Diskussion:Dresdner Missions-Hülfsverein

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Fünfzig Jahre der Missionsthätigkeit im Königreiche Sachsen, Justus Naumann's Buchhandlung (Heinrich Naumann), Dresden 1869, S. 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 12, 13, 14, 15, 16, 17, 18, 19, 20, 21, 22, 23, 24, 25, 26, 27, 28, 29, 30, 31.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] 1: I. Der Missions-Hilfsverein zu Dresden. (1819–1836.)

S. 1 Unser Dresden ist nicht eine Stadt auf dem Berge, in welcher weithin gerühmte, für die Geschichte der Kirche entscheidende Thaten geschehen sind; aber tiefgehende und mächtige Erweisungen der Kraft und Gnade Gottes hat auch unsere Stadt erfahren. Ein Dresdner Kind war jener Peter Faulfisch, gewöhnlich Peter von Dresden genannt, welcher 1409–1414 als Schulmann theils in Dresden wohl an der Schule bei der Kreuzkirche, theils in Chemnitz und Zwickau thätig war. Von dem Bischof vertrieben, weil er sich gegen die Lehre vom Fegefeuer und für das Abendmahl in beiderlei Gestalt erklärte, ließ er sich in Prag nieder, wo er als „Hussens fürnehmer Gesell und Gehülf die Kecrew fördern half“. Man bezeichnet ihn als Verfasser eigener Kirchengesänge, die in der damals beliebten Weise aus halb lateinischen, halb deutschen Versen bestanden, wie jenes noch im alten Dresdner Gesangbuch stehende „In dulci jubilo, nun singet und seid froh“. - Jedenfalls hat er das hohe Verdienst, zuerst deutsche Kirchenlieder in den Gottesdienst eingeführt und vorreformatorisch wirkend, so die Gemeinde zu größerer Theilnahme herangezogen zu haben. Und als die Reformation des 16. Jahrhunderts begann, fand sie auch im Herzogthum Sachsen begeisterte Aufnahme. Schon 1516 war Luther zu einer Visitationreise von Staupitz abgesandt nach Dresden gekommen; seinen Alt=Dresdner Augustinermönchen hat er damals schon fleißiges Bibellesen empfohlen. Im Jahre 1517 kurz vor seinen [2] entscheidenden Hammerschlägen zu Wittenberg hat er in Dresden durch seine Predigt viele Herzen mächtig bewegt.

[Bearbeiten] 2: Luther in Dresden.

Im Jahre 1517 kurz vor seinen [2] entscheidenden Hammerschlägen zu Wittenberg hat er in Dresden durch seine Predigt viele Herzen mächtig bewegt. Herzog Georg hatte den von ihm hochverehrten Wittenberger Ordinarius Staupitz, der selbst mehrere Mal in Dresden gepredigt hatte, schriftlich angegangen, ihm einen frommen und gelehrten Prediger zu senden. Staupitz erkor hierzu Luther, der auch mit besonderen Empfehlungen ausgestattet, die ihn als einen überaus gelehrten und höflichen Mann bezeichneten, im Juli 1517 in Dresden eintraf und am Tag Jacobi, den 25. Juli, in der damaligen Schloßkapelle in Gegenwart des Herzogs und seines Hofes eine freimüthige und eindringliche Predigt über das Evangelium: „Ihr wisset nicht, was ihr bitten sollt“ hielt und darin die Bitten der Menschen strafte und zeigte, was ein Christ bitten müsse. In dieser Predigt sagte er: Kein Mensch dürfe die Hoffnung des Heils wegwerfen, weil die, welche das Wort Gottes mit gläubigem, aufmerksamen Herzen höreten, Christi rechte Jünger und zum ewigen Leben erwählt und bestimmt seien. Dabei verweilte er länger und zeigte, daß die Lehre von der Vorherbestimmung, wenn man dabei nur von Christo ausgehe, eine besondere Kraft habe, die Furcht zu vertreiben, um derentwillen die Menschen im Gefühl ihrer Unwürdigkeit zitternd vor Gott flöhen, zu dem sie doch vor Allem ihre Zuflucht nehmen sollten. Die trostreiche Predigt machte auf einen großen Theil des Hofes einen sehr tiefen Eindruck; einige am Hofe nannten sie spottweise die Mönchspredigt. Die Hofmeisterin der Herzogin, Frau Barbara von Sala, vom Herzog Georg gefragt, wie die Predigt sie erbaut habe, bekannte, daß sie dermaleinst recht ruhig zu sterben hoffe, wenn sie noch eine dergleichen Predigt hören sollte. Der Herzog erwiderte, er wolle viel Geldes darum geben, wenn er solche Predigt nicht gehört hätte, die nur geeignet sei, das Volk unbedachtsam und ruchlos zu machen. Der von Sala ward ihr Wunsch gewährt, indem sie nach Verlauf eines Monats krank ward und fröhlich aus dieser Welt schied. Herzog Georg wurde ein Hauptgegner Luthers. Ihm wollte es nicht in den Sinn, daß eine auch von ihm für nothwendig gehaltene Reformation von einem einzelnen Mönch ausgehe, anstatt von der ganzen Kirche. So förderte er die Leipziger Disputation 1519, so hat er sich oft mit dem freimüthigen Hofprediger Chrosner, welcher [3] der neuen Lehre zugewandt war, im grünen Stübchen des Schlosses über die Lehre vom Abendmahl in beiderlei Gestalt und dergl. unterhalten.

[Bearbeiten] 3: Die Reformation in Dresden.

So förderte er die Leipziger Disputation 1519, so hat er sich oft mit dem freimüthigen Hofprediger Chrosner, welcher [3] der neuen Lehre zugewandt war, im grünen Stübchen des Schlosses über die Lehre vom Abendmahl in beiderlei Gestalt und dergl. unterhalten. Sein Leben war schön angelegt, aber voller vereitelter Hoffnungen und reich an gramvollen Tagen. Ein versöhnender und erhebender Abschluß ists, den sein Lebensende gewährt. Der Pfarrer Eisenberg, so wirds erzählt, verwies den sterbenden Herzog auf die Fürbitten der Heiligen und seines Schutzpatrones Jacobus. Das half aber nichts. Da nahm der Leibarzt Dr. Rothe den Herzog in seine Arme und sagte zu ihm: „Gnädiger Herr, sie pflegten sonst zu sagen, geradezu giebt die besten Renner, dies thun sie jetzt auch und gehen gerade zu Christo, welcher für unsere Sünden gestorben und unser einiger Seligmacher und Fürsprecher ist, und lassen die verstorbenen Heiligen fahren.“ Und der Sterbende sprach: „Ei, so hilf du treuer Heiland Jesu Christe, erbarme dich über mich und mache mich selig durch dein bitteres Leiden und Sterben!“ Mit diesen evangelischen Worten starb der treueste Vertheidiger der alten Kirche. (17. April 1539) Unmittelbar darauf kam Herzog Heinrich nach Dresden und es begann das Werk der Reformation. Es wurde aufgeräumt in Dresden; der schwarze Abgott des heiligen Kreuzes aus der Kreuzkirche wanderte in die Götzenkammer, den Bodenraum der Sacristei, wo das einst weit berufene Idol verbannt und vergessen lag, bis es im Bombardement Dresdens (19. Juli 1760) bei der Zerstörung der Kreuzkirche unterging. Mit dem schwarzen Herrgott der Kreuzkirche kamen auch das berühmte wächserne Mutttergottesbild der Frauenkirche und die Fußsohle der Maria aus der Neustädter Kirche (es war auf Pergament das wahrhafte Maaß des Fußes unserer lieben Frauen gezeichnet) in Vergessenheit. Mit freudiger Hingebung und Entschiedenheit wandte man sich der evangelischen Wahrheit zu.

[Bearbeiten] 4: Reformation in Dresden und Folgen derselben.

Von Dresden aus sind auch Klänge angeschlagen worden, die heute noch weithin in der evan= [4] gelischen Christenheit widerhallen; von seinem Oberhofprediger Weller gefragt, ob er Jesum im Herzen habe und auch noch des Liedes gedächte: „Von Gott will ich nicht lassen“ das er im Leben so oft gesungen, antwortete der sterbende Churfürst Johann Georg († 8. Oct. 1656) mit Glaubensfreudigkeit: Meinem Jesum laß ich nicht - und der Zittauer Rector Keymann dichtete danach sein Lied: Meinen Jesum laß ich nicht, weil er sich für mich gegeben. - In Dresden lebte der Justizrath Dr. Johann Burkhard Freystein, dessen Lied: „Mache dich mein Geist bereit“ immer von Neuem die Seele stärkt und stählt! Und daß im Volke das lutherische Bewußtsein lebte, zeigte sich besonders bei dem unheilvollen Uebertritt Churfürst Friedrich August I. (August II. von Polen) zur römischen Kirche 1697: das Te Deum zu Ehren der erworbenen Königskrone wurde auf Befehl in den Kirchen gesungen, aber das Volk stimmte nach Beendigung des Gottesdienstes lutherische Kernlieder an, wie „Ach bleib bei uns Herr Jesu Christ, weil es nun Abend worden ist“.[1] Männer wie Philipp Jacob Spener, der hier von 1686–1691 Oberhofprediger war und Dr. Valentin Ernst Löscher, der Superintendent († 1749), gehören nicht blos der Dresdener, sondern der Kirchengeschichte überhaupt an. Gottes Wort ist von vielen Zeugen gepredigt worden und die Gemeinden haben sich insonderheit zahlreich in den schweren Kriegszeiten um dasselbe gesammelt. Aber auch von sectirerischen und separatistischen Gelüsten finden sich in Dresden Spuren, die Gichtelianer oder Engelsbrüder, nach ihrem Meister Joh. Georg Gichtel († 1710 in Amsterdam) so genannt, jene überspannte Secte, welche durch Enthaltung von der Ehe und von aller irdischen Lust, Arbeit und Sorge, durch stete Betrachtung und andere selbsterwählte Mittel eine gänzlich Unsündlichkeit zu erreichen und den Engeln gleich zu kommen suchte, waren auch in Dresden vertreten.

Das Reich Gottes ward, in verschiedenen Beziehungen kann man dies sagen, in der Heimath gebaut; aber von irgendwelchem lebendigen Interesse an dem Bau des Reiches Gottes in der Ferne unter den Heiden, oder gar von gemeinsamer Missionsarbeit, finden wir keine Spur. Zwar hatte Spener wiederholt in seinen Schriften und Predigten ausgesprochen, daß es der ganzen Kirche obliege, und man dazu weder an Fleiß, [5] noch Mühe und Kosten es mangeln lassen dürfe, daß man sich auch der armen Heiden und Ungläubigen annehme;

[Bearbeiten] 5: Anfänge der Mission

Zwar hatte Spener wiederholt in seinen Schriften und Predigten ausgesprochen, daß es der ganzen Kirche obliege, und man dazu weder an Fleiß, [5] noch Mühe und Kosten es mangeln lassen dürfe, daß man sich auch der armen Heiden und Ungläubigen annehme; zwar war der erste gesegnete Heidenbote der dänischen Mission in Ostindien Ziegenbalg, in Sachsen geboren (24. Juni 1683); zwar steht in Dresden auf dem Eliaskirchhof als ein einsamer mahnender Zeuge aus missionsloser Zeit ein Grabdenkmal, welches die Inschrift trägt:

Hier ruhen die Gebeine des Herrn Christoph Theodosii Walthers, welcher zu Schildberg bey Soldin in der Neu-Marck 1699 d. 20. Dec. gebohren, zu Schönfliess, Königsberg, Stargard und Halle studieret von 1720 biss 1739 denen Heyden zu Tranckenbar in Ost-Indien das Evangelium gepredigt, als designirter Pastor der teutschen Kirche auf Christianshafen in Dännemark allhier zu Dresden d. 29. April 1741 sanft und zufrieden verschieden; alt 42 Jahre 7 Monate und 10 Tage;

aber zu geregelter und energischer Arbeit an dem von dem Herrn Seiner Kirche befohlene Werke sollte es bei uns erst im Anfang dieses Jahrhunderts kommen und dazu bediente sich Gott zweier in Dresden bestehender Gesellschaften der Brüderdiaspora und der deutschen Christenthumsgesellschaft.


Die Brüdergemeinde zählte in Dresden seit etwa 1721 eine nicht kleine Anzahl von Mitgliedern. Am 22. October 1721 kam der Graf v. Zinzendorf nach Dresden und trat das Amt eines Hof= und Justizrathes an. Nach seinem eignen Bekenntniß hatte er sich vorgenommen, seine Amtsgeschäfte in Dresden gleichsam hintan zu setzen, und seine Zeit in Dresden darauf zu verwenden, seinen Collegen, Freunden, Verwandten und Jedermann, welche ihn anhören wollten, Geistlichen und Weltlichen, ja gar den Gichtelianern und Separatisten das Verdienst seines lieben Heilandes und die Seligkeit Seiner Liebe schmackhaft zu machen. Ohne Widerspruch der geistlichen und weltlichen Oberen hielt der Graf nun bei offenen Thüren alle Sonntage von 3–7 Uhr öffentliche Versammlung für Jedermann. Es wurde ein Lied gesungen, man betete und unterhielt sich freundschaftlich über Stellen der heiligen Schrift, oder es wurden sonstige erbauliche Unterredungen gepflogen. Der Graf schreibt davon: „Wir sind [6] vergnügt im Herrn und so herzvertraulich wie die Kinder, jung und alt beisammen“.

[Bearbeiten] 6: Die Brüderdiaspora.

Der Graf schreibt davon: „Wir sind [6] vergnügt im Herrn und so herzvertraulich wie die Kinder, jung und alt beisammen“. Aus Gehorsam gegen seine Aeltern bekleidete der Graf ein öffentliches Amt und mußte nach damaliger Sitte einen Degen tragen; doch lebte er ganz der Verkündigung des Evangeliums. Er unterhielt Umgang mit einer Gesellschaft von solchen, welche sich nicht zur Kirche hielten, auch sonst wunderliche Ideen hegten und seine Arbeit an ihnen war eine so gesegnete, daß viele wieder zur Kirche kamen und von ihren Verirrungen abließen. Natürlich konnte es an mancherlei Täuschungen nicht fehlen und es mußte eine größere Vorsicht beim Halten der Versammlungen, Beschränkung der Theilnehmerzahl stattfinden, damit nicht unredliche Menschen sich hinzudrängten. Auch später nach des Grafen Wegzug blieben die Versammlungen der Brüdergemeinde. Während die Gichtelianer und Separatisten in Dresden sich von der Kirche lossagten und ihr Abendmahl unter sich feierten, hielt die Brüdergemeinde ihre Versammlungen nach dem Grundsatze, daß dieselben keinerlei Unordnungen erzeugen dürften, vielmehr den öffentlichen Gottesdiensten förderlich sein müßten. Die Mitglieder der Privaterbauungsstunden sollen mit göttlichem Leben und Wandel als treue, fleißige, religiöse Leute hervorleuchten. Nach dem Bombardement Dresdens 1760 zogen die meisten Glieder der Gemeinde nach Herrnhut, Berthelsdorf und anderen Orten und allmählich erst fand sich die Brüdergemeinde wieder zusammen. In ihr sammelten sich die stillen, redlichen Seelen. Mancherlei innere, wie äußere Kämpfe waren zu bestehen, zur Rechten und Linken hatten sie Gegner. Für die einen waren sie die Frommen, die Pietisten; die Andern streng Confessionellen hatten ihre Bedenken gegen manche Abweichungen von der Kirchenlehre und äußerten dies zuweilen in allzu schroffer, liebloser Weise. So hatte sich besonders in dem Jahre 1818 P. Stephan von der böhmischen Gemeinde sehr hart gegen sie ausgesprochen, während der Diaconus Leonhardi an der Kreuzkirche in freundlichem Verkehr mit ihnen stand. An der Spitze der Herrnhuter Diaspora standen ums Jahr 1819 der Lederhändler Götze und der Weinhändler Löschcke. Götze hielt die öffentlichen Betstunden am Sonntag; Mittwoch und Freitag hatten nur Mitglieder Zutritt. In den Sonntagsversammlungen, an welchen viele Leute Theil nahmen, hielten zuweilen durchreisende [7] Missionare der Brüdergemeinde Vorträge, auch las man Missionsberichte und pflegte so das Missionsinteresse.


[Bearbeiten] 7: Die deutsche Christenthums=Gesellschaft.

In den Sonntagsversammlungen, an welchen viele Leute Theil nahmen, hielten zuweilen durchreisende [7] Missionare der Brüdergemeinde Vorträge, auch las man Missionsberichte und pflegte so das Missionsinteresse.

Neben der Brüdergemeinde bestand in Dresden ein Zweigverein der deutschen Christenthums=Gesellschaft, die ihren Hauptsitz in Basel hatte, wo sie von dem Augsburger Senior Johann August Urlsperger 1780 gegründet worden war (Anmerkung: Vgl. Ostertag, Entstehungs=Geschichte der evang. Missions=Gesellschaft zu Basel, 1865.). Urlsperger's Vater war früher in Stuttgart Hofprediger gewesen, von dem durchreisenden Aug. Herm. Francke ernst ermahnt, hatte er das sittenlose Treiben des Hofes mit freimüthigem und gewaltigem Zeugniß gestraft, hatte darüber seine Stelle verloren, aber in Augsburg Alles reichlich wiedergefunden. Ein reiches Maß von dem Geiste seines Vaters lebte in Johann August Urlsperger. Mit brennendem Durst nach Wahrheit hatte er in jener Zeit, wo der Unglaube von England und Frankreich her wie eine verheerende Sündfluth über Deutschland hereingebrochen war, alle Lehren dieses Unglaubens durchforscht und klar geprüft; mit dem Resultate dieser Prüfung konnte er dann vor seine Zeit hintreten und sagen: „Eure Philosophie ist Dunst und Lüge. Das Wort Gottes und es allein in alle Ewigkeit ist und bleibt die Wahrheit!“ Nach weiteren Reisen war er in Augsburg Prediger und nach seines Vaters Tode Senior der Augsburgischen Geistlichen geworden. Mit ungewöhnlicher Kraft und Salbung und mit unermüdlicher Hingebung arbeitete er in Augsburg; aber auch die Noth des gesammten deutschen Vaterlandes lag ihm am Herzen. In ihm stieg der Gedanke auf, gegenüber der geschlossenen Macht des Unglaubens eine Vereinigung aller Kräfte der Männer des Glaubens anzustreben. Ueberall hin schrieb er Briefe, über Deutschlands Grenzen hinaus nach Dänemark, Holland, England. Dann ergriff er selbst den Wanderstab und reiste von Land zu Land und klopfte an, wo er nur Eingang zu finden hoffte. Aber bei Vielen wurde er höflich abgewiesen; man hatte allerlei Bedenken. 16 Monate war er herumgezogen und entmuthigten Geistes und gebrochenen Herzens schickte er sich zur Heimkehr an. Die letzte Station, welche er noch besuchte, war Basel, 1780. Hier fand er in der Stadt regen christlichen Lebens die lang ersehnte Auf= [8] nahme.

[Bearbeiten] 8: Die deutsche Christenthums=Gesellschaft. (2)

Die letzte Station, welche er noch besuchte, war Basel, 1780. Hier fand er in der Stadt regen christlichen Lebens die lang ersehnte Auf= [8] nahme. Der Professor D. Herzog ging auf den Plan ein, und am 30. August 1780 constituirte sich der Verein und nannte sich: „Deutsche Gesellschaft zur Beförderung reiner Lehre und wahrer Gottseligkeit.“ Aeltere und neuere Schriften echt christlichen und bibelgläubigen Inhalts sollten möglichst wohlfeil gedruckt und in möglichst weitem Kreise verbreitet werden. Die Mitglieder des Vereins sollten durch unanstößigen christlichen Wandel und durch Werke treuer Liebe auf lebendige Gottseligkeit in der Nähe und Ferne hinzuwirken bemüht sein. Die innere Einrichtung des Vereins war sehr einfach. Ein engerer Ausschuß besorgte die Geschäftsführung; derselbe veranstaltete monatlich eine Versammlung, welche regelmäßig mit Gebet, auch wohl mit einer Schriftlection begann und schloß. Die eingegangenen Briefe - es wurde eine weit ausgedehnte Correspondenz geführt - wurden dabei vorgelesen, die Angelegenheiten des Reiches Gottes besprochen, die laufenden Geschäfte erledigt. Ein Protokoll mit den Verhandlungen und Beschlüssen des Ausschusses wurde ausgefertigt und sammt den wichtigeren Briefen unter den Mitgliedern in Umlauf gesetzt. Nach allen Seiten hin breitete sich der Verein aus unter dem Namen: „Deutsche Gesellschaft zur Beförderung christlicher Wahrheit und Gottseligkeit“. Urlsperger sprach sich über die Ziele der Gesellschaft eingehend aus in dem Schriftchen: „Beschaffenheit und Zwecke einer zu errichtenden deutschen Gesellschaft zur thätigen Beförderung reiner Lehre und wahrer Gottseligkeit.“ (Basel 1781.) Mit Freuden begrüßte der Verein die Anfänge des hereinbrechenden herrlichen Reiches Gottes in den Missionsanstalten, welche von England aus im Laufe des vorigen Jahrhunderts geschahen. Zweigvereine entstanden außer Deutschland im Elsaß, in Holland, Dänemark, Schweden, innerhalb Deutschlands in Nürnberg, Frankfurt a. M., in Preußen, in den sächsischen Ländern, von wo aus Luther's Reformation ein so großes Licht über Europa verbreitete. Der Haupt=Ort der sächs. Particular=Gesellschaft war Dresden, - „in dieser Stadt, sowie überhaupt in ganz Sachsen giebt es noch unter allen Ständen, vom geistlichen und weltlichen Ministerio an bis zu den geringsten Handwerkern und Bauersleuten, Männer, welche sich des Evangeliums von Christo nicht schämen, sondern es mit Wort und Wandel

[Bearbeiten] 12: Gründung des Missions=Hilfsvereins.

Auf geschehene Einladung des M. Leonhardi, Diaconi zum heiligen Kreuz, fanden sich in dessen Amtswohnung Montags den 16. August 1819, Abends um 5 Uhr, nachbenannte christliche Freunde ein: Conrector Baumgarten=Crusius, Lederhändler Götze, Hoforganist Kirsten, Burghart, Weinhändler Löschcke jun., auch war als Fremder Oberpostamtsrath Hüttner aus Leipzig zugegen. (Anmerkung: Erstes Protokoll des Missions-Hilfsvereins zu Dresden.) M. Leonhardi eröffnete die Berathung mit folgender Anrede: „Seien Sie mir brüderlich gegrüßt im Namen [13] unseres Gottes, der uns errettet hat von der Obrigkeit der Finsterniß und hat uns gebracht in das Reich seines lieben Sohnes.


[Bearbeiten] 13: Erstes Protokoll.

M. Leonhardi eröffnete die Berathung mit folgender Anrede: „Seien Sie mir brüderlich gegrüßt im Namen [13] unseres Gottes, der uns errettet hat von der Obrigkeit der Finsterniß und hat uns gebracht in das Reich seines lieben Sohnes. Und Dank und Preis und Ehre sei ihm dafür, daß er uns errettet hat von der Finsterniß, in welcher man den einzigen wahren Weg zum Heile weder kennet, noch erkennet; und Dank und Ruhm und Anbetung sei dem Sohne Gottes, der uns gebracht hat in Sein Reich, in das Reich des Lichtes, das himmlische Wärme und ewiges Leben giebt, in das Reich der Gnade, worinnen Sünder gerecht, Verlorenen selig werden. Daß auch unsre Rettung, auch unsre Begnadigung Ihm, dem treuen Heilande, Sein Blut und Sein Leben gekostet, das wissen wir nun: das ist der Grund unseres Glaubens; das ist es aber auch, womit Er uns das Herz genommen, womit er unsere Liebe gewonnen, womit er uns erkauft hat sich selber zum Eigenthum. Und sind wir wahrhaftig Sein, ist es uns nirgends so wohl, als in dem Sonnenstrahle Seiner Liebe, wissen wir für uns nirgends Heil und Seligkeit zu finden, als in Seinem Reiche, o dann werden wir dieses Wohlsein, diese Glückseligkeit gewiß allen unseren Mitmenschen gönnen, wünschen, erflehen. Doch Derer, die noch in Finsterniß und Schatten des Todes sitzen; Derer, zu denen das erleuchtende Wort, das beseligende Reich noch nicht gedrungen ist; Derer, die noch nicht vernommen haben die Stimme des Weltversöhners: „Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben; Niemand kommt zum Vater denn durch mich!“ - Derer sind noch so Viele, daß vom Aufgang bis zum Niedergang ein unermeßliches Erndtefeld sich aufthut. Welch Verlangen daher aus allen Weltgegenden nach treuen, dem Dienste des Herrn sich aufopfernden Arbeitern sich ausspreche, das darf der gläubige, nur allein in Jesu sich wohlfühlende Christ nur hören und lesen, um von der Liebe seines Heilandes, der sich nicht blos für ihn, sondern für alle Menschen in den Tod gegeben, mächtig gedrungen zu werden, wenigstens ein geringer Handlanger zu werden an dem großen Baue Christi. Diese Gesinnungen und Bestrebungen waren es nun, von denen beseelt, bereits mehrere Gesellschaften zur Ausbreitung des Christenthums zusammengetreten sind.“ Mit herzlichem Danke wurde nun erwähnt, wie viel Gutes und Großes der HErr durch Herrnhut und die Brüdergemeinde, sowie durch die Missionsseminare in Berlin, Halle und Basel gethan habe.

[Bearbeiten] 14: Erstes Protokoll. (2)

[14] Namentlich freute man sich des schönen Gedeihens der letztgenannten Anstalt, in welcher zwei Dresdener junge Männer, Beckauer und Werner, unentgeldlich als Zöglinge aufgenommen worden waren und, wie aus einem Briefe Werners belegt wurde, daselbst die liebevollste Behandlung und gediegenste Vorbereitung zu ihrem Berufe empfingen. Nach Darlegung der manichfachen Umstände, durch welche die Dresdner Missionsfreunde auf Basel hingewiesen worden waren, beschloß man, freiwillige Beiträge zu sammeln und auch ferner nach Basel zu senden, ohne einen oder mehrere bestimmt bezeichnete Missionare dadurch mit unterhalten zu wollen, wußte man doch, daß ohnehin der Baseler Comitee geneigt sei, auf gewissenhafte Empfehlungen neuer Zöglinge durch den Dresdener Verein gern Rücksicht zu nehmen und demselben auch von dem Beginnen, Fortschreiten und Ergehen der vaterländischen Missionare nähere Nachrichten von Zeit zu Zeit zugehen zu lassen. Darauf wurde die Besorgung des Briefwechsels, der Rechnungsführung, der Cassenbewahrung und der übrigen Geschäfte dem Diac. Leonhardi, Lederhändler Götze und Burghart übertragen, auch der Conrector Baumgarten=Crusius beauftragt, einen Aufruf in der Weise des Tübinger zu verfassen. - So war der Anfang gemacht, wenn auch nur sehr im Kleinen. Voll fröhlichen Muthes beschloß man, mit gläubiger Zuversicht auf Gottes Hülfe und Segen im Stillen fortzubauen, wenn es auch nur langsam gehe. Allen Versammelten zur Lehre und zum Troste gereichte die Brüder=Loosung dieses Tages: „Gott thut Alles fein zu seiner Zeit.“ Pred. 3, 11., und sie gaben sich das Wort darauf, auch das Ihrige zu thun, um ein Jeder in seinem Kreise für die Sache der Mission zu wirken, wobei ihnen der Lehrtext dieses Tages als eine apostolische Stimme erklang: „Laß die Unsren lernen, daß sie im Stande guter Werke sich finden lassen, wo man ihrer bedarf, auf daß sie nicht unfruchtbar seinen.“ Zum Schluß vereinigte man sich zu dem herzlichen Gebete:

Lehr mich Alles was mir Deine Hand in meine will bescheren,
HErr, verwenden Dir zu Ehren.

So endete diese denkwürdige erste Versammlung des Dresdner Hilfs=Missionsvereins.

Von demselben Tage datirt ist folgender [15] Aufruf, worin zur Theilnahme an dem neu begründeten Verein aufgefordert wird.

[Bearbeiten] 15: Erstes Lebenszeichen des Vereins.

Von demselben Tage datirt ist folgender [15] Aufruf, worin zur Theilnahme an dem neu begründeten Verein aufgefordert wird.

Die Erndte ist groß, der Arbeiter aber sind wenig. Darum bittet den Herrn der Erndte, daß er Arbeiter aussende in seine Erndte. Matth. 9, 37. 38. Luc. 10, 2.

Jeder warme Freund des Christenthums beobachtete gewiß mit immer neuer, immer erhöhter Theilnahme und mit dem innigsten Dank gegen den Stifter und Herrn der Gemeine, die Fortschritte, die das Evangelium in eben dem Grade unter vorher ganz rohen Völkern machte, als es unter denen, die sich Christen nannten, an Werthschätzung und Liebe verlor. Es sind nun fast hundert Jahre, daß der Eifer, das Christenthum unter die Heiden zu tragen und sie aus der Nacht der Unwissenheit und des Aberglaubens zu dem wunderbaren Lichte zu rufen, das aller Welt leuchten soll auch unter den Evangelischen mächtiger und lebendiger wurde. Bald gingen Bothen der Wahrheit zu den Negersclaven auf den westindischen Inseln, zu den Grönländern und Eskimaux auf Labrador, zu den Indianern in Nordamerika, zu den Hottentotten auf der Südspitze von Afrika und zu den mancherlei Völkerstämmen, die den ungeheuern Erdstrich des südlichen Asiens bewohnen. Selbst die Inseln des stillen Meeres, sowie die nomadischen Stämme Mittelasiens fanden ihre Freunde, die Ruhe, Glück und Freude des Lebens willig aufopferten, um den, der alles für die Menschen hingegeben hat, ihren Brüdern zu verkündigen, die Ihn noch nicht kannten.

Das Werk, das in Seinem Namen angefangen war, wurde auch von Seinem Segen sichtbar begleitet. Die Heiden sahen, daß ihnen hier gebracht wurde, was sie nöthig hatten, wornach sie zum Theil sich lange gesehnt hatten, ohne den Weg mit eigner Kraft finden zu können. Nicht ein leerer Ceremoniendienst wurde ihnen anempfohlen oder gar aufgedrungen, ebenso wenig eine trockene dem ungebildeteren Menschen kaum faßliche Vernunftreligion mit vielem Schmuck der Worte angepriesen. Daß der Versöhner, den jeder sündige Mensch braucht, auf die Erde kam, um durch Leiden und Tod die Seinem Vater zuzuführen, die er würdigt, Seine Brüder zu nennen, und daß Er dafür nichts verlangt, als Glauben und Vertrauen, daß Er uns helfen kann und will, und dankbare Liebe, treue Anhänglichkeit, Gehorsam: das faßt und begreift jedes einfache, kindliche Gemüth, und fühlt sich dadurch ergriffen, hingezogen zu dem göttlichen Wohlthäter, der uns nicht mit Gold und Silber, sondern mit Seinem Blut erworben und gewonnen hat. So erwachte denn auf allen Theilen der Erde Licht und Leben, das Senfkorn schlug in den Eisgefilden, wie in den brennenden Wüsten aus und der Baum wächst immer grüner und fruchtreicher heran, unter dem die Geschlechter der Menschen sich versammeln sollen. - Das Feld ist groß und weit. Millionen warten auf Unterricht, und wenige sind es, die ihn geben können. Vorzüglich wächst in Ostindien (Anmerkung: Eine merkwürdige Vorahnung des künftighin der luth. Mission zugewiesenen Arbeitsfeldes.) [16] eine Erndte von unermeßlichem Umfang.


[Bearbeiten] 16: Der erste Aufruf

Vorzüglich wächst in Ostindien (Anmerkung: Eine merkwürdige Vorahnung des künftighin der luth. Mission zugewiesenen Arbeitsfeldes.) [16] eine Erndte von unermeßlichem Umfang. Wir müssen den Herrn der Erndte um Arbeiter bitten. Aber wir müssen auch selbst Hand anlegen, wo und wie wir können. - Das Missions=Institut zu Basel hat schon manchen brauchbaren Mann zu seinem wichtigen Beruf vorbereitet. Es ist nöthig, daß es unterstützt und sein Wirkungskreis erweitert werde. Schon haben sich Hülfsgesellschaften in allen Theilen von Deutschland und der Schweiz gebildet. Sollen wir Sachsen, sonst so warme Freunde der Wahrheit, uns nicht an unsre Brüder zu so edlem Zwecke anschließen? Schon sind zwei Dresdner Jünglinge, der eine ein Handwerker, der andere ein Zögling der Kreuzschule, nach Basel abgegangen, und dort liebreich aufgenommen worden. Sie rühmen die Liebe und Treue, mit der sie zu ihrer Bestimmung angeleitet werden. Sollen wir nicht mehr thun, nicht helfend mit eingreifen?

Und wirklich hat sich bereits in Dresden eine kleine Gesellschaft näherer und entfernterer Freunde das Wort gegeben, monatlich, solange es jedem die Umstände verstatten, eine Beisteuer zu dem Missionswerke zu bringen. Zu ihrer eignen Aufmunterung und Erwärmung läßt sie das, zu Basel in Quartalheften erscheinende Magazin für die neueste Geschichte der protestantischen Missions= und Bibelgesellschaften in ihrem Kreise zum Lesen herumgehen. Ihre Versammlungen, die von Zeit zu Zeit gehalten werden, (Anmerkung: In der Wohnung des Lederhändlers Götze) sind gemeinschaftlichem Gebet für die Sache des Herrn, sowie Berathungen und Mittheilungen darüber gewidmet. Jährlich wird von einem damit beauftragten Mitgliede die Rechnung abgelegt. Bei den gegenwärtig noch beschränkten Kräften der Gesellschaft wird das gesammelte Geld an das Baseler Institut abgesendet. Wenn die Zahl der Theilnehmer sich vermehrt, so könnten dann von Zeit zu Zeit desto eher junge Sachsen, in denen der Eifer, unter die Heiden zu gehen, erwacht, und die zu dem wichtigen Amt tüchtig erscheinen, von uns empfohlen in das Institut aufgenommen und während ihrer Wirksamkeit selbst als Boten aus unsrer Mitte betrachtet werden.

Wir wollen uns noch nicht sagen, was alles geschehen kann und geschehen wird. Es kommt auf einen guten Anfang an, und der ist gemacht, dann, daß der Eifer nicht ermüdet, denn es ist ein Werk der Hoffnung, vorzüglich aber auf den Glauben, daß nicht wir es sind, die die Sache treiben und gelingen machen, aber wohl, daß wir schwache Werkzeuge sein können, deren Beiträge zum Ganzen in den Händen des Herrn zum Segen werde. Denkt an den kleinen Anfang der Bibelgesellschaft, und bald wird die Schrift in allen Zungen gelesen werden. Die Zeit kommt, wo das Himmelreich Gewalt leidet, wo sich alles drängt, zu dem Reich des Lichts zu kommen, die Zeit, wo alle Zungen bekennen, daß Jesus Christus der Herr sei zur Ehre Gottes des Vaters. Dresden, den 16. August 1819.

Dieser Aufruf war von einem außerordentlichen Segen begleitet. Durchdrang doch auch gerade damals ein ernster und religiöser Sinn fast alle Stände und Kreise Sachsens; die schweren [17] Heimsuchungen des Krieges waren nicht vergeblich gewesen.

[Bearbeiten] 17: und dessen gesegnete Wirkungen.

Dieser Aufruf war von einem außerordentlichen Segen begleitet. Durchdrang doch auch gerade damals ein ernster und religiöser Sinn fast alle Stände und Kreise Sachsens; die schweren [17] Heimsuchungen des Krieges waren nicht vergeblich gewesen. So wurde das Reformationsjubelfest 1817 im ganzen Lande als großes Dankfest drei Tage hinter einander durch Gottesdienst wie an den hohen Festtagen gefeiert und einige Jahre später (1823) wurde das Reformationsfest auf Ansuchen der Dresdner Bürgerschaft zu einem ganzen Feiertag erhoben. Auch die Jahre 1818 und 1819 waren solche, welche das gesammte sächsische Volk auf's Freudigste bewegten und zu innigem Dank gegen Gott entzündeten; denn im September 1818 hatte der viel geprüfte, geliebte König Friedrich August sein fünfzigjähriges Regierungsjubiläum, welches im ganzen Lande kirchlich begangen wurde, und im Januar 1819 unter inniger Theilnahme des Landes sein fünfzigjähriges Ehejubiläum gefeiert. In Zeiten aber, wo Gott einem Volke besondere Erweisungen seiner Liebe und Gnade zu Theil werden läßt, ist dasselbe besonders bereitet, seinen Dank durch Werke der Liebe zu bethätigen. So zeigte sich auch, daß das noch nicht klar ausgesprochene Verlangen vorhanden war, an der Ausbreitung des Reiches Gottes unter den Heiden mitarbeiten zu dürfen; der Aufruf sprach aus, wonach Viele sich sehnten, und es zeigte sich, wie Viele mit Freuden bereit waren, nach Kräften zu helfen. Inspector Blumhardt in Basel, welcher von dem Vorhaben Leonhardi's in Kenntniß gesetzt war, schrieb am 18. August 1819 ahnungsvoll und ermutigend nach Dresden: „Ein ganz eigenthümliches Erfahrungsmerkmal der Wirksamkeit unsrer Zeit für das Reich Gottes besteht darin, daß aus dem kleinsten Versuche des redlichen auf den Herrn gerichteten Willens überraschend Großes und Herrliches in kurzer Zeit hervorgeht. - Pflanzen Sie getrost im Anfang des Jahres im Glauben auf den großen Acker des Missionsgeistes ein kleines Zweiglein hin, am Ende des Jahres sehen sie schon einen jugendlich fröhlichen Baum, der blüht und Früchte trägt. So erfahren es wir, und so erfahren es Alle, welche Hand an dieses Werk Gottes legen.“ So durften es in der That auch die Dresdner Missionsfreunde erfahren.

Von allen Seiten liefen Beitrittserklärungen ein; unter den ersten, welche eifrig für die Mission in ihren Gemeinden wirkten, waren, wie in der zweiten Versammlung des Vereins am 5. October 1819 mitgetheilt ward, P. Dillner in Taubenheim bei Meißen und P. Leonhardt in Miltitz und nach einem [18] halben Jahre, am 16. Februar 1820 heißt es in einer neuen gedruckten Mittheilung aus Dresden:

[Bearbeiten] 18: Das erste Jahresfest.

Von allen Seiten liefen Beitrittserklärungen ein; unter den ersten, welche eifrig für die Mission in ihren Gemeinden wirkten, waren, wie in der zweiten Versammlung des Vereins am 5. October 1819 mitgetheilt ward, P. Dillner in Taubenheim bei Meißen und P. Leonhardt in Miltitz und nach einem [18] halben Jahre, am 16. Februar 1820 heißt es in einer neuen gedruckten Mittheilung aus Dresden: „Durch ganz Sachsen haben sich in kurzer Zeit Gesellschaften gebildet, in denen für die Missionen durch Gebet und Erbauung, durch Anschaffen und Lesen der Baseler Missionsmagazine, durch gemeinschaftliche Berathung und durch Unterstützung mit Geldbeiträgen gewirkt wird. Ueberall treten neue Mitglieder hinzu, und in der Mitte der Gesellschaften vermehrt sich die Wärme der Theilnahme mit dem Fortschreiten des Werkes. Wir haben die besondere Freude, abermals den Abgang eines jungen Sachsen Namens Dittrich nach Basel anzukündigen.“

Leonhardi hat das große Verdienst, mit unermüdlicher Ausdauer die immer größer werdende geschäftliche Arbeit, Correspondenz etc. geführt zu haben; sein organisatorisches Talent zeigte er in der Gründung und Beaufsichtigung der Lesebezirke, die über die ganze Stadt hin vertheilt wesentlich das Missionsinteresse förderten. Mit Dank gegen Gott konnte am 16. August 1820 das erste Jahresfest in einem Saal des Landsteuerhauses gehalten werden. Die Freunde der Mission wurden dazu eingeladen durch den ersten Jahresbericht, welcher eine Beteiligung von 50 Ortschaften und eine Gesammteinnahme von 1008 Thlr. 18 Gr. 3 Pf. nachwies, von denen 710 Thlr. nach Basel gesandt worden waren. Bei der Jahresfeier hielt der Conrector an der Kreuzschule, Baumgarten=Crusius, die Festrede, in welcher er in klaren warmen Worten die allgemeine Missionspflicht der Christenheit schilderte und die Nothwendigkeit, in Vereine zusammen zu treten, darlegte. Nach einem kurzen Bericht über die Entstehung des Dresdner Hilfsmissionsvereins berührte er das Verhältnis zu der 1814 gegründeten sächsischen Bibelgesellschaft; es sei ein und dasselbe Werk, an dem beide Vereine arbeiten. Mit der Bibel in der Hand sollen die Boten unter die Heiden gehen. Nach der Aufforderung zu fröhlich dargebrachten Gaben schließt die Rede mit den Worten: „Nun, so laßt uns getrost und freudig in dem begonnenen Werk fortfahren. Wir haben bei dem kleinen Anfang auf Gott vertraut, und über alles Hoffen und Denken hat er es sich ausbreiten, gedeihen, vermehren lassen. Das Weitere übergaben wir seinen Händen. Wir sind in einer bewegten, unruhigen, viel bedrängten Zeit.

[Bearbeiten] 19: Weitere Entfaltung des Vereins.

[19] Wir wissen nicht, was uns bevorsteht; wir sehen das Aufleuchten einer verheerenden Flamme wohl, aber nicht das Ende ihres Zündens und Zerstörens. Eins aber steht fester als Felsen, und darauf wollen wir bauen: Des Herrn Wort bleibt in Ewigkeit!““

In dem zweiten Vereinsjahr entfaltete sich die Missionthätigkeit fröhlich weiter. Der Aufruf an Christenseelen, von Joh. Ernst Rückert, Pastor, und Leopold Rückert, Diaconus zu Großhennersdorf; (Anmerkung: Jetzt Professor in Jena.) die ausführliche Schrift des M. Leonhardt, P. in Miltitz: die gesegnete Ausbreitung des Christenthums unter Heiden, Mohamedanern und Juden (1820), desselben Schrift, das evangelische Missionswerk der neuesten Zeit, ein herrliches und göttliches Werk (1822) und andre kleinere vom Missionsverein herausgegebene Schriften trugen zur Pflege und Hebung des Missionssinnes das Ihre bei. Von nicht geringer Bedeutung gegenüber den mancherlei Anfechtungen und Verdächtigungen mußte es sein, daß der Oberhofprediger Dr. Ammon im Verlag des Missionsvereins und zum Besten des deutschen Missionswerks eine Predigt von Sonntag Miseric. Dom. 6. Mai 1821 herausgab. Die Predigt ist über Joh. 10, 12-16 gehalten und hat zum Thema: die Hoffnung, daß das Christenthum dereinst zur Weltreligion werde erhoben werden. Als Gründe, auf welchen diese Hoffnung beruhe, führt Ammon an, daß das Christenthum unter allen Religionen der Erde die einfachste, die liebevollste, die wohlthätigste und die der Bestimmung unseres Geistes angemessenste sei; als Pflicht stellt er dann für alle Christen hin, die frommen Männer zu achten und zu unterstützen, die ihr Leben selbst nicht zu theuer achten, um das Wort der Wahrheit unter die Heiden zu bringen. Bei dem bekannten Standpunkt Ammon's ist es dankbarer Beachtung werth, mit welch freundlicher Gesinnung er zu dem Missionsverein stand. Den Missionsfesten wohnte er in der Regel bei; als der Missionszögling Werner ihn besuchte, sagte er zu demselben: „Bei einem Missionar ist nöthig, daß zuerst das Herz selbst in seinem eignen Glauben fest sei, dann daß er gründliche tiefe Einsicht in das Wesen des Christenthums als den Ausfluß aus der Gottheit und dem Urquell des Lichtes [20] habe.

[Bearbeiten] 20: Dr. Ammon über Basel.

„Bei einem Missionar ist nöthig, daß zuerst das Herz selbst in seinem eignen Glauben fest sei, dann daß er gründliche tiefe Einsicht in das Wesen des Christenthums als den Ausfluß aus der Gottheit und dem Urquell des Lichtes [20] habe. Der Indifferentismus unserer Zeit kommt her von der Lauigkeit ihres eignen Glaubens.“ Besonders aber ist sein Bericht über die Basler Missionsanstalt voll der größten Anerkennung: „Bei meiner Anwesenheit zu Basel vom 14.-17. Juli d. J. war meine Aufmerksamkeit besonders auf die dort bestehende evangelische Missionsgesellschaft gerichtet. Der hohe Endzweck, den diese Anstalt unter manchen Schwierigkeiten verfolgt, sowie der thätige Antheil, den unsere christlichen Brüder in Sachsen seit mehreren Jahren an ihrer Begründung und ihrem Gedeihen nehmen, legte mir die ernste Pflicht auf, so tief wie möglich in das Innere dieser evangelischen Pflanzschule einzublicken. Ich will nicht wiederholen, was in der Jahresfeier der Gesellschaft am 28. und 29. Mai d. J. ausführlich von ihrem gegenwärtigen Zustand berichtet wird. Aber angenehm wird es doch den Freunden und Gönnern dieser sichtbar unter Gottes Segen aufblühenden Anstalt sein, aus dem Munde eines Augenzeugen zu erfahren, daß in einer stillen aber heitern Gegend der Stadt ein ansehnliches Gebäude von drei Stockwerken mit einem Garten zur Wohnung der Zöglinge und Lehrer erkauft und eingerichtet worden ist. Zur Erweiterung desselben soll nächstens ein Seitenflügel erbaut und mit den zwei schon vorhandenen Häusern in Verbindung gesetzt werden. Das Erdgeschoß wird von der Oeconomie und den Speisezimmern der Zöglinge eingenommen, in welchen ihnen einfache, gesunde und reinlich zubereitete Nahrungsmittel gereicht werden. In dem zweiten Stockwerke findet man geräumige Lehrzimmer und Schlafsäle für dreiunddreißig Eleven, die bei einer blühenden Gesundheit den Ausdruck des Ernstes mit jugendlicher Munterkeit natürlich und anständig zu paaren wissen. Der übrige Theil der Wohnung ist zu Zimmern für Lehrer, Zöglinge und zur Aufbewahrung der Lehrmittel bestimmt. In genauer Verbindung mit den Herren Pfarrern von Brunn und Larosche leitet der Herr Inspector Blumhard die ganze Anstalt mit großer Umsicht und Thätigkeit, und wird wieder in seinen Bemühungen von dem Herrn Rector Handel unterstützt. Es hat mir große Freude gemacht, mich in den Lehrstunden zu überzeugen, daß das Studium der heil. Schrift in der Ursprache mit Gründlichkeit und Eifer in der Anstalt betrieben wird. Man hat sich überzeugt, daß die hebräische sprache des Alten Testa= [21] ments der Schlüssel zu vielen morgenländischen Mundarten, namentlich zu der arabischen ist, daher denn auch die hebräische Sprachlehre mit der arabischen bei dem Zergliedern der biblischen Worte des alten Testamentes in genaue Verbindung gesetzt wird.

[Bearbeiten] 21: Dr. Ammon über Basel. (2)

Man hat sich überzeugt, daß die hebräische sprache des Alten Testa= [21] ments der Schlüssel zu vielen morgenländischen Mundarten, namentlich zu der arabischen ist, daher denn auch die hebräische Sprachlehre mit der arabischen bei dem Zergliedern der biblischen Worte des alten Testamentes in genaue Verbindung gesetzt wird. Durch die Freigebigkeit ihrer brittischen Freunde besitzt die Anstalt nicht nur die arabische Uebersetzung der heil. Schrift, sondern auch kostbare Wörterbücher, wie z. B. den seltenen, zu Calcutta gedruckten Ocean des Camus, nebst einem daselbst heftweise erschienenen Lexicon des Sanskrit. Der Koran selbst wird von den Zöglingen in einer ungemein schönen Ausgabe lithographirt, weil gedruckte Ausgaben desselben bekanntlich von den Mohamedanern mit großem Widerwillen betrachtet werden, und man ihnen ohne Kenntniß desselben die Vorzüge der Bibel nicht begreiflich machen, oder doch ihre Einwürfe nicht widerlegen kann. Außer diesen gelehrten und gründlichen evangelischen Kenntnissen, werden die Zöglinge aber auch in Mathematik und mehrerlei technischen Fertigkeiten, und namentlich in der Entsagung und Entbehrung geübt, um von ihrer künftigen Laufbahn durch kein Hinderniß zurückgeschreckt zu werden. Wer daher die Baseler Missionsgesellschaft bisher durch milde Beiträge unterstützte, der kann sich nicht allein überzeugen, daß er zur Vollbringung eines edelen und Gott wohlgefälligen Werkes das Seinige beigetragen hat, sondern auch sicher sein, daß er seine Wohlthaten in die Hände würdiger, frommer und christlicher Männer niederlegt, die zur Verbreitung des weltbeglückenden Evangelii die weisesten Anstalten mit unermüdeter Thätigkeit treffen. Möge daher diese kurze Nachricht dazu mitwirken, die etwa noch bestehenden Vorurtheile gegen diese rühmliche Anstalt zu zerstreuen und dafür überall den apostolischen Sinn wecken und nähren, der das heilsame Licht der Erkenntniß Christi bis an die äußersten Grenzen der Erde verbreitet zu sehen wünscht. Dresden, d. 13. Aug. 1823. Ammon, Dr.“

Im Jahre 1825 gab der Superintendent Seltenreich in Dresden eine Pfingstpredigt über Apostelgeschichte 8, 14–17 mit dem Thema: „daß es ein gutes Kennzeichen sei, wenn ein Christ an der Ausbreitung des Christenthums innigen und herzlichen Antheil nimmt,“ zum Besten der Mission heraus.

Eine weitere Förderung erhielt die Sache dadurch, daß seit 1821 der König jährlich 50 Thlr. Postportoäquivalent bewilligte, eine dankens= 22 werthe Unterstützung, die unser Verein noch heute bezieht.

[Bearbeiten] 22: Das erste Missionsblatt.

Eine weitere Förderung erhielt die Sache dadurch, daß seit 1821 der König jährlich 50 Thlr. Postportoäquivalent bewilligte, eine dankens= 22 werthe Unterstützung, die unser Verein noch heute bezieht.

Missionsstunden wurden sehr bald Sonnabend Abends zunächst in der Wohnung des der Brüdergemeinde angehörenden Schullehrer Sattler auf der großen Frauengasse, dann in der Erziehungsanstalt für jüdische Kinder auf der langen Gasse, seit 1829 Montag Abends in der Hospitalkirche zu St. Jacob, hier vom Semin.=Dir. Zahn, und endlich seit Januar 1837 in der Waisenhauskirche gehalten; hin und wieder wurden dieselben von anwesenden Missionaren gehalten.

Es war ein fröhliches Gedeihen des Missionswerkes und die allgemeine Theilnahme wuchs je mehr und mehr im ganzen Lande. Im August 1821 machte Leonhardi mit dem Pastor Roller in Lausa eine Reise durch das Erzgebirge und suchte allenthalben den Missionssinn zu wecken oder zu stärken. Roller selbst hatte das wärmste Interesse für die Mission; schon 1821 hatte er einen sehr innigen Aufruf zur Theilnahme an der Mission drucken lassen, der zwei Mal aufgelegt wurde; auch begann er mit Leonhardi ein Missionblatt herauszugeben: "Nachrichten von der Heidenbekehrung, herausgegeben vom Missionsverein zu Dresden". Das Blatt, nur ein Viertel Bogen, hat auf der ersten Seite einen Holzschnitt und erzählt von den Inseln der Südsee, erschien aber nur in einer Nummer. Es ist zu beklagen, daß jenes kleine Missionblatt nicht in der angefangenen Weise fortgesetzt wurde, zumal es scheint, als sei die Fortführung nur aus sehr kleinlichen, fast komischen Differenzen des alten, trefflichen P. Roller mit Leonhardi aufgegeben worden. (Anmerkung: Roller, ein abgesagter Feind aller neuen Moden, war im höchsten Grade indignirt, daß auf dem an der Spitze des Blattes befindlichen Bilde die unter Wilden stehenden Missionare neumodische, ganz spitz zulaufende Stiefel trugen.

Es ist ja nicht ein geringes Mittel zur Beförderung des Missionsinteresses in der Heimath, wenn der Blick in die bunte Welt des Heidenthums gerichtet und das Heilsbedürfnis und das Heilsverlangen der Welt an einzelnen Völkern gezeigt wird; es ist nicht blos eine äußere, auch von der Welt mit Anerkennung begrüßte Bildung, wenn die Kenntniß fremder Länder und Völker bei uns wächst, sondern es gehört auch zu echt christlicher Bildung, die Fortschritte des Reiches [23] Gottes auf Erden mit aufmerksamen Augen und lobendem Herzen zu verfolgen.

[Bearbeiten] 23: Die ersten Missionare.

Es ist ja nicht ein geringes Mittel zur Beförderung des Missionsinteresses in der Heimath, wenn der Blick in die bunte Welt des Heidenthums gerichtet und das Heilsbedürfnis und das Heilsverlangen der Welt an einzelnen Völkern gezeigt wird; es ist nicht blos eine äußere, auch von der Welt mit Anerkennung begrüßte Bildung, wenn die Kenntniß fremder Länder und Völker bei uns wächst, sondern es gehört auch zu echt christlicher Bildung, die Fortschritte des Reiches [23] Gottes auf Erden mit aufmerksamen Augen und lobendem Herzen zu verfolgen. So war den sächsischen Missionsfreunden besonders daran gelegen, auch von den ihnen bekannten Missionaren weiter zu hören. Als in Dresden 1812 für die nach Rußland marschirende Armee Recrutirungen ausgeschrieben wurden, mußte auch Beckauer sich zur Stellung einfinden; auf eine unerwartete Art ward er frei, er schreibt, er habe es vom HErrn aber auch erbetet und Ihm gelobt, wenn Er ihm helfen würde, so wolle er sich Seinem Dienste unter den Heiden hingeben. Er arbeitete darauf in Berlin, lernte dort christliche Gesellschaften kennen, besuchte die Predigten Jänicke's und die Missions=Versammlungen und wurde immer mehr in christlicher Erkenntniß gefördert.

Schon vor Begründung des Dresdner Hilfsvereins waren zwei junge Männer, Beckauer und Werner, nach Basel gegangen.

Fr. Werner hatte schon von früher Kindheit an durch die Pflege frommer Eltern die erste christliche Anregung erhalten. Auf der Kreuzschule zu Dresden wurde er durch den Unterricht des Conrector Baumgarten=Crusius von der Vernunftmäßigkeit und Göttlichkeit der heiligen Schriften überzeugt und immer mehr in der Erkenntnis gefördert und im Glauben befestigt. Er besucht die Versammlungen der deutschen Christenthums=Gesellschaft und der Brüdersocietät in Dresden, welchen beiden Gesellschaften seine Eltern als Mitglieder angehörten, und hier wurde durch die Vorlesung der "Sammlungen für Liebhaber christlicher Wahrheiten", und der "Nachrichten aus der Brüdergemeinde" und insbesondere der Berichte der Jänicke'schen und der Brüdergemeinde=Missionare der Entschluß zum Missionsdienst in ihm geweckt. Durch Vermittelung Leonhardi's trat er mit Blumhardt in Correspondenz und ward im Mai 1819 in das Baseler Missionhaus aufgenommen. Im Jahre 1821 wurde er von der Baseler Missions=Gesellschaft nach Halle gesendet. Der Vorsteher der Halle'schen Mission, Prof. D. Knapp, hatte sich aus Basel zwei Missionare erbeten, damit er dieselben, nach weiterer Vorbereitung auf der Universität, nach Ostindien senden könne in den Dienst der englischen Gesellschaft zur Verbreitung christlicher Erkenntniß, welche die meisten Stationen der Halle'schen Mission übernommen hatte. Nach einjährigem Aufenthalte in Halle sah sich Werner durch Kränklichkeit veranlaßt, den Gedanken an den Missionsberuf aufzugeben und wirkt nun in Segen seit 1825 im Dienste der vaterländischen lutherischen Kirche als Pfarrer in Rammenau bei Bischofswerda.

Carl Wilhelm Beckauer, geb. 9. Juni 1788 war von früher Jugend an zum Herrn gezogen. Sein Vater war Schlossermeister in Dresden, seine Mutter, durch manche schwere Leidensstunde geläutert, war eine fromme Frau, welche auch an den Versammlungen der Gläubigen mit ihren Kindern Theil nahm. Bei dem Gerber Münch, bei dem die deutsche Gesellschaft in [24] Dresden ihr Entstehen nahm, wurden die Baseler Nachrichten gelesen, Erfahrungen gläubiger Seelen mitgetheilt und besprochen und auch von Missionaren erzählt.

[Bearbeiten] 24: Missionar Beckauer.

Bei dem Gerber Münch, bei dem die deutsche Gesellschaft in [24] Dresden ihr Entstehen nahm, wurden die Baseler Nachrichten gelesen, Erfahrungen gläubiger Seelen mitgetheilt und besprochen und auch von Missionaren erzählt. Die Geschichte eines jungen Mannes, der sich durch keine äußeren Vortheile hatte abhalten lassen, ein Bote des Evangeliums zu werden, hatte einen besonders tiefen Eindruck auf den kleinen Beckauer gemacht. Mancherlei ernste Erfahrung, der Tod eines sehr von ihm geliebten Mitschülers, eine gnädige Lebensrettung, als er einst auf dem Eise einbrach, und dergleichen richteten seinen Sinn frühzeitig auf die himmlischen Dinge. Die Lehrjahre, er lernte bei seinem Vater, gingen mit ihren mancherlei trüben Erlebnissen dahin; in den Freistunden war das Lesen der Baseler Sammlungen seine besondere Lust, und der Wunsch, selbst einmal mit aller Selbstverleugnung unter den Heiden das Evangelium predigen zu dürfen, wurde in seinem Herzen immer lebendiger. Als in Dresden 1812 für die nach Rußland marschirende Armee Recrutirungen ausgeschrieben wurden, mußte auch Beckauer sich zur Stellung einfinden; auf eine unerwartete Art ward er frei, er schreibt, er habe es vom HErrn aber auch erbetet und Ihm gelobt, wenn Er ihm helfen würde, so wolle er sich Seinem Dienste unter den Heiden hingeben. Er arbeitete darauf in Berlin, lernte dort christliche Gesellschaften kennen, besuchte die Predigten Jänicke's und die Missions=Versammlungen und wurde immer mehr in christlicher Erkenntniß gefördert. Nach Dresden zurückgekehrt, mußte er wieder bei seinem Vater arbeiten, erlebte die Schrecken der Belagerung, den Tod seiner Mutter an dem während der Belagerung in der Stadt heftig wüthenden Nervenfieber, sowie schwere Krankheit seines Vaters und seines Bruders. Alle diese Noth brauchte der Heiland dazu, um ihn von den Schlacken dieser Welt zu reinigen und von der Nichtigkeit alles Irdischen zu überzeugen. Zu Michaeli 1815 erhielt Beckauer von einem gläubigen Candidaten, Reichardt, welcher eine kleine Privatschule leitete, die Aufforderung, in der unteren Classe einige Stunden zu geben. Nach einigem Schwanken nahm er dieselbe an, arbeitete des Nachmittags und Abends tüchtig in der Schlosserwerkstätte mit seinem Vater, des Morgens gab er in Reichardt's Schule den Kleinen Unterricht im Lesen, Rechnen, Schreiben und sogar in den Anfängen des Lateinischen. Als sein Vater im August 1817 starb, widmete er sich ganz der [25] Schulthätigkeit.

[Bearbeiten] 25: Missionar Beckauer. (2)

Als sein Vater im August 1817 starb, widmete er sich ganz der [25] Schulthätigkeit. Nun aber wurde in ihm das Verlangen, Missionar zu werden, stärker. Durch Leonhardi's Vermittelung wandte er sich nach Basel, trat im J. 1818 in das dortige Missionsinstitut ein und erwarb sich daselbst große Liebe und Achtung durch seinen fleißigen, stillen Wandel, durch seine glühende Begeisterung für seinen heiligen Beruf bei tiefster Demuth und ernstestem Ringen nach Heiligung. Schon im Jahre 1821 wurde er, als zum Missionsberufe tüchtig, in Stuttgart ordinirt und zum Missionar nach Sierra=Leone in Westafrika in den Dienst der englisch=kirchlichen Missionsgesellschaft berufen. Es war auf jenem Gebiet ein großer Mangel von Arbeitern, binnen 6 Jahren waren 20 Missionare daselbst gestorben, und doch war es ein so bedeutendes Feld, das zu bebauen nothwendig war. Um die aus der Sclaverei befreiten Neger zu schützen und geistlich und körperlich zu fördern, hatte ein kleiner Verein in London um's Jahr 1787 einen Theil des Küstenstriches von Sierra Leone angekauft. Es ist eine malerische Halbinsel in Westafrika mit grünbewachsenen Bergen, hohen Palmbäumen, aber freilich auch mit bösen Fiebern während der Regenzeit. Im Jahre 1792 wurde die Stadt Freetown gegründet, die zwar 1794 von einer französischen Flotte in Brand gesteckt ward, aber im Jahre 1798 neu aufgebaut wurde. Freetown d. h. Freistadt wurde sie genannt, weil in ihr ein freies Negervolk erzogen werden sollte. Von Jahr zu Jahr mehrte sich die Einführung befreiter Neger, die in dem erbärmlichsten, rohesten Zustand ankamen. Im Jahre 1816 hatte die Colonie schon fast 10,000 Einwohner. Da war ein von Gott wunderbar bereiteter Boden für die christliche Liebe, welche sich dieser elenden, hilflosen Neger erbarmen sollte. Verschiedene Missionsgesellschaften schickten Missionare hierher, eine Missionsstation nach der andern entstand im Lande, und wo Anfangs elende Baracken mit schmutzigen Bewohnern sich befanden, erhoben sich bald freundliche Straßen mit Kirchen, Häusern und Hütten, und ein geordnetes christliches Leben begann sich zu entfalten. In dieses Arbeitsgebiet wurde der erste unsrer von Dresden ausgegangenen Brüder, Beckauer, gerufen. Mit großer Freude folgte er dem Rufe. In London wohnte er den großen Maiversammlungen bei und verließ mit noch mehreren anderen Brüdern London im October 1822; nach einer ziemlich unruhigen Seefahrt kam er [26] am 10. Jan. 1823 in Sierra Leone an und ging nach der gesünder an den Bergen gelegenen Stadt Regentstown.

[Bearbeiten] 26: Missionar Beckauer in Sierra Leone.

In London wohnte er den großen Maiversammlungen bei und verließ mit noch mehreren anderen Brüdern London im October 1822; nach einer ziemlich unruhigen Seefahrt kam er [26] am 10. Jan. 1823 in Sierra Leone an und ging nach der gesünder an den Bergen gelegenen Stadt Regentstown. Seine Erwartungen von den Erfolgen der Mission wurden noch übertroffen von dem, was er sah. Früh und abends kamen eine große Anzahl in die Kirche zur Morgen= und Abendandacht; Abends nach der Andacht war für Erwachsene im Schulhause Abendschule, etwa 200 Männer und Frauen benutzten dieselbe, um Lesen und Schreiben zu lernen. Es war keine leichte, aber doch eine gesegnete und erfolgreiche Arbeit. Wenn ein neuer Transport von Negern ankam, so wurden dieselben unter die älteren vertheilt, und diese, weil sie wußten, wie sie selbst einst ebenso roh, wild und ungebildet gewesen waren, als sie hier ankamen, hatten Geduld und Mitleid mit den neuen Ankömmlingen, und so wuchs denn von Jahr zu Jahr die Schaar der christlichen und gesitteten Neger. Beckauer schreibt: "Als ich den ersten Sonntag meines Aufenthaltes in Regentstown auf dem Altan stand und sahe, wie die Leute, reinlich und anständig gekleidet, auf drei Hauptwegen zur Kirche kamen, konnte ich diesen Anblick kaum ertragen, mein Herz und Augen flossen über mit Thränen der Freude und des Dankes gegen Gott für Seine herrlichen Thaten, die Er an den Menschenkindern aus allen Sprachen und allen Geschlechtern thut. Könnte ich dies den Gegnern und Denen, welche noch nicht für die Mission sind, zeigen, die meisten würden dafür gewonnen werden." So steht er denn mit freudigem Danke gegen Gott auf dem Arbeitsfeld und ist bereit zur Verkündigung des Evangeliums; treue Gebete und herzliche Wünsche begleiten ihn, besonders aus Dresden; aber des HErrn Wege sind oft wunderbar und schwer zu verstehen. Schon Anfang Februar zeigten sich bei Beckauer einige Anzeichen des Fiebers, welches seine Kräfte seht mitnahm; doch schien er sich wieder davon zu erholen. Mit dem Glaubens=Muthe eines Gottes=Streiters bezog er den entfernten, ihm zugewiesenen Missionsposten, die Negerstadt York mit etwa 500 Einwohnern. Nur einige Monate sollte er hier sein. „Ich darf glauben,“ schreibt er in seinem letzten Briefe, „daß in mehreren Negern meiner Gemeinde ein Werk Gottes begonnen hat; da sie aber mit dem Willen Gottes noch gar unbekannt sind, so kommen öfters Dinge vor, die einem Jünger Christi nicht geziemen. So viel ist mir klar, daß viel Gebet, Geduld und Beharrlichkeit auf diesem Posten [27] erforderlich ist.

[Bearbeiten] 27: Beckauer's Tod. - Missionar Dittrich.

So viel ist mir klar, daß viel Gebet, Geduld und Beharrlichkeit auf diesem Posten [27] erforderlich ist. In der Tagesschule unterrichte ich 14 Schüler und am Abend 16 Jünglinge. Möge der Herr jeden Versuch segnen, unter den Negern dieser Station die Erkenntniß seines Heils zu verbreiten, und sie durch seinen heiligen Geist auf den Weg seiner seligmachenden Erkenntniß führen.“ Kurze Zeit arbeitete er daselbst mit aller Treue. Da brach im Sommer das gelbe Fieber mit erneuter Heftigkeit aus und am 3. Juli 1823 wurde Beckauer von demselben dahingerafft. Einer seiner Freunde schreibt über ihn aus Sierra Leone: „Einen gewissenhafteren Christen habe ich nicht kennengelernt. Er war einem Kinde gleich, das sich bei jedem Schritte vor dem Falle fürchtet. Das Wort Gottes war die einzige Richtschnur seines Lebens. Nie hat er sich in Streit über dasselbe eingelassen, und hielt es immer für's Beste, das Wort Gottes zu nehmen wie es ist. Er hat bei allen Negern unserer Gegend das Zeugniß eines wahren Kindes Gottes zurückgelassen.“ - Sein Andenken bleibe auch unter uns im Segen. Aus der Schlosserwerkstätte in Dresden hat ihn die Liebe Christi hinüber in's heiße Afrika unter die elendesten Neger getrieben; nun ruht er da drüben unter den Palmen, und auch von ihm gilt Zinzendorf's Wort:

Es wurden Viele ausgesät,
Als wären sie verloren;
Auf ihren Gräbern aber steht:
Dies ist die Saat der Mohren!

Im Jahre 1819 war von Dresden aus als Missionszögling nach Basel gegangen August Heinrich Dittrich, der Sohn eines Bauern im Dorfe Fürstenau, geb. 15. Febr. 1797. Der reich begabte Knabe wurde bis zu seinem 13. Jahre in der Dorfschule unterrichtet, dann nahm ihn sein älterer Bruder, welcher Pfarrer in Dittersdorf geworden war, zu sich und bereitete ihn mit solchem Erfolge für das Gymnasium vor, daß er im Jahre 1812, fünfzehn Jahre alt, dem Rector des Freiberger Gymnasii, Gernhard, bei der ersten Vorstellung sogleich lateinisch antwortete und von diesem in die erste Klasse des Freiberger Gymnasii aufgenommen ward. Er überragte seine Altersgenossen vielfach an Wissen, besonders war die Geschichte sein Lieblingsgebiet, unaufhörlich las er die alten Historiker in der Ursprache, Thucydides und Polybius, Sallust und Tacitus; nach ihren Helden [28] bildete er sich seine Moral und Klugheitslehre; ja auch die Schriften Machiavelli's, Montesquieu's und dann Joh. v. Müller's studirte er eifrig, besonders angeregt durch seinen Freund Bülau.

[Bearbeiten] 28: Missionar Dittrich's Jugend.

Er überragte seine Altersgenossen vielfach an Wissen, besonders war die Geschichte sein Lieblingsgebiet, unaufhörlich las er die alten Historiker in der Ursprache, Thucydides und Polybius, Sallust und Tacitus; nach ihren Helden [28] bildete er sich seine Moral und Klugheitslehre; ja auch die Schriften Machiavelli's, Montesquieu's und dann Joh. v. Müller's studirte er eifrig, besonders angeregt durch seinen Freund Bülau. Sein Ehrgeiz wuchs immer mächtiger: Feldherr und Staatsmann wollte er werden, das waren die Laufbahnen, in denen er sich Tag und Nacht herum träumte. Daraus entstand eine gänzliche Gleichgültigkeit gegen die Religion, worin er noch durch ein aus dem Englischen übersetztes Buch „über die natürliche Religion“ bestärkt wurde. Denn nur vorübergehend hatte die ernste Vorbereitung zur Confirmation und diese selbst auf das der Welt so völlig zugekehrte Gemüth des Knaben gewirkt, und mit innerem Widerstreben hatte es ihn erfüllt, wenn sein Bruder öfter den Wunsch aussprach, er solle Theologie studiren und gar einmal davon sprach, als ein entfernter Verwandter von ihm, Jacobi, Missionar wurde, welche Freude es ihm bereiten würde, wenn auch er, August, einmal diesen Beruf erwählen würde. In Freiberg fand der junge Dittrich durch die väterliche Liebe des Rector Gernhard viele Gönner, die den tüchtigen, aber sehr armen Gymnasiasten unterstützten. Auch der berühmte Mineralog Werner gehörte zu seinen Gönnern; der junge Dittrich durfte zuweilen zu ihm kommen, und da zeigte ihm Werner nicht blos seine Steine und Bilder, sondern er sprach mit ihm, wie er das mit Kindern gern zu thun pflegte, von biblischen Geschichten, bestärkte ihn in seinem Eifer, mahnte ihn, auch die hebräische Sprache zu lernen, damit er die heilige Schrift in ihren Grundsprachen lesen könne, ja, er schenkte ihm sogar eine hebräische Bibel, die noch in späteren Jahren unserm Dittrich ein theueres Erinnerungszeichen an seinen edlen Wohlthäter war. (Anmerkung: Was Werner im Hause seines Vaters und dann von frommen Lehrern in der Waisenhausschule zu Bunzlau bis zu seiner Confirmation in seinem Herzen empfangen hatte, blieb bis zu seinem Ende ein wesentliches Eigenthum seines Gemüthes, „das Geheimnis, welches unverrückt über seiner Hütte blieb“ (Hiob 29,4.), für Diejenigen freilich nicht erkennbar, welche nach dem urtheilten, was ihnen vor Augen lag; Andere aber bezeugen, daß Werner im Umgange mit Kindern, als besuchender Wohlthäter und Tröster in den armen Hütten manches einfältig gläubigen Bergmanns mit den äußeren Gaben gerne auch jene inneren mittheilte, von denen die Gelehrten und Gebildeten, die von der Welt Hochangesehenen vielfach nicht wußten, wohl aber die Kleinen und Armen, die Stillen im Lande.) Diese Mahnungen waren nicht vergeblich, Dittrich lernte hebräisch, trieb sogar auch arabisch, [29] aber zum Studium der Theologie konnte er sich nicht entschließen.

[Bearbeiten] 29: Missionar Dittrich's Jugend. (2)

Diese Mahnungen waren nicht vergeblich, Dittrich lernte hebräisch, trieb sogar auch arabisch, [29] aber zum Studium der Theologie konnte er sich nicht entschließen. Sein Herz war durch den rationalistischen Religionsunterricht immer mehr von Gott entfremdet worden; seine Ehrbegierde hatte ihn dazu getrieben, wider den Wunsch seines Bruders und des Rectors an dem Feldzuge gegen die Franzosen Theil zu nehmen, wodurch natürlich sein Abgang zur Universität verzögert werden mußte. Er kam freilich nur etwa bis Mainz, kehrte dort wieder um und langte ziemlich abgerissen eines Abends in der Pfarre zu Dittersdorf an. Glücklicherweise war seine Schwägerin, die Frau Pfarrerin, die erste, die ihn bemerkte und ihren Mann versöhnlich gegen den heldenmüthigen Gymnasiasten von der traurigen Gestalt stimmte. Sein patriotischer Jugendstreich wurde ihm feierlich verziehen und er begann mit neuem Eifer seine Studien. Nach dem Tode seiner Aeltern entschloß er sich, mit Einwilligung seines ältern Bruders, die Rechtsgelehrsamkeit zum Hauptstudium zu machen. Freilich lag die Zukunft dunkel vor ihm, ihm fehlten alle Mittel zum Studiren, bei seinem Bruder hatte er noch 100 Thlr., in Freiberg 20 Thlr. Schulden und der Abgang zur Universität schien kaum ausführbar. Es war Ostern 1816. Da half ihm Gott sehr gnädig. Als er eben in großer Sorge wegen seiner Zukunft war, vier Tage vor seiner Abreise kamen zwei seiner Mitschüler wie Boten vom Herrn gesandt und überreichten ihm im Namen der zwei obersten Classen ein Geschenk von mehr denn 30 Thlrn., der Rath der Stadt übersandte ihm 15 Thaler und mehrere edle Familien, die sich nicht einmal nannten, schickten ihm je 4 und 5 Thaler zu, so daß er am Tage seiner Abreise, ledig seiner Schulden in Freiberg, noch 50 Thlr. zum Beginn seiner Studien in Leipzig hatte. Auch in Leipzig fand er in den Professoren Kruse, Weiße und Haubold väterlich rathende und helfende Freunde, so daß er drei Jahre ruhig studiren konnte. Er hörte alle juristische Collegien, trieb für sich besonders Geschichte und Staatswissenschaft, und schrieb auch eine kleine Schrift: „Vom Götzendienst unserer Zeit“, welche er unter dem Namen Sebast, Theopluton herausgab. In derselben bewies er u. A., daß eine geoffenbarte Religion für jedes Staatsgebäude die nothwendige Grundlage sei; das Christenthum, als bloße Vernunftlehre aufgefaßt, sei eine Vermessenheit, ein solches könne keine Macht über die Gemüther haben und unter= [30] grabe die Grundsäule des Staatsgebäudes.

[Bearbeiten] 30: Missionar Dittrich in Basel.

In derselben bewies er u. A., daß eine geoffenbarte Religion für jedes Staatsgebäude die nothwendige Grundlage sei; das Christenthum, als bloße Vernunftlehre aufgefaßt, sei eine Vermessenheit, ein solches könne keine Macht über die Gemüther haben und unter= [30] grabe die Grundsäule des Staatsgebäudes. Die Ausarbeitung des Schriftchens hatte ihn wieder mehr auf religiöse Fragen geführt; das zunächst aus historischem Interesse begonnene Lesen des alten Testaments brachte ihn, besonders durch die Weissagungen der Ankunft des Messias, sehr zum Nachdenken. So verging die Studienzeit und nach Abschluß derselben bot sich ihm eine ganz seinen Wünschen entsprechende Stelle. Der Staatsminister Graf von Einsiedel berief ihn zum Erzieher seines Pflegesohnes, und Dittrich, voll großer Hoffnungen, so vielleicht Eingang in die diplomatische Laufbahn finden zu können, folgte dem Rufe. Er kam erst nach Prietitz dann in die Nähe Dresdens, nach Briesnitz a. d. Elbe, und begann den Unterricht. Einen bedeutenden Eindruck machte auf ihn der Pastor Roller in Lausa, wohin ihn die Gräfin mitgenommen hatte. „Da habe ich endlich einen wahren Prediger des Wortes Gottes kennengelernt“, schreibt er seinem Bruder, „herzlich und einfach, aber voll der Lehre, die er predigen soll, ohne Wortgepränge, aber mit schweren Worten redend, wenn er spricht.“ In der ländlichen Stille und Ruhe nahm er jetzt auch, angeregt durch den Umgang und die christlichen Gespräche des Grafen von Einsiedel und seiner Gemahlin, sein griechisches neues Testament vor und las das Evangelium St. Matthäi, Anfangs mit mancherlei Gedanken; aber als er an das 5. Capitel kam, veränderte sich sein ganzer Sinn, sein Herz ward gerührt und erweicht, es fiel wie Schuppen von seinen Augen und er mußte sich selber sagen: das ist eine göttliche Lehre und ein wahres Evangelium, von Gott den Menschen gegeben. Mit heißem und täglich wachsendem Durst las er nun die anderen Evangelien und die Apostelgeschichte durch, und jeden Tag wuchs seine Erkenntniß. Er schaute mit bitterster Reue auf sein bisheriges inneres Leben, denn die Triebfeder zu all seinem Fleiß war nur der Ehrgeiz gewesen, und was die Menschen gelobt und ausgezeichnet hatten, war doch aus bösem und verdorbenem Herzen gekommen. Er suchte und fand Vergebung bei Christo, seinem Heilande. Nun aber ward es sein heißer Wunsch, die gefundene Gnade Andern mitzutheilen und das Evangelium, das seine Seele gerettet hatte, den Heiden zu bringen. Er schrieb nach Basel und theilte ausführlich seinen Lebenslauf mit; in Dresden wohnte er unterdeß noch im Hause des Ministers [31] von Einsiedel, bis die erwünschte Antwort aus Basel kam.

[Bearbeiten] 31: Missionar Dittrich in Petersburg.

Er schrieb nach Basel und theilte ausführlich seinen Lebenslauf mit; in Dresden wohnte er unterdeß noch im Hause des Ministers [31] von Einsiedel, bis die erwünschte Antwort aus Basel kam. Im December 1819 verließ er Dresden und nach einer für ihn sehr erquicklichen Reise über Frankfurt a. M., Stuttgart, Tübingen kam er den 4. Jan. 1820 nach Basel in's Missionshaus. Hier blieb er nur kurze Zeit; um arabisch zu studiren, begab er sich nach Paris und dann, um weitere Missionsverbindungen anzuknüpfen, nach England. Unterdeß hatte man in Basel beschlossen, Vorbereitungen zu eigener Missionthätigkeit zu treffen. Das Augenmerk richtete man auf die Länder am schwarzen und caspischen Meere und am Kaukasus. Dort befand sich bereits eine schottische Missionstation. Als nun die Edinburger Missions=Gesellschaft für Judenmission das Baseler Missioncomitee aufforderte, einige fromme und taugliche Männer in die Uferländer des schwarzen Meeres zu senden, um dem zerstreuten und zahlreichen Israel daselbst das Wort vom Reiche Gottes zu bringen, da sandte man von Basel die Brüder Bezner und Saltet mit dem Auftrage, zunächst den Juden Südrußlands das Evangelium zu bringen, aber auch die daselbst bestehenden deutschen Colonisten, welche den Gefahren des Mohamedanismus ausgesetzt waren, zu berücksichtigen und über dieselben Mittheilungen zu machen. Odessa und Astrachan, so hoffte man, würden vielleicht Ausgangspunkte einer neuen Mission nach verschiedenen Nachbarländern werden können. Um hierzu die einleitenden Schritte zu thun, wurden die Brüder Dittrich und Felician Zaremba zunächst nach Petersburg geschickt. Auf er Reise dahin berührten sie Dresden und hielten hier am 16. August 1821 in der Waisenhauskirche bei dem zweiten Jahresfest des Missionsvereins Ansprachen. In Petersburg sollten sie zunächst die Vortheile, welche die Brüdergemeinde und die schottischen Colonien in Karaß am kaukasischen Gebirge besaßen, erwerben. In einer Privataudienz am 10. April 1822, welche Zaremba und Dittrich erlangten, gab Kaiser Alexander die großmüthige Versicherung seines kaiserlichen Schutzes und sprach seine Bereitwilligkeit aus, durch jedes geeignete Mittel die christlichen Zwecke der evangelischen Missionsgesellschaft im Gebiete der heidnischen und mohamedanischen Einwohner des asiatischen Rußlands zu unterstützen.

[Bearbeiten] Anmerkungen

  1. Vgl. Liste der Kirchenlieder im Evangelischen Gesangbuch#Sammlung und Sendung, 246 Ach bleib bei uns, Herr Jesu Christ.
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