Heinrich von Brühl

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Heinrich von Brühl; Porträt von Louis de Silvestre

Graf Heinrich von Brühl (* 13. August 1700 in Gangloffsömmern od. Weißenfels; † 28. Oktober 1763 Dresden) war ein königlich-polnischer und kurfürstlich-sächsischer erster und dirigierender Kabinettsminister und eine prägende Figur des Augusteischen Zeitalters. Sein Name ist untrennbar mit der Geschichte von Dresden als Residenzstadt verbunden - mit Prunk, Verschwendung, aber auch mit der Liebe zur zeitlosen Schönheit von Kunst und Architektur. Gemeinsam mit König August III. war er maßgeblich an der Erweiterung der Gemäldegalerie beteiligt.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Biographie

[Bearbeiten] Der Aufstieg zur Macht

Von seinem Vater, einem sachsen-weißenfelsischen geheimen Rat und Oberhofmarschall, hatte er weder Vermögen noch adäquate Ausbildung erhalten können. Mit seinem einnehmenden Wesen erwarb sich Brühl aber das Wohlwollen der Herzogin von Weißenfels, Friederike Elisabeth, die in Leipzig lebte. Er wurde unter ihre Pagen aufgenommen und erhielt eine Ausbildung in Sprachen, Fechten, Reiten und Tanzen. Zudem kam er in Kontakt mit dem Hofe August II., der aufgeweckte Leute liebte. Er erhielt prompt eine Anstellung und stieg schnell vom königlichen Pagen zum Leibpagen, Kammerjunker, Kammerherren auf, wurde dem König schnell so unersetzlich, dass er stets in seiner Nähe sein und auch auf allen Reisen begleiten musste. Im Jahre 1731 Steuereinnehmer, gleich darauf Generalacciseinnehmer, geheimer Rat, Vizesteuerdirektor und Ritter des weißen Adlerordens, war er maßgeblich am Sturz von Kabinettsminister Karl Heinrich von Hoym beteiligt. Der wurde zum "Bauernopfer" einer komplizierten Bündnispolitik August II. und Brühl leitete die Untersuchungskommission.

Porzellanschale aus dem Schwanenservice (um 1740)

1733 schien des Königs Tod Brühls weitere Karriere zu verhindern, da der neue Regent, Friedrich August II. (als König von Polen August III.), ihm sogar abgeneigt war. Allein Brühl wusste sich ihm bald noch unentbehrlicher zu machen als dessen Vorgänger. Er hatte nach dem unerwarteten Tod des letzteren in Warschau die polnische Königskrone und Reichskleinodien in Empfang genommen, eilte mit diesen zum neuen Regenten nach Dresden, übergab sie ihm und versicherte ihn der gewissen Erhebung auf den polnischen Thron. Dem Lieblinge desselben, dem Grafen Sułkowsky, versicherte er seine Freundschaft, trat ihm die Oberkammerherrenstelle ab und bewirkte dadurch, dass er selbst nicht nur seine übrigen, vorher bekleideten Würden behielt, sondern auch Kammerpräsident und bald nachher, unter Sułkowsky, zum Kabinettsminister für Zivilangelegenheiten erhoben wurde. Ab 1735 war Brühl Direktor der Porzellanmanufaktur Meißen. Hier schufen Johann Joachim Kaendler und Johann Friedrich Eberlein in fünf Jahren das aus über 2200 Teilen bestehende "Schwanenservice" für Brühl.[1]

Als hilfreich für seine Karriere erwies sich Brühls Heirat am 27. November 1737 mit der Gräfin von Kolowrat, denn die war die erste Favoritin der neuen Regentin Maria Josepha. Kaiser Carl VI. erhob ihn zusammen seinen Brüdern und Nachkommen im selben Jahr in den Reichsgrafenstand. Mit Hilfe der Königin gelang es Brühl, am 5. Februar 1738 Sułkowski zu stürzen.

[Bearbeiten] Die Brühlschen Herrlichkeiten

Brühl besaß eine kostbare Bibliothek, für die er Carl Heinrich von Heinecken (1739) und Johann Christoph Rost (1744) als Bibliothekare gewann, ein Kunst- und Mineralienkabinett und wertvolle Gemälde. Dafür benötigte er entsprechende Möglichkeiten zur Aufbewahrung und Präsentation. 1740 schenkte ihm August III. die Brühlsche Terrasse. Hier ließ sich Brühl von Johann Christoph Knöffel die Brühlschen Herrlichkeiten errichten: das Belvedere, den Brühlschen Garten, die Brühlsche Galerie, die Brühlsche Bibliothek, den Brühlschen Gartenpavillon, das Brühlsche Theater und das Palais Brühl. Diese Gebäude und Anlagen wurden in der Folgezeit zu bevorzugten Motiven vieler Maler, darunter von Canaletto.

[Bearbeiten] Brühl als Kunstsammler

König August III. erweiterte die Gemäldegalerie seines Vaters, August II., erheblich, insbesondere, nachdem Brühl die Bildereinkäufe in die Hand genommen hatte. 1742 besaß die Galerie schon insgesamt 4708 Gemälde. Der wendige Brühl knüpfte weiterhin intensiv Kontakte zu Fürsten, Geistlichen, Kunsthändlern und Malern. Er bediente sich dabei vorzugsweise seines Privatsekretärs Carl Heinrich von Heinecken. Ganze Sammlungen kamen damals aus Italien nach Dresden. Die bedeutsamste Gesamterwerbung gelang 1745, als 100 Gemälde der weltberühmten Sammlung des Herzogs Franz III. von Modena gekauft wurden, darunter der Zinsgroschen von Tizian. 1753 erwarb der König schließlich die Sixtinische Madonna.

Brühl legte sich nach dem Vorbild seines Königs eine riesige private Kunstsammlung an.[2] So musste Canaletto seine Bilder von Dresden und Pirna für den Minister nochmals herstellen. Sie kamen in den Doublettensaal.[3] 1769 ging Brühls Sammlung nach St. Petersburg an die Eremitage. Sie umfasste allein über 600 Gemälde von holländischen, französischen, italienischen und deutschen Künstlern.

[Bearbeiten] Das System Brühl

1746 wurde Brühls Palais in der Friedrichstadt eingeweiht. Hier entstand auch der Neptunbrunnen.
Katalog der Brühlschen Bibliothek, 1750[4]

Im Jahre 1746 erhielt Brühl seine Ernennung zum Premierminister und erreichte damit den Zenit seiner Macht. Mithilfe der Bediensteten des Königs, die er sorgfältig aus seinen Getreuen wählte, sorgte er dafür, dass schließlich außer ihm niemand mehr freien Zutritt zum König erhielt, sodass dieser von allen Informationen ferngehalten wurde, die Brühl hätten schaden können. Der lebte verschwenderisch bis zum Ruin des Landes. Seine Bediensteten beliefen sich wenigstens auf 200 Personen, die, wenn sie einige Jahre gedient hatten, auf die einträglichsten Ämter Anspruch erheben konnten. Seine Tafel kostete ungeheure Summen, ebenso seine Kleidung. Bereits 1748 war Sachsen quasi bankrott. Man konnte nicht einmal mehr die laufenden Zinsen begleichen. Der Wert staatlicher Anleihen sank um 2/3. Brühl tauschte gerichtlich verwaltete Vermögenswerte in diese fast wertlosen Anleihen und verpfändete staatliche Hoheitsrechte. Gleichzeitig wurde die sächsische Armee von 32.000 auf 17.000 Mann nahezu halbiert, sodass Sachsen außenpolitisch handlungsunfähig wurde.[5]

Trotz zwischenzeitlicher Proteste der Stände blieb Brühl unangetastet. Nur noch die Königin stand ihm im Wege, um im ganzen Land allein zu regieren. Er versuchte nun auch, den König von seiner Gemahlin zu entzweien, und er wusste dies mit Geduld so hinterlistig anzulegen, dass selbst die Königin anfangs keinen Verdacht schöpfte. Dabei nutzte er aus, dass seine Schwiegermutter Oberhofmeisterin bei der Königin war und ihn mit den nötigen Informationen versorgen konnte. Ihres Einflusses auf politische und geschäftliche Angelegenheiten beraubt, versuchte die Königin, heimlich Belege wider Brühls Staatsverwaltung zu sammeln. Als sie glaubte, so weit zu sein, und deswegen zum König nach Warschau reisen wollte, rettete ihr Tod im November 1757 den Minister. Während er das Land bedrückte, suchte Brühl, entweder aus Leichtsinn, oder um die allgemeine Verwirrung noch zu vermehren, Sachsen in einen Krieg zu verwickeln. Er beförderte das geheime Bündnis, das Sachsen mit Österreich gegen Preußen schloss und welches zum Siebenjährigen Krieg führte. Nach der vernichtenden Niederlage Sachsens floh er mit dem König nach Warschau, wo sie beide bis zum Hubertsburger Frieden blieben. Brühls erste Bemühungen nach der Rückkehr galten, verbliebene Mittel des zerstörten Landes zur Begleichung eigener Verluste aufzuwenden.

Es ist an dieser Stelle zu vermerken, dass die ausschließlich negative Sicht auf den Politiker Brühl auch darauf zurückzuführen ist, dass die Geschichtsschreibung in der Folgezeit "preußisch dominiert" war, und der Preußenkönig Friedrich II. war Brühls Intimfeind. Neuere Forschungen tendieren dazu, dies differenzierter zu betrachten.[6]

[Bearbeiten] Der Abstieg

Nach König August III. Tod am 5. Oktober 1763 kam Friedrich Christian, den Brühl zuvor erfolgreich isoliert hatte, an die Macht. Der Minister trat daraufhin von seinen Ämtern zurück. Der neue Kurfürst wollte ihn mit der Präsidentschaft des Geheimen Konziliums und einer Pension abfinden, kurz danach starb jedoch Brühl. Seine Gefolgsleute wurden zwar entlassen, der Versuch, sie juristisch zu belangen, schlug aber fehl. Man musste Rücksicht auf die Staatsräson nehmen. Brühls Vertraute beriefen sich auf Anweisungen des Ministers, und der hatte stets im Einverständnis mit dem König gehandelt. Eine mit der Untersuchung von Brühls Verwaltung beauftragte Kommission konstatierte nach achtmonatiger Arbeit, dass Brühl aus den öffentlichen Kassen 4.731.436 Taler veruntreut und an Zinsen und Schuldscheinen 579.697 Taler unterschlagen habe. Daraufhin wurde Zivilklage gegen die Brühlschen Erben erhoben und die Zwangsverwaltung seiner Hinterlassenschaft verfügt. Diese war aufgrund seines verschwenderischen Lebensstils viel kleiner als nach seinen riesigen Einkünften zu erwarten gewesen wäre. Nach Abzug der Schulden betrug sie etwas über 1½ Millionen Taler. Schon unter der Administration des Prinzen Xaver erreichten jedoch die Erben die Aufhebung der Zwangsverwaltung und die Einstellung des ganzen Verfahrens. Die Bibliothek verkauften sie für 50.000 Taler an die Regierung, die Bilder der Brühlschen Galerie erwarb Katharina II. und das Palais in der Friedrichstadt ging an Camillo Graf Marcolini.

Brühl fand in der Stadtkirche Forst die letzte Ruhe.[7] Denkmale wurden ihm nicht errichtet. Allerdings ist die Brühlsche Gasse nach ihm benannt.

[Bearbeiten] Brühl in Film und Literatur

Józef Ignacy Kraszewski beschrieb in seiner Sachsentrilogie jene Epoche, in der die sächsischen Kurfürsten auch Könige von Polen waren. Die drei Teile, die jeweils wiederum aus zwei Büchern bestanden, behandelten die Gräfin Cosel am Hofe August des Starken, den Aufstieg Brühls und die Zeit des Siebenjährigen Krieges. Nach dieser Vorlage produzierte das Fernsehen der DDR in den Jahren 1983 und 1984 die Teile 3. Brühl – Die große Karriere, 4. Brühl – Der Zweikampf, 5. Aus dem Siebenjährigen Krieg (1) und 6. Aus dem Siebenjährigen Krieg (2) des sechsteiligen Fernsehfilms "Sachsens Glanz und Preußens Gloria" mit Ezard Haußmann in der Rolle des Brühl.[8]

[Bearbeiten] Quellen

  1. Das Schwanenservice - ein barockes Prunkstück
  2. Gerald Heres: Heinrich Graf von Brühl als Kunstsammler. Sammler und Mäzene in Dresden (= Dresdner Hefte. Nr. 49). Dresden 1997, S. 4ff.
  3. Rudolph Lindau: Merkwürdigkeiten Dresdens und der Umgegend: Ein Taschenbuch für Fremde und Einheimische, nach W.A. Lindau's topographischen Werken bearbeitet, mit einer neuen Beschreibung der Sammlungen für Wissenschaft und Kunst. Arnoldische Buchhandlung, 1829
  4. Catalogus bibliothecae Brvhlianae: pars. Historia universalis. Historia antiqua graeca et romana. Antiquitates
  5. www.uni-protokolle.de nach der Wikipedia
  6. René Hanke: Brühl und das Renversement des alliances: die antipreußische Außenpolitik des Dresdener Hofes 1744-1756. LIT Verlag Münster, 2006
  7. Freundeskreis der Stadtkirche St. Nikolai zu Forst (Lausitz) e.V. zu Heinrich von Brühl
  8. Sachsens Glanz und Preußens Gloria

[Bearbeiten] Weblinks

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