Davis Trietsch

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Davis Trietsch, 1912
Mit dem 1. Zionistischen Weltkongress in Basel erhielten die Bemühungen um die Gründung eines jüdischen Staates Israel eine parlamentarische Plattform. Als Programm wurde festgehalten: „Der Zionismus erstrebt die Schaffung einer öffentlich-rechtlich gesicherten Heimstätte in Palästina für diejenigen Juden, die sich nicht anderswo assimilieren können oder wollen.“ Trietsch gehörte als Abgeordneter der USA zu den etwa 200 gewählten Vertretern jüdischer Gemeinden.
Signet des Jüdischen Verlags. Trietsch hatte den Verlag 1902 u. a. mit dem späteren ersten Präsidenten Israels, Chaim Weizmann, gegründet.

Davis Trietsch (* 4. Januar 1870 in Dresden; † 31. Januar 1935 in Tel Aviv) war ein zionistischer Schriftsteller und Politiker. Er wurde als Gegenspieler des als Vordenker des Staates Israel berühmten Theodor Herzl bekannt. Trietsch wollte den verfolgten Juden sofort helfen und war nicht ideologiefixiert auf Palästina und Jerusalem als alleinige jüdische Heimstatt. Die Idee eines "größeren Palästina" prägte sein ganzes Leben.

[Bearbeiten] Leben und Wirken

Die Familie Trietsch wohnte in Dresden in der Kleinen Schießgasse 5/6.[1] Davis Trietsch lebte zusammen mit seinem Bruder Carl bei seiner Mutter, nachdem der Vater, ein Musiker, sie verlassen hatte. Nach dem Tod der Mutter wuchsen die Brüder in einem jüdischen Waisenhaus in Dresden auf und emigrierten schließlich in die USA. Von 1893 bis 1899 lernte Trietsch hier das Leben von jüdischen Einwanderern kennen. Um seinen Lebensunterhalt zu sichern, verdingte er sich als Schildermaler. In den USA hörte Trietsch erstmals von der zionistischen Bewegung um Theodor Herzl. 1897 nahm er in Basel als US-amerikanischer Delegierter am 1. Zionistischen Weltkongress teil. Er war von Theodor Herzl einberufen worden, um in parlamentarischer Form die Gründung eines Staates Israel vorzubereiten.

Nachdem Trietsch aus den USA nach Deutschland zurückgekehrt war, ging er nach Berlin. Er engagierte sich weiter für jüdische Siedlungen im Nahen Osten und vor allem auf Zypern. Sein pragmatisches Vorgehen, Siedlungen einzurichten wo überall möglich, stand im Gegensatz zu Theodor Herzl und seinem stärker ideologischen Zionismus. 1901 war Trietsch in Berlin Mitbegründer und Mitherausgeber des Magazins "Ost und West". Das Ziel dieser Zeitschrift bestand darin, den assimilierten "Westjuden" in Europa und Amerika die Kulturleistungen der "Ostjuden" zu vermitteln.[2] Traditionell standen die Westjuden dem Zionismus viel skeptischer gegenüber als jene in Osteuropa, die viel stärker von Pogromen bedroht waren. 1902 schied Trietsch aus "Ost und West" aus und begründete den Jüdischen Verlag mit. Ein eigenständiges jüdisches Verlagshaus war auf dem 5. Zionistischen Weltkongress 1902 vorgeschlagen worden, um jüdische Literatur und Kultur besser verbreiten zu können. Zu den wichtigsten Emissionen des Verlags gehörten das "Jüdische Lexicon" und eine deutsche Übersetzung des Talmud.[3]

Auf dem 5. Zionistischen Weltkongress hatte sich Trietsch offen gegen Herzl gestellt und gefordert, sich nicht allein auf Palästina zu fixieren: "Die zionistische Bewegung ist hervorgerufen durch die Judennot. Die Judennot lässt sich nicht behandeln wie ein Schachspiel mit hölzernen Figuren, mit denen es sich in 50 Jahren noch gerade so wird spielen lassen. Wir müssen dem Volke, das heute leidet, zu helfen suchen. Es geht uns zuerst um das Volk - und dann erst um das Land." 1903 kam es auf dem 6. Zionistischen Weltkongress zum endgültigen Bruch. Die Versuche von Trietsch, Ansiedlungen auf Zypern zu organisieren, waren gescheitert, und als Herzl Verhandlungen mit den Briten zu Ansiedlungen in El-Arish (Ägypten) führte, fühlte sich Trietsch übergangen. Auch mit den Nachfolgern des im Folgejahr verstorbenen Herzl in den zionistischen Organisationen geriet Trietsch in Konflikt. Deren Siedlungsbemühungen schienen ihm zu halbherzig, indem sie auf eine allmähliche Einwanderung nach Palästina setzten, seine eigenen Projekte, für die er selbst in den Nahen Osten gegangen war (1905 Jaffa, 1906 El-Arish), schlugen aber fehl. Allerdings mehrten sich Stimmen, nicht länger auf Verträge mit der Kolonialmacht Türkei zu warten, sondern mit den Siedlungen sofort zu beginnen. Trietsch beschrieb in seinen Schriften die dafür notwendigen ökonomischen Maßnahmen. 1908 kehrte Trietsch nach Berlin zurück.

Im Ersten Weltkrieg diente Trietsch der deutschen Armee mit statistischen Analysen. Danach propagierte er zunächst eine enge Kooperation zwischen der zionistischen Bewegung und Deutschland. Die Familie litt während der Inflationsjahre große Not. Mit seinen Schriften engagierte sich Trietsch für die industrielle Entwicklung als Voraussetzung für eine massenhafte Einwanderungsbewegung nach Eretz Israel und für die Anlage von Gartenstädten, auch nach dem Vorbild von Hellerau. Bekannte Werke aus dieser Zeit waren das "Palästina-Handbuch" (1922), "Neue Grundlagen für den Aufbau des jüdischen Palästina" (1924) und "Der Wiedereintritt der Juden in die Weltgeschichte" (1926). In den wenigen ihm verbleibenden Jahren nach seiner Einwanderung nach Palästina im Jahre 1932 bemühte sich Trietsch, den nun verstärkt aus Nazideutschland fliehenden Juden bei der Ansiedlung zu helfen. Neben einer raschen Steigerung der Nahrungsmittelproduktion ging es in Palästina vor allem auch um eine Stärkung der industriellen Basis.

[Bearbeiten] Familie

1906 heiratete Trietsch in Palästina seine Frau Emma (*28.9.1876) aus Ostpreußen, eine Schwester der späteren Ehefrau des ebenfalls in Dresden aufgewachsenen Arthur Biram.[4] Sie hatten 5 Kinder, 2 Jungen und 3 Mädchen. 1932/1933 wanderte Trietsch mit seinen vier noch lebenden Kindern nach Palästina aus. Seine Frau konnte krankheitsbedingt nicht mitkommen. Sie starb am 22. April 1933 in Berlin.

Der Sohn Alfred Benjamin, wegen dessen Geburt die Eltern 1908 nach Deutschland zurückgekehrt waren, starb schon 1917. 1910 kam die Tochter Rachel zur Welt. Sie wurde Kindergärtnerin. Die Tochter Hannah (1911 Berlin - 1999) gehörte in Berlin der zionistischen Vereinigung Blau-Weiß an, war bekannt mit Else Lasker-Schüler, lernte Kindergärtnerin und Säuglingspflege, lebte nach der Emigration im Kibbuz, heiratete Benjamin Jeremias, mit dem sie eine Organisation zur Verständigung zwischen jüdischen Emigranten und jungen Deutschen gründete und in Nahariya lebte. Der Sohn Manuel wurde 1913 geboren, die Tochter Judith 1914.

[Bearbeiten] Quellen

[Bearbeiten] Einzelnachweise

  1. Adressbuch der Stadt Dresden, 1868
  2. "Ost und West". Illustrierte Monatsschrift für modernes Judentum
  3. Informationen zum Jüdischen Verlag von der Bibliothek der George Washington University
  4. Frauen turnen für Zion

[Bearbeiten] Weblinks

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