Gottfried Semper

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Gottfried Semper (1848)

Gottfried Semper (* 29. November 1803 in Hamburg; † 15. Mai 1879 in Rom) war ein Architekt von epochaler Bedeutung für Dresdens Entwicklung. Er selbst fühlte sich als Weiterführer der künstlerischen Grundsätze der italienischen Renaissance.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Leben und Wirken

[Bearbeiten] Ausbildung

Semper besuchte die Schule in Altona und das Johanneum in Hamburg. Am 17. Oktober 1823 bezog er die Universität Göttingen, wo er Mathematik bei Carl Friedrich Gauß und Bernhard Friedrich Thibaut sowie Archäologie bei Karl Otfried Müller und Arnold Hermann Ludwig Heeren studierte. Nachdem er zunächst Artillerieoffizier in der niederländischen oder preußischen Armee werden wollte, ging er 1825 zum Studium der Architektur nach München zu Friedrich von Gärtner, später nach Paris zu Franz Christian Gau. Semper wurde hier im Sinne des Klassizismus ausgebildet, und er begann sich politisch zu engagieren. So sympathisierte er mit der Julirevolution von 1830. Danach unternahm Semper Reisen durch Südfrankreich, nach Verona, Venedig, Florenz, Rom und Sizilien. In Italien begeisterte sich Semper für die Renaissance, die vorbildhaft sein zukünftiges architektonisches Schaffen prägen sollte. In Athen beteiligte er sich auch an Ausgrabungen auf der Akropolis. In Neumühlen bei Altona erhielt Semper seinen ersten Auftrag als Architekt und baute einen Museums-Pavillon. Vor allem machte er sich aber mit seinen Untersuchungen zu Anlage, Proportions- und Kompositionsgesetzen antiker Werke einen Namen.

[Bearbeiten] Semper in Dresden

1834 wurde Semper auf Empfehlung Schinkels, der dieses Amt selbst aus Altersgründen nicht mehr annehmen wollte und auf Sempers kunsttheoretische Arbeiten aufmerksam geworden war, als Professor der Baukunst an die Dresdner Kunstakademie berufen. Als es 1836 unter dem künstlerischen Direktor Ferdinand Hartmann darum ging, die Existenz der Kunstakademie gegen kritische Stimmen aus dem sächsischen Landtag zu sichern, arbeitete Semper eine neue Konzeption für die Architekturausbildung in Dresden aus. Er forderte "das ununterbrochene gemeinschaftliche Arbeiten vom Morgen bis zum Abend" und versuchte, die Bauausbildung von Kunstakademie und Technischer Bildungsanstalt aufeinander abzustimmen.[1] Semper gehörte dem neu geschaffenen Leitungsgremium der Kunstakademie, dem Akademischen Rat, an.

Schüler von Gottfried Semper an der Kunstakademie waren: Ludwig Theodor Choulant | Adolf Lier | Oskar Mothes | Otto Wanckel.

Gleich nach seiner Ankunft in Dresden, als König Friedrich August I. ein Denkmal zu setzen war, entwarf Semper einen Plan, den heutigen Theaterplatz, seinerzeit noch ein Schandfleck der Stadt, zu einer Art Forum auszubauen. Der Zwinger war damals nach der Elbseite noch unvollendet. Semper schlug vor, die abschließende Mauer abzubrechen und das ganze Gelände von der Ostra-Allee bis zur Elbe in der Breite des Zwingerhofes in eine monumentale Anlage zu verwandeln. Der Zwingerhof sollte danach doppelt so lang werden und auf der Westseite von einem Orangeriegebäude und durch das neu zu bauende Hoftheater, auf der Ostseite durch die neue Gemäldegalerie sowie an der Elbe durch die Schinkelsche Hauptwache abgeschlossen werden. Breite Freitreppen sollten bis zum Elbspiegel hinabführen. Dieser umfassende Plan scheiterte jedoch am Widerstand der Stände. Nur das Königsdenkmal und das Hoftheater wurden an der geplanten Stelle errichtet. Schon zu jener Zeit trat der spätere König, Prinz Johann, als entschiedener Befürworter Sempers in Erscheinung. Beim Bau von Hoftheater und Gemäldegalerie arbeitete Semper mit führenden Bildhauern seiner Zeit zusammmen, vor allem mit Ernst Rietschel und Ernst Hähnel, aber auch mit Johannes Schilling. Eng verbunden war Semper in Dresden vor allem mit Richard Wagner, der im Hoftheater die drei Opern Rienzi (1842), Der fliegende Holländer (1843) und Tannhäuser (1845) uraufführte.[2]

Semper war Mitglied in einer Vielzahl künstlerisch-literarischer Vereine. So gehörte er neben dem Kunstverein zu den Zirkeln um Johann Gottlob von Quandt, Martin Wilhelm Oppenheim und Julius Mosen, war Mitglied in den Gesellschaften von Ferdinand Hiller (Hiller-Kränzchen, Hillers Salon) sowie mit Richard Wagner in der vorrevolutionären Montagsgesellschaft, der Albina und im Vaterlandsverein.[3] Im Zusammenhang mit seiner Mitgliedschaft im Sächsischen Altertumsverein wurde Semper wiederholt beauftragt, vor Restaurierungsarbeiten an historischen Bauwerken, z. B. am Meißner Dom, Gutachten zu erstellen.[4] Semper war zudem Mitglied im Gewerbe-Verein [5] und gehörte der Freimaurer-Loge Ferdinand zum Felsen in Hamburg an. Die Familie wohnte Waisenhausstraße 3.[6]

[Bearbeiten] Nach der Flucht

Die Eidgenössische Technische Hochschule Zürich (1865) kurz nach ihrer Fertigstellung durch Semper. Sie stand in jener Zeit unter der Leitung von Gustav Anton Zeuner.
Gedenkstele an der Stelle der zerstörten Villa Rosa mit einer Büste des Erbauers Gottfried Semper.

Wegen seiner Beteiligung am Maiaufstand 1849 - er hatte den Bau der Hauptbarrikade in der Wilsdruffer Gasse geleitet[7] - musste Semper aus Dresden fliehen. In Paris unterstützten ihn zunächst die Maler Seschan, Dietterle und Dépléchin, die an der Dekoration des Hoftheaters mitgewirkt hatten. Der Erfolg seiner ins Englische übersetzten kunsttheoretischen Schriften verhalf ihm zu wertvollen Kontakten und so ging Semper mit seiner Familie nach London, statt wie geplant - und wie viele andere 1849er (s. Rudolf Doehn) - in die USA auszuwandern. Er setzte sich kritisch mit dem Verhältnis von „Wissenschaft, Industrie und Kunst“ auseinander und machte sich vor allem als Kunstgewerbler einen Namen. In London erhielt Semper eine Professur für Architektur, plastische Dekoration und Metalltechnik. Anschließend ging er auf Vermittlung des befreundeten Richard Wagner in die Schweiz, wo er wieder als Architekt arbeitete (z. B. bis 1864 die heutige Eidgenössische Technische Hochschule Zürich). Von 1855 bis 1871 war Semper hier auch Professor, davon einige Jahre unter dem Direktor Gustav Anton Zeuner. Der Auftrag zum Bau eines monumentalen Richard-Wagner-Theaters in München scheiterte, als Wagner die Stadt wegen seines ausschweifenden Lebens und Protesten der Bevölkerung verlassen musste.

Der sächsische Haftbefehl gegen Semper wurde erst 1863 von König Johann aufgehoben. Sempers altes Hoftheater war abgebrannt und er sollte ein neues errichten. Die Semperoper, nach seinen Entwürfen von seinem Sohn Manfred gebaut, ist heute sein bekanntestes Werk. Ende der 1860er Jahre war Semper eine Berühmtheit von europäischem Rang und vor allem in Wien, wohin er 1871 berufen wurde, entstanden weitere bedeutende Bauten (kunsthistorisches und naturhistorisches Museum, Erweiterung der Hofburg, Burgtheater).[8] In Wien arbeitete Semper auch mit Carl Ludwig Theodor Graff zusammen. Hermann Nicolai, Ernst Giese und Constantin Lipsius prägten noch Jahrzehnte nach Sempers Flucht den Dresdner Baustil im Sinne der Neorenaissance.[9]

[Bearbeiten] Familie

Gottfried Semper war der Sohn des in seiner Jugend aus Landeshut in Schlesien nach Hamburg ausgewanderten Fabrikanten Christian Gottfried Emanuel Semper (1768–1831) und der Johanna Maria geb. Paap (1771–1857). Er hatte sieben Geschwister. Semper heiratete 1838 in Dresden Bertha geb. Thimmig (1810–1859), die Tochter eines Majors. Das Paar hatte vier Söhne, darunter den Architekten Manfred Semper (1838–1913), den Kunsthistoriker Hans Semper (1845–1920) und den Bildhauer Emanuel Semper (1848–1911), sowie drei Töchter.[10]

[Bearbeiten] Ehrungen

1892 schuf Johannes Schilling Sempers Denkmal auf der Brühlschen Terrasse. Die Semperstraße trägt seinen Namen. Die Sächsische Akademie der Künste, die Sächsische Landesstiftung Natur und Umwelt und Vattenfall Europe Mining & Generation vergeben alle zwei Jahre den mit 25.000 Euro dotierten Gottfried Semper Architekturpreis nach den Kriterien Architekturqualität, städtebauliche Einbindung, Landschaftsbezug sowie klima-, ressourcen- und flächenschonendes Bauen.[11]

[Bearbeiten] Werke in Dresden

Bauzeit Beschreibung
Dresden Denkmal Friedrich August III, Foto Christoph Münch.jpg 1831-1843 Unterbau für das Königsdenkmal für Friedrich August den Gerechten von Ernst Rietschel. Das Denkmal wurde 1843 im Zwingerhof eingeweiht. Ab 1929 stand es am Japanischen Palais, seit 2008 befindet es sich auf dem Schloßplatz.
1835 Ausmalung der Räume des Erdgeschosses im Japanischen Palais für das Antikenkabinett im Stile pompejanischer Wandmalerei. Charakteristisch für Sempers Gestaltung der Räume waren die erhöhten Seitenlichter.
Materni.JPG 1836-1838 Semper baute das Maternispital als einen dreiflügeligen Gebäudekomplex auf einem U-förmigen Grundriss, bestehend aus Mittel- und Seitenrisaliten, die einen Giebel als oberen Abschluss hatten. Ein Walmdach mit Dachreiter bedeckte das imposante Gebäude. Das Erdgeschoss war gequadert und durch ein umlaufendes Gesims von den beiden Obergeschossen optisch abgetrennt. Auch die Ecken des Gebäudes wiesen eine Quaderung auf.
536s014a.jpg 1838-1840 Synagoge – zerstört am 9. November 1938. Wegen beschränkter finanzieller Mittel musste Semper den Bau einfach halten. Außen im romanischen Stil als zentralen Kuppelbau mit Vorhalle und Treppenturm gestaltend, umkleidete er im Inneren des quadratischen Baues die einfachen Emporen und Deckenkonstruktion mit farbigen maurischen Ornamenten. Mit Ausnahme des vorhandenen Kronleuchters gestaltete Semper zudem alle Kerzenleuchter (Kandelaber, siebenarmige Leuchter, Ampel). Den Auftrag zum Bau der Synagoge hatte Semper möglicherweise seiner Bekanntschaft mit Martin Wilhelm Oppenheim zu danken. Der Bau wurde am 8. Mai 1840 von Zacharias Frankel eingeweiht.
536s017a.jpg 1838-1841 Hoftheater – abgebrannt 1869. Das Theater wurde als selbstständiger Monumentalbau errichtet, während es früher fast immer nur ein Anhängsel eines fürstlichen Schlosses darstellte. Semper hatte es dabei verstanden, die Erfordernisse eines modernen Theaters - Bühne, Garderobe, Zuschauerraum, Foyer - in einem geschlossenen, klar gegliederten massiven Sandsteingebäude unterzubringen. Es wies die feinen zurückhaltenden Formen der Frührenaissance auf. Das Innere war durch seine Ornamentik und harmonische Farbengebung ausgezeichnet. Wegen heftiger Kritiken während des Baues blieb Semper der Eröffnung fern. Aus heutiger Sicht stellte das Dresdner Hoftheater den ersten großen Meisterbau Sempers dar.
1839 Villa Rosa in der Holzhofgasse – im Zweiten Weltkrieg zerstört. Die Villa wurde von Semper für Martin Wilhelm Oppenheim im Stil der italienischen Frührenaissance erbaut. Der verhältnismäßig schlichte Bau war Vorbild für zahlreiche folgende Villen Dresdens. An der Stelle der Villa steht heute eine Stele mit einer Büste Sempers.
1840 Elimeyerschen Ladenvorbau am Neumarkt
1841 Houpesches Haus in der Marienstraße - im Zweiten Weltkrieg zerstört.
AK Rathaus Blasewitz.jpg 1841-1845 erste Blasewitzer Schule - heutiges Stadtbezirksamt Naumannstraße 5. Die Schule wurde zu Ehren von Johann Gottlieb Naumann errichtet.[12]
Cholerabrunnen.jpg 1843 Der Cholerabrunnen stand ursprünglich auf dem Postplatz. Freiherr von Gutschmidt stiftete ihn zum Gedenken daran, dass Dresden von der Cholera verschont blieb, die zwischen 1840 und 1841 in Sachsen wütete. Der neugotische Turm des Brunnens ist 17 Meter hoch. Fabelhafte Reptilien als Wasserspeier symbolisieren die gesundheitlichen Gefahren unreinen Trinkwassers, die Heiligen an den Seiten dagegen die Gesundheit.
Dresden Innerer Neustädter Friedhof Grab Rumohr 1.jpg 1843 Grabdenkmal für Carl Friedrich von Rumohr auf dem Inneren Neustädter Friedhof
Grabstaette Carl Maria von Weber.jpg 1844 Grabdenkmal für Carl Maria von Weber auf dem Katholischen Friedhof
Dresden Palais Kaskel-Oppenheim, Außenfassade - Löffler S. 400, Bildnr. 493 um 1900.jpg 1845-1848 Oppenheim-Palais an der Bürgerwiese. Das Motiv war dem Palast Pandolfini in Florenz nachempfunden. Semper hat dabei Elemente der Hochrenaissance verwendet.
Oppenheim-Grahl 004.jpg Grabdenkmal für die Familie Oppenheim auf dem Trinitatisfriedhof
Sempergalerie (1).jpg 1847-1849 Gemäldegalerie1855 nach Sempers Flucht fertiggestellt. Die Gemäldegalerie diente der endgültigen Unterbringung der königlichen Gemäldesammlung. Semper verarbeitete in diesem Bauwerk Architektur- und Schmuckformen der italienischen Renaissance in Sandstein. Der Bau bildet ein langgestrecktes Viereck mit leise vorspringenden Eck- und Mittelrisaliten. Die Front des Gebäudes ist durch einen dreiteiligen Portikus charakterisiert. Dieser stellt ein Gegenstück zum Kronentor des Zwingers dar. Statuen und Reliefs am Mittelbau stammen von Ernst Rietschel, Ernst Hähnel und Johannes Schilling. 1945 brannte der Galeriebau aus. Den Westflügel zertrümmerten Bomben.
Semperoper.jpg 1871-1878 Neues Hoftheater (Semperoper) – das berühmteste Werk Gottfried Sempers. Gottfried Semper leitete den Bau aus der Ferne, sein Sohn Manfred Semper führte ihn aus. Im Vergleich zum vorherigen Hoftheater war der Neubau imposanter. Statt Frührenaissance fanden Formen der Hochrenaissance Verwendung. Nach der Zerstörung im Zweiten Weltkrieg erfolgten ab 1977 der Wiederaufbau und die Wiedereröffnung am 13. Februar 1985.

[Bearbeiten] Quellen

[Bearbeiten] Einzelnachweise

  1. Ekkehard Mai: Die deutschen Kunstakademien im 19. Jahrhundert: Künstlerausbildung zwischen Tradition und Avantgarde, Böhlau Verlag Köln Weimar, 2010
  2. Biografie von Gottfried Semper auf wagner200.com
  3. Dirk Hempel: Literarische Vereine in Dresden, Niemeyer-Verlag, 2008
  4. Staatliche Kunstsammlungen Dresden: Gottfried Semper, 1803-1879: Baumeister zwischen Revolution und Historismus, 1980
  5. Chronik des Gewerbevereins zu Dresden. Als Festschrift zur fünfzigjährigen Stiftungsfeier, Hoffmann Dresden, 1884
  6. Adreßbuch für die Stadt Dresden 1850
  7. Nikolaus Bernau: Die Semper-Barrikade. Der größte Architekt des 19. Jahrhunderts wollte am liebsten Künstler an der Spitze der Republik, Berliner Zeitung
  8. Gottfried Semper bei planet-vienna.com
  9. Constantin Lipsius: Gottfried Semper in seiner Bedeutung als Architekt, Berlin, Verlag der Deutschen Bauzeitung, 1880
  10. Hölz, Christoph, „Semper, Gottfried“, in: Neue Deutsche Biographie 24 (2010), S. 243-247
  11. Gottfried Semper Architekturpreis der Sächsischen Akademie der Künste
  12. Johann Gottlieb Naumann auf blasewitz.de

[Bearbeiten] Weblinks

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