da Jencke in seinem Heimatort von einer alten, taubstummen Magd die Gebärdensprache erlernt hatte, schloss er den Jungen in sein Herz und kommunizierte immer mehr mit ihm. Sogar einfache Worte konnte er ihm beibringen. Als Direktor Zahn ihn fragte, ob er den Jungen nicht richtig unterrichten wolle, sagte Jencke spontan zu. Einen Tag später - am 14. Oktober 1828 - stand für Jencke im Alter von 16 Jahren fest: "Ich will Taubstummenlehrer werden!"[2] Dieser Tag, der 14. Oktober, wurde später jährlich als Stiftungstag der Taubstummenanstalt in Dresden begangen.

1829 kamen zwei weitere taubstumme Schüler zu Jencke. Aufgrund seiner eigenen Seminarzeit als angehender Lehrer konnte er anfangs die Jungen nur zwei Stunden täglich unterrichten. Nach bestandener Abschlussprüfung als Lehrer wurde er mit einem Gehalt von 60 Talern als Taubstummenlehrer im Lehrerseminar weiter beschäftigt und konnte nun die Jungen ganztägig unterrichten. 1830 ging er nach Berlin, um die Gebärdensprache vollends zu erlernen.[3]

Johann Friedrich wollte nach seiner Rückkehr nach Dresden für seinen kleinen Kreis eine eigene Taubstummenschule errichten und gründete diese schließlich 1833 mit eigenen Mitteln, indem er eine ehemalige Mühle in der Nähe des Lehrerseminars in der Freiberger Straße mietete. Um seine Schule zu unterhalten, suchte er nach Geldquellen und fertigte mit seinen Schülern verschiedene Gegenstände zum Verkauf an. 1835 versiegten jedoch alle Spenden und die Schule stand vor dem Aus. Nach einer Petition zum Erhalt seiner Schule erhielt Jencke die Erlaubnis zu einer Landeskollekte. Allein die Stadt Dresden spendete für die Einrichtung 1.884 Taler, so dass insgesamt 5.626 Taler zusammen kamen. Johann Friedrich konnte nun sogar die Schule erweitern und mit Gustav Jencke, seinem Bruder, den zweiten Lehrer einstellen.

1836 wurden an der Taubstummenschule 28 Schüler unterrichtet, Jungen und Mädchen übrigens gemeinsam. 1837 gab es die ersten Konfirmanden als auch die ersten erfolgreichen Schulabgänger. Jencke erhielt von nun an von der sächsischen Regierung einen jährlichen Zuschuss von 4.000 Talern. Jedoch war die Schule mittlerweile zu klein geworden.

Mit Hilfe seines großen Unterstützers der Schule, Minister von Carlowitz wurde ein Grundstück in der Chemnitzer Straße erworben und eine neue Schule errichtet, die am 22. November 1838 fertig gestellt wurde. Zeitgleich wurde die Taubstummenanstalt als gemeinnützige Stiftung vom sächsischen Staat anerkannt. Im gleichen Jahr erhielt die Stiftung eine hohe Geldspende über 18.000 Taler von dem ehemaligen russischen Major von Olsufiew, wofür jährliche kostenlose Plätze für arme taubstumme Kinder in der Schule geschaffen wurden.

1839 gründete Johann Friedrich Jencke zudem das "Asyl für erwachsene taubstumme Mädchen" in Dresden. Unterstützt von wohlhabenden Frauen konnten dort junge Frauen eigene Arbeiten im Nähen und Stricken verrichten, die sie dann weiter verkauften. Ende des 19. Jahrhunderts kam das Asyl unter die Verwaltung des sächsischen Kultusministeriums.

Grab von Johann Friedrich Jencke auf dem Alten Annenfriedhof in der Südvorstadt

Von 1851 bis 1864 gab Jencke in der Heftreihe "Freie Gaben für Geist und Gemüt" eigene Texte sowie Arbeiten von anderen Schriftstellern und Gelehrten heraus. Die davon eingenommenen Geldmittel spendete er zur Unterstützung erwachsener Taubstummer. 1866 wurde Johann Friedrich von der österreichischen Regierung nach Wien berufen, um an der Neugestaltung der dortigen Taubstummenanstalt mitzuwirken.

Die Zahl der Schüler in Jenckes Taubstummenschule wuchs weiter. So entschloss er sich, 1872 im Dresdner Stadtteil Plauen eine Filiale seiner Anstalt zu gründen, aus der später - nach der Erweiterung des Hauptgebäudes - die "Taubstummenvorschule", eine Art Kindergarten für Taubstumme, hervorging. 1880 wurde das Schulgebäude in der Chemnitzer Straße erneut erweitert, so dass dort 200 Schüler unterrichtet werden konnten. Außerdem wurde eine Kapelle errichtet, die nicht für Schüler, sondern auch für erwachsene Gehörlose und Taubstumme offen stand.

1881 bekannte sich Jencke voll und ganz zu den Zielen von Samuel Heinicke (1727-1790), der die erste Taubstummenschule in Leipzig eröffnete. 50 Jahre nach der Gründung der Leipziger Taubstummenanstalt hatte Johann Friedrich mit seiner Schule ähnlich Großes vollbracht.

Am 14. Oktober 1888 konnte Jencke noch sein 60-jähriges Dienstjubiläum begehen. Hatte er in seinem ersten Jahr mit Moritz Großmann nur einen Schüler, so waren es 60 Jahre später, über 250 Schüler und Vorschüler, 23 Lehrer sowie 8 Lehrerinnen. Am 31. Oktober 1890, dem Reformationstag legte Jencke sein Amt als Direktor der Taubstummenschule nieder und ging in Rente. Trotzdem blieb er noch seiner Idee treu und plante ein weiteres sogenanntes Asyl zu gründen, diesmal für arbeitsunfähige und alte Taubstumme. Am 4. August 1893, nach wenigen Jahren in Rente, starb er plötzlich ohne Anzeichen einer vorauseilenden Krankheit.

Johann Friedrich Jencke wohnte zuletzt in der Schweizer Straße 12. Er wurde auf dem Alten Annenfriedhof an der Chemnitzer Straße beerdigt.[4]

[Bearbeiten] Ehrungen

Vom österreichischen Kaiser erhielt er 1866 für seine Verdienste bei der Gestaltung der Taubstummenschule in Wien den Franz-Joseph-Orden. In Anerkennung seiner Verdienste erhielt Johann Friedrich Jencke 1878 zum 50-jährigen Dienstjubiläum den Titel eines königlich-sächsischen Hofrats verliehen. 1890 verlieh König Albert ihm für seine Verdienste das Komturkreuz 2. Klasse des Albrechtsordens.

[Bearbeiten] Die Taubstummenschule nach seinem Tod

"Johann-Friedrich-Jencke-Schule", Förderzentrum für Hörgeschädigte in der Maxim-Gorki-Straße in Trachenberge

Nach dem Tod von Johann Friedrich Jencke wurde 1910 die Taubstummenanstalt um eine Schwerhörigenschule erweitert, da die Blindenanstalt verlegt wurde. 1945 wurde die gesamte Schule bei den Luftangriffen am 13. Februar komplett zerstört. Die Schule wurde 1959 nach Trachenberge verlegt. Seit 1994 trägt die Schule den Namen ihres Gründers.[5][6] Die heutige "Johann-Friedrich-Jencke-Schule" befindet sich in der Maxim-Gorki-Straße.

[Bearbeiten] Quellen

[Bearbeiten] Einzelnachweise

  1. Hans-Peter Wohlrab: Ernst Martin Wohlrab. Die Lebenserinnerungen meines Urgroßvaters (geboren 1834 verstorben 1913), BoD Norderstedt 2014/15, Lesevorschau auf Google Books
  2. Bunte Bilder aus dem Sachsenlande, Für Jugend und Volk, Herausgegeben vom Sächsischen Pestalozzi-Vereine, II. Band, 2. Auflage, Leipzig, 1895, S. 490
  3. Pädagogische Reise durch Deutschland im Sommer 1835, J.G. Knie, Stuttgart und Tübingen, 1837, Seite 24f. online pdf
  4. Alter Annenfriedhof auf dresdner-stadtteile.de
  5. Taubstummenanstalt auf www.dresdner-stadtteile.de
  6. Die Johann-Friedrich-Jencke-Schule auf www.dresdner-stadtteile.de

[Bearbeiten] Weblinks

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