Dürerbundhaus

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Dürerbundhaus in Blasewitz, links im Bild der Eckpavillon der Heinrich-Schütz-Straße 1
Blick auf die Elbe (vom Nachfolgebau)

Das Dürerbundhaus wurde 1910/1911 in Blasewitz errichtet, um den gewachsenen Bedarf an Arbeits-, Archiv- und Lagerräumen von Dürerbund und Kunstwart-Verlag zu befriedigen.[1] Die Adresse des Dürerbundhauses war Bahnhofstraße 24. Ihren Namen verdankte die Straße dem nahen Straßenbahnhof einer Pferdebahn. 1926/1927, also wenige Jahre nach Eingemeindung von Blasewitz nach Dresden, bekam die Straße den Namen Wasserturmstraße nach dem hier gelegenen Turm des örtlichen Wasserwerkes. Bei dieser Gelegenheit erhielten die Häuser ihre heutigen statt der ursprünglich chronologisch vergebenen Nummern. Das Dürerbundhaus hatte die Adresse Wasserturmstraße 2. Anlässlich des 260. Todestages des Komponisten Heinrich Schütz wurde der Straße 1932 ihr heutiger Name verliehen. Das Dürerbundhaus bekam die Adresse Heinrich-Schütz-Straße 2. Die in der Nachbarschaft gebräuchliche Bezeichnung „Grüne Villa“, oder auch „Grünes Haus“, beschrieb nicht nur den Anstrich, sondern auch die ehemals reiche Berankung mit Wildem Wein und die später grün gefärbten Kupferdächer der beiden Türme.

Das Dürerbundhaus war in vielfältiger Weise mit Personen des Deutschen Werkbundes verbunden. Die Baupläne hatte Heinrich Tscharmann entworfen, Besitzer war Ferdinand Avenarius. Auch sein anfänglicher Mitbewohner Paul Schumann sowie die späteren Mieter Edmund Schuchardt und Theophil Müller, als Besitzer der Werkstätten für deutschen Hausrat eines der Gründungsmitglieder, gehörten dem Werkbund an. Ferdinand Avenarius führte im Haus seine bekannte Avenarius-Bibliothek.

Vielleicht aus finanziellen Gründen oder weil der Bedarf seitens Dürerbund und Kunstwart zurückgegangen war, nahm die Vermietung von Wohnraum im Verlauf der Zeit immer mehr zu. Am 21. Dezember 1935 wurde der Dürerbund durch Karl Hanusch aufgelöst.

[Bearbeiten] Richtfest

Anlässlich des Richtfestes hieß es am 19. Juli 1910 im Dresdner Anzeiger: „Im Gasthof zu Blasewitz fand am Sonnabend ein fröhliches Richtfest statt. Das Haus des Dürerbundes in der Bahnhofstraße war gehoben worden und auf dem stattlichen hohen Dach erhebt sich seit Sonnabend fröhlich das grüne Bäumchen. Um 5 Uhr fanden sich im Saale des Gasthofes an 50 Maurer und Zimmerleute nebst ihren Polieren, den planenden Architekten Baurat Prof. Tscharmann und Architekt Hänischen, sowie den ausführenden Baumeistern Luther und Scholz, dem Bauherrn Dr. Ferdinand Avenarius und einigen Gästen zusammen. Der Bauherr hieß die Arbeiter willkommen und erläuterte ihnen – unter Hinweis auf Schillers Wort: „Den schlechten Manne muß man verachten, der nie bedacht was er vollbringt“ – das Wesen des Dürerbundes, der auf allen Gebieten für ästhetische Kultur wirkt. Eine Tombola, Gesang und Tanz verschönten das Fest, das von gutem Einvernehmen zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern ein gutes Zeugnis ablegte.“

[Bearbeiten] Bewohner

Reklameanzeige von Kurt Fiedler (1925)

Nach der Fertigstellung im Jahre 1911 wohnten Ferdinand Avenarius, dessen Frau Else Avenarius und Dürerbund-Mitbegründer Paul Schumann gemeinsam in der 1. Etage. Alleiniger Eigentümer war Ferdinand Avenarius. Im Souterrain wohnte von 1912 bis 1913 der Holzbildhauer Maximilian Städele.[2] Von 1913 bis 1922 wohnten Wolfgang Schumann und seine Frau, Eva geb. Feine, im Dürerbundhaus, anfangs mit in der 1. Etage. Die Schumanns wurden wiederholt von Karl Hanusch besucht.

Ausschnitt aus dem Adressbuch 1925/1926

Paul Schumann zog mit seiner neuen Frau, Elise, 1915 zurück in die Villa auf der Wachwitzer Straße.[3] Elise Schumann war deren neue Besitzerin in der Nachfolge von Avenarius und Paul Schumann. In der Nachfolge von Paul Schumann wohnte ab 1916 der emeritierte Augenarzt Ernst Heddaeus mit in der 1. Etage, ab 1920 zusammen mit Wolfgang Schumann im Erdgeschoss. Seine Witwe blieb nach seinem Tod noch weitere zwei Jahre im Haus (1926/27).

Friedrich Kurt Fiedler hatte ab ca. 1922 sein Atelier im Gartenpavillon und Wohnräume im Souterrain. In den Adressbüchern 1920 bis 1926 fehlen dazu und zu Kurt Fiedler überhaupt Einträge. Nach familiären Überlieferungen wohnte Kurt Fiedler noch zu Lebzeiten von Avenarius im Dürerbundhaus. Beim Bund Deutscher Gebrauchsgraphiker ist die Adresse Bahnhofstraße 24 für Kurt Fiedler im Jahr 1925 nachgewiesen.

Von 1921 bis 1925 wohnten Mitglieder der Familie Doehn, Verwandte von Else Avenarius, im Erdgeschoss. Else Avenarius blieb nach dem Tod ihres Mannes (1923) bis zu ihrem eigenen Tod 1932 in der 1. Etage wohnen. Um 1925 wurden im Dürerbundhaus die Hugama GmbH (Erdgeschoss) und vermutlich auch der Falken-Verlag Friedrich Wilhelm Bruchhaus (1. Etage) gegründet.[4]

Plastik im Garten des Dürerbundhauses kurz vor den Luftangriffen 1945
Alter Baumbestand im Garten des Dürerbundhauses, jetzt Bootshaus der TU Dresden

Von 1927 bis 1929 wohnten die Familien Friedrich Kurt Fiedler und Edmund Schuchardt in der 2. Etage, ab Ende 1932 gemeinsam in der 1. Etage. Kurt Fiedler war zwischenzeitlich auf die Zwinglistraße verzogen, wo auch sein Sohn Frank Fiedler geboren wurde, der nach dem Umzug große Teile seiner Kindheit und Jugend im Dürerbundhaus verbrachte. Friedrich Kurt Fiedler und Edmund Schuchardt wohnten und arbeiteten über einen Zeitraum von etwa 20 Jahren im Dürerbundhaus. Es ist zu vermuten, dass dies im Falle von Kurt Fiedler nicht zufällig geschah, sondern persönliche Bindungen zu Ferdinand Avenarius hindeutet.[5] Dem Dürerbund gehörten auch Studenten an und er vermittelte Stipendien. Mit wichtigen Persönlichkeiten der Kunstgewerbeschule wie den Direktoren William Lossow und Karl Groß sowie den Professoren Oskar Seyffert und Josef Goller stand Avenarius über Dürerbund, den Deutschen Werkbund und den Bund Heimatschutz in enger Verbindung. Fiedler und Schuchardt hatten ihre Ateliers in den Türmen des Hauses (Fiedler Nordostseite, rechts im Bild; der südöstliche Turm mit dem Atelier von Edmund Schuchardt ist im Bild verdeckt).

Nach dem Tod von Else Avenarius löste sich die Erbengemeinschaft mit deren Sohn Wolfgang auf, dessen Frau, Eva Schumann, war ab 1933 die neue Eigentümerin des Hauses. Die freigewordene 2. Etage bewohnten ab 1933 die Mutter von Eva Schumann und bis 1936 der Unternehmer Theophil Müller.

Ab 1935 wohnte im Erdgeschoss die Familie des Unternehmers Dr. Victor Heidelberg (Maschinenfabrik KG, Herstellung von Tabakbearbeitungs- und Kartonagen-Maschinen). Dessen Sohn, Götz Heidelberg, entwickelte später die Transrapid-Technik. Teile der 2. Etage bewohnte von 1937 bis 1939 die jüdische Familie Sternfeld, die noch rechtzeitig aus Deutschland fliehen konnte. Die Eigentümer Eva und Wolfgang Schumann nutzten Räume im Haus für ihre Gäste. Der Maler Karl Hanusch kam häufig, um die Schumanns bei dem Musiker Oskar Geier in der Heinrich-Schütz-Straße 4 bzw. in den ersten Wochen des Jahres 1945 auf der Avenariusstraße zu besuchen.

[Bearbeiten] Garten

Im parkähnlichen Garten des Dürerbundhauses befanden sich fünf oder sechs Skulpturen aus Sandstein, darunter die Replik eines berühmten Reliefs, eine Putte auf der Rückenlehne einer von zwei Steinbänken sowie Büsten. Die naturnahe Gartengestaltung mit einem alten Baumbestand der ehemaligen Hartholzaue mit vorwiegend einheimischen Baumarten (Spitzahorn, Ulme, Hainbuche, Esche), dazu wenige jüngere, zum Teil heute noch vorhandene Exoten (Zerreiche, Robinie), ging auf Avenarius zurück. Der Kritiker reiner Landschaftsgärten bekannte sich zu dem Prinzip, Nützlichkeit und Natürlichkeit der Gärten so zu verbinden, dass diese den Wohnraum fortsetzen.

[Bearbeiten] Zerstörung

Das Dürerbundhaus ist während der Luftangriffe 1945 von zwei Brandbomben getroffen und zerstört worden. Alle Bewohner und Gäste überlebten. In den Kellerräumen hatten Fahrgäste von einer nahen Straßenbahnlinie Zuflucht gefunden. Zudem hielten sich seinerzeit Bruder und Schwägerin von Karl Hanusch aus Remscheid nach dem Verlust ihres eigenen Zuhauses im Dürerbundhaus auf.[6],[7] Die jüdische Ehefrau von Edmund Schuchardt musste während des Bombardements in ihrer Wohnung ausharren.

Die Gartenanlage mit ihrer wertvollen künstlerischen Ausstattung hatte während des Angriffs keinen Schaden genommen. Für die Skulpturen fanden sich in den Nachkriegsjahren neue „Interessenten“. Das charakteristische Profil des Senkgartens wurde im Zusammenhang mit der Neubebauung mit einem Bootshaus der TU Dresden weitgehend planiert.

[Bearbeiten] Eine Verwechslung

Mit dem Vergessen des Dürerbundes ging auch ein Vergessen des Dürerbundhauses einher. Es wurde in der Literatur schließlich auf die Ferdinand-Avenarius-Straße verlegt und, in Unkenntnis der durchgeführten Umnummerierung, mit dem Haus Avenarius-Straße 3 in Verbindung gebracht (die ehemalige Wachwitzer Straße 3, spätere Avenarius-Straße 4, war die erste Avenarius-Villa und der letzte Wohnsitz der Schumanns in Dresden).[8]

[Bearbeiten] Quellen

[Bearbeiten] Einzelnachweise

  1. Dürerblatt, hrsg. vom Dürerbunde, November 1910
  2. Adressbuch der Stadt Dresden, 1912
  3. Adressbuch der Stadt Dresden, 1916
  4. Albert Schramm, Julius Rodenberg: Deutschlands Verlagsbuchhandel: Eine Bibliographie
  5. Mitteilungen von Uwe Häfker, Sohn von Hermann Häfker.
  6. Frank Fiedler: Persönliche Erinnerungen zum Komplex „Tieffliegerangriffe“ / „Bordwaffenbeschuss“ nach dem 13.2.1945 (mit Erinnerungen des Autors an Dr. Götz Heidelberg sowie unter Einbeziehung von Mitteilungen von ihm)
  7. Gerlinde und Klaus Schneider (aus der Familie von Prof. Karl Hanusch): Mitteilungen
  8. A.R. Lux: Griechischer Geist in Blasewitz. Orpheusrelief-Replik stand einst im Garten des „Grünen Hauses“. DNN, 15. Juli 2002, S. 7

[Bearbeiten] Weblinks

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